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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 32/2024
Aus der Heimatgeschichte
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Ein „schwerer Junge“ aus Reinsfeld

Die kriminelle Karriere des Johann Spanier

In Karlsruhe taucht in den 1890er Jahren ein Tagelöhner namens Johann Spanier „von Reinsfeld“ in den Schlagzeilen auf. Der erste Eintrag findet sich in der „Badischen Presse“ vom 21. Juli 1894, wo berichtet wird, dass er wegen Beleidigung zu drei Wochen Gefängnis verurteilt wurde. Auf den Tag genau zwei Monate später, am 21. September, hat Johann Spanier in Karlsruhe „eine Waschmaschine im Werthe von 8 M.“ entwendet, wofür er am 16. November erneut zu drei Wochen Gefängnis verurteilt wird („Badische Landes-Zeitung“ vom 17.11.1894).

Es sind nicht die einzigen Straftaten, derentwegen der in Reinsfeld geborene Johann Spanier in Karlsruhe belangt worden ist. Denn in einem Bericht der „Badischen Landes-Zeitung“ vom 12. Mai 1895 ist die Rede davon, dass er auch schon zweimal wegen Betrugs vorbestraft ist. Auch in der in diesem Bericht geschilderten Verhandlung am 10. Mai geht es um einen Betrugsfall. Ideen hat der Mann gehabt, das muss man ihm lassen, wie sich aus dem Zeitungsbericht ergibt: Er „gab am 19. März d. J. der Ehefrau des Heizers Heinrich Müller hier vor, er habe Auftrag von deren Ehemann, dessen Uhr und Kette ihm in’s Krankenhaus zu überbringen. Angeklagter versetzte die ihm ausgefolgten Gegenstände alsbald im Leihaus dahier für 8 M.“ Hierfür wird er als Rückfalltäter zu sechs Monaten Gefängnis und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von drei Jahren verurteilt.

Die nächste Zeitungsmeldung findet sich am 24. April 1899 in der „Badischen Landes-Zeitung“: „Der schon vielfach vorbestrafte Taglöhner Johann Spanier aus Reinsfeld wurde wegen Diebstahls zu vier Monaten Gefängnis und drei Jahren Ehrenverlust verurtheilt.“

Drei Monate später geht es tatsächlich auch einmal gut aus für ihn: „Der Taglöhner Johann Spanier aus Reinsfeld, hier wohnhaft, wurde von der Anklage wegen Unterschlagung freigesprochen“ („Badische Landes-Zeitung“ vom 16. Juli 1899).

Johann Spanier hat in Karlsruhe eine Frau gefunden. Die Familie scheint in prekären Verhältnissen gelebt zu haben. Das ergibt sich aus einem Bericht in der „Badischen Landes-Zeitung“ vom 8. November 1902, in dem der 1886 geborene Sohn Johann Jakob Spanier als „Zwangszögling“ bezeichnet wird. Dabei handelte es sich in Zeiten des Kaiserreichs um straffällig gewordene oder vernachlässigte Kinder und Jugendliche, die in Heimen untergebracht wurden. Schon im Alter von 15 Jahren ist er zum erstren Mal wegen Hehlerei verurteilt worden. Zwei Jahre später folgt nun eine Verurteilung wegen Betrugs zu einem Monat Gefängnis. Der Vater wird gleichzeitig wegen Hehlerei zu einem Jahr und drei Monaten Gefängnis verurteilt, wobei drei Monate Untersuchungshaft angerechnet werden. Der Junior wird später noch von sich reden machen.

Der wiederholte Entzug der bürgerlichen Ehrenrechte scheint Johann Spanier nicht beeindruckt zu haben. Nach dem Motto „Ist der Ruf erst ruiniert…“ setzt er seine kriminelle Karriere unbeirrt fort. Er wird am 30. Juli 1904 wegen „Diebstahls im Rückfall“ zu sechs Monaten Gefängnis und wiederum drei Jahren Ehrverlust verurteilt („Badische Landes-Zeitung“ vom 2. August 1904). Zwei Jahre später, am 5. November 1906, berichtet das „Karlsruher Tagblatt“: „Der vielfach vorbestrafte Taglöhner Johann Spanier aus Rheinsfeld entwendete am 22. September hier in der Moltkestraße aus einem der Stadt Karlsruhe gehörenden Kastenwagen 25 kg Blei im Werte von 9 M. Als er dasselbe einige Tage darauf zu verkaufen suchte, wurde er festgenommen. Der Angeklagte erhielt heute wegen Diebstahls im Rückfall unter Anrechnung von einem Monat Untersuchungshaft 8 Monate Gefängnis und 3 Jahre Ehrverlust.“

Weitere Verfehlungen, die zu Gerichtsverhandlungen gegen Johann Spanier führten, sind im Deutschen Zeitungsarchiv nicht mehr zu finden. Es dürfte aber unwahrscheinlich sein, dass er zu einem braven Bürger geworden ist.

Johann Spanier wurde laut im Familienbuch vom Standesamt Hermeskeil (Scholer) am 19.09.1860 als Sohn des Tagelöhners Jakob Christoph Spanier aus Konfeld und dessen Ehefrau Helena Ott aus Reinsfeld geboren. Die Mutter entstammte - wie der typische Reinsfelder Familiennamen Ott zeigt - einer alteingesessenen Reinsfelder Ackererfamilie. „Spanier“ ist dagegen kein Hochwälder Familienname. Die Ahnenlinie des Vaters lässt sich bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts zurückverfolgen und hat ihren Ursprung in Freudenburg, wo anfangs auch die Schreibweise „Spanger“ gebräuchlich war. Nach einer Anmerkung im Familienbuch vom Standesamt Hermeskeil ist die Familie „nach 1863 ausgewandert“. (WIL-)