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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 33/2023
Aus der Heimatgeschichte
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„Beihilfe zur Beisetzung“

Der Geistliche bei der Beerdigung

Vor einigen Tagen wurde am Trierer Landgericht ein Prozeß verhandelt, der für die Geistlichkeit von prinzipieller Bedeutung ist. Der Pfarrer Pees von Reinsfeld hatte am 30. Dezember 1913 einen Mann begraben, ohne daß der Totenschein der Polizeibehörde vorgelegen hatte. Weil der Arzt erst am letzten Tage abends zur Totenschau erschien und es wegen des hohen Schnees nicht möglich war, das zwei Stunden entfernte Hermeskeil zu erreichen, befand sich die Familie in einer Zwangslage, so daß sie sich genötigt sah, weil alles vorbereitet war, den Vater beerdigen zu lassen, ohne die Formalität bei der Polizeibehörde erfüllt zu haben. Infolgedessen wurden zwar nicht die Angehörigen, wohl aber der Pfarrer mit einem Strafmandat von 5 Mark belegt, gegen das er beim Schöffengericht in Hermeskeil Berufung einlegte.

Der Pfarrer legte dar, das Wort „beisetzen“ fasse er dahin auf, daß nur der eine Leiche beisetze, der die zur Beerdigung erforderliche Tätigkeit entwickle, den Sarg bestelle und die Leichenträger, das Grab aufwerfen lasse usw., der also die Beerdigung betreibe und die Vorbereitungen dafür treffe. Er als Geistlicher habe lediglich die Aufgabe, die Leiche einzusegnen und zum Grabe zu geleiten, er sei also nur Begleitperson und habe mit der elgentlichen Beisetzung gar nichts zu tun. Für diese Auffassung spreche auch der Umstand, daß auch Leichenbegängnisse ohne jede Mitwirkung seitens der Kirche erfolgten.

Das Schöffengericht schloß sich dieser Auffassung nicht an und verurteilte den Angeklagten weil eine Zwangslage vorgelegen habe, zu 1 Mark und den Kosten. Das Landgericht Trier stellte sich am Freitag, den 24. April, auf den Standpunkt des Angeklagten und vertrat die Auffassung, daß nur die Angehörigen die Beerdigung vornähmen, der Geistliche aber nur gerade so wie der Küster, der Gesangchor usw. Beihilfe leiste, die aber bei Uebertretung nicht strafbar sei, und sprach den Angeklagten von Strafe und Kosten frei.

Echo der Gegenwart, Aachen, vom 5. Mai 1914