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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 30/2025
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Nachrichten von früher

Aus der Heimatgeschichte

Vor 60 Jahren: Nachrichten aus dem Jahre 1965

In unserer Heimatzeitung „Rund um Hermeskeil“ finden sich oft interessante Berichte, die vom Leben auf dem Hochwald zeugen. In unserem heutigen Beitrag aus der Heimatgeschichte finden Sie einige, die vor ziemlich genau 60 Jahren veröffentlicht wurden.

Einmal geht es um „Sauberkeit im Film“: Die entsprechende Nachricht in RuH Nr. 25/1965 zeigt in nicht zu überbietender Deutlichkeit, welche Vorstellungen von Sitte und Moral zu dieser Zeit in der Gesellschaft herrschten. Kaum vorzustellen, was die mehr als 3000 Bürger aus dem Hochwald, die damals eine Petition unterschrieben, zu der Freizügigkeit im 21. Jahrhundert sagen würden.

In einem anderen Beitrag (RuH Nr. 36/1965) wird der Auftritt eines hoffnungsvollen Politikers in Hermeskeil angekündigt, dem man „auch über die Grenzen von Rheinland-Pfalz“ hinaus „eine interessante politische Zukunft“ voraussagte. Dass man damit keineswegs falsch lag, wissen wir heute: Der damals noch junge Mann brachte es zum Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz und zum Kanzler der Bundesrepublik Deutschland.

Zum Schmunzeln regt schließlich der Text eines Lesers in RuH Nr. 23/1965 an, der von einem nicht alltäglichen und offenbar sehr eindrucksvollen Ereignis in einem Hochwalddorf berichtet. Viel Spaß bei der Lektüre. (WIL-)

Ein stattliches Ergebnis

3026 Bürger aus Hermeskeil und den umliegenden Orten bekräftigten ihren Willen nach Sauberkeit im Film durch ihre Unterschrift. Die Listen wurden durch Landtagspräsident van Volxem dem Ministerpräsidenten Dr. Peter Altmeier persönlich überreicht.

Das Begleitschreiben erläutert noch einmal das Anliegen der Bürger: „Sie wollen in staatsbürgerlicher Verantwortung ihren Willen nach Sauberkeit im Film bekunden und hoffen, dass Regierung und Gesetzgebung der Inflation der Zügellosigkeit mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln Einhalt gebieten. Viele Bürger wollten mit ihrer Unterschrift auch ihren Widerwillen gegen die übermäßige Publikation von Gewalt, Verbrechen und Sexualität in Fernsehen, Presse und Werbung ausgedrückt wissen.“

Im Antwortschreiben des Ministerpräsidenten heißt es: „Sie dürfen davon überzeugt sein, dass ich mit Ihren Protesten gegen die beklagenswerten Auswüchse und mit Ihrem Wollen nach Sauberkeit im öffentlichen Leben zum Wohle unseres Volkes, wie insbesondere seiner Jugend, vollinhaltlich übereinstimme. Das Anliegen der 3026 Bürger, die ihr Wollen mit ihrer Unterschrift bekräftigten, wird auch von mir, wo immer es möglich ist, verfolgt und gefördert.

Aufruf und Ergebnis der Bürgeraktion wurden Abgeordneten des Landtages und des Bundestages sowie den Verantwortlichen für Produktion, Kontrolle, Bewertung und Verleih von Filmen mitgeteilt. Auch sie wurden gebeten, im Rahmen ihrer Möglichkeiten mitzuwirken, der Forderung der Bürger zum Erfolg zu verhelfen.

Behielten die Skeptiker recht, die in der Aktion ein vergebliches Bemühen sahen? Die in vielen Städten durchgeführten Bürgeraktionen haben namentlich in der Bevölkerung, in den Parteien und in der Filmwirtschaft zu lebhaften Diskussionen über die Begriffe Freiheit, Kunst, Sittengesetz und Demokratie geführt. Presse und Rundfunk haben wiederholt darüber berichtet. Es geht hier nicht um Fragen des guten Geschmacks, sondern um die Existenz unserer Gesellschaft. Das Problem ist auch nicht mit dem mancherorts schon zum Aufhänger für wertleugnenden und gesellschaftszerstörenden Nihilismus gewordenen Schlagwort von der „pluralistischen Gesellschaft“ abzutun.

Die Proteste der Bevölkerung haben Bundestagsabgeordnete veranlasst, einen Antrag auf Änderung des Artikels 5 des Grundgesetzes einzubringen. Durch Ergänzung des Abs. 3 soll die „allgemeine sittliche Ordnung“ gebührende Berücksichtigung finden.

Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) appellierte inzwischen an alle Verantwortlichen in Produktion, Verleih und Filmtheaterwirtschaft, die Grenzen des Anstands zu wahren. In einer Erklärung bedauerte sie werbliche Ausschreitungen jeglicher Art und distanzierte sich von Werbemethoden, die das Vertrauen der Öffentlichkeit zur Filmwirtschaft untergraben. Sie gab überdies zu bedenken, dass jede Übertreibung werblicher Maßnahmen in Titeln, Schlagzeilen und Zitaten zur Unglaubwürdigkeit führe und sich werbepsychologisch geschäftsschädigend auswirken müsse.

Eine weitere frohe Kunde kommt aus Italien, dem Hauptproduktionsland der Sex-Filme. Wie in einer Untersuchung im Informationsdienst der SPIO festgestellt wird, verebbt die „nackte Welle“. Die Filmbesucher sind übersättigt. Die Kasseneinnahmen waren in der letzten Zeit bei derartigen Filmen so katastrophal, dass unter 54 geplanten Filmen kein einziger Sex-Film gedreht wird. Früher waren Filme dieser Art dutzendweise vertreten. Das italienische Publikum macht nicht mehr mit. Es bleibt zu hoffen, dass es in Deutschland zu einer ähnlichen Entwicklung kommt.

Es spricht: Dr. Helmut Kohl

Vorsitzender der CDU Landtagsfraktion Rheinland-Pfalz in einer öffentlichen Versammlung in Hermeskeil am 5.9.65, 20 Uhr, im Jugendheim St. Martinus.

Dr. Helmut Kohl zählt mit seinen 35 Jahren zu den jungen Männern in der Union. Bei seiner Wahl zum Vorsitzenden der stärksten Fraktion im Rheinland-Pfälzischen Landtag war er nicht nur der jüngste Fraktionsvorsitzende in den deutschen Bundesländern; er hatte sich zu dieser Zeit bereits in verschiedenen Führungsgremien der CDU von Rheinland-Pfalz einen Namen gemacht und ist dann ein Jahr später als junger Mann in den CDU-Bundesvorstand gewählt worden. Im Landtag führt er als geistvoller und schlagfertiger Diskussionsredner eine gefürchtete Klinge. Dr. Kohl wurde in Ludwigshafen geboren und lebt dort auch heute mit seiner Familie. Seine Freunde rühmen, seine politischen Gegner fürchten die unkonventionelle rasch zupackende Art, mit der er an Probleme herangeht. Auch über die Grenzen von Rheinland-Pfalz sagt man ihm eine interessante politische Zukunft voraus.

Übermut eines jungen Mannes richtete großen Schaden an!

Meistens sind es ein sportliches Ereignis oder die Veranstaltungen und Darbietungen des Musik- oder Gesangvereins, was die Bewohner eines kleinen Hochwalddorfes bisweilen aus dem monotonen Tagesablauf des Sonntags zu reißen vermögen. Am Sonntag aber war es weder ein sportliches noch kulturelles Ereignis, was die Bewohner eines Dorfes aus den Häusern lockte. Es war der Versuch eines jungen Mannes, ein großes und schönes Gasthaus in einen Trümmerhaufen zu verwandeln. Der fleißige Mann hat zwar regelmäßig handfeste Meinungsverschiedenheiten mit Nachbarn, Kollegen, usw., aber ein solches Pensum hatte sich der tapfere Streiter noch nie vorgenommen.

Und so begann er dann nach dem Genuss von etlichen Flaschen Bier damit, das größte Hindernis, nämlich den Wirt, aus dem Weg zu räumen. Das gelang ihm insoweit, als dass der alte und somit bedauernswerte Mann gegen Ofen und Tische fiel, wobei letztere Gegenstände durch den Raum flogen. Inzwischen versuchten andere Gäste, den Wütenden in seinem Aktionsradius zu hemmen. Gläser und Flaschen gingen in Scherben, bis der herbeigerufene 17-jährige Sohn des Wirtes seinen Vater mit wuchtigen Knüppelhieben rächte. So wuchs der Sachschaden, Unschuldige wurden getroffen, bis man endlich den profilierten Catcher überwältigte und vor die Tür setzte. Wer glaubte, der Kämpfer sei müde, sah sich getäuscht. Kaum hatte er die frische Mailuft gerochen, als er wieder zu Kräften kam, sich prompt einen Kontrahenten aussuchte und mit ihm auf der Straße ein Privatduell austrug. So wurde er dann doch überwältigt und seiner Frau in Gewahrsam gegeben, mit ziemlich lädiertem Aussehen, wo er sicher noch geraume Zeit mit nassen Umschlägen zu kühlen hat. Zwar kann sein Versuch, das Gasthaus in einen Trümmerhaufen zu verwandeln, vorerst noch als missglückt betrachtet werden, er brachte aber doch den Beweis, dass die Bewohner des Dorfes sich auch noch für ein ordentliches Catchen interessieren. Die ca. 70 Zuschauer betrachteten sich schmunzelnd gegenseitig und waren sich, gewiss nicht ganz zu Unrecht, in einem Punkt einig: Die Katze lässt das Mausen nicht...

Weshalb, so muss man sich fragen, ist so etwas nötig, besonders dann, wenn es immer von denselben Leuten geschieht? Es wäre sehr zu begrüßen, wenn das dicke Ende, das jetzt noch folgt, nicht nur für den Täter, sondern auch für alle Anderen abschreckend wirken würde, damit der Wirt, der immer den Schaden hat und Gäste, die in Mitleidenschaft gezogen werden, endlich Ruhe haben. K.-D. L.