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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 34/2023
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Vorzügliche Holzarten und billige Arbeitskräfte

Der Hermeskeiler Bahnhof auf einer zeitgenössischen Postkarte.

Vorteile der Hochwaldbahn zur Eröffnung am 15.8.1889

In der zweiten Hälfte der 1880er Jahre wurde der verkehrlich nur dürftig erschlossene Hochwald an das Schienennetz angeschlossen. Nach langem Hin und Her hatte sich die preußische Regierung für die Streckenführung durch das Ruwertal und nicht durch das steilere Fellerbachtal entschieden. 1884 erfolgte per Gesetz der Grunderwerb. Zwei Jahre später wurde nach Abschluss der Planungen mit dem Bau begonnen. Am 15. August 1889 wurde die Hochwaldbahn offiziell eröffnet. Die Kölnische Zeitung brachte an diesem Tag den nachstehenden Bericht.

Zur Eröffnung der Hochwaldbahn

Der höchste Punkt der Rheinprovinz, der Erbeskopf im Hochwald, ist nur wenig bekannt. Unbeachtet von den Tausenden Touristen, welche alljährlich die Rheinprovinz durchpilgern, hat dieser Bergkegel und das an seinen Abhängen sich dehnende, von forellenreichen Bächen durchzogene, wildreiche Hochland bisher abseits von der großen Heerstraße liegen müssen. Nur der Geschichtsforscher lenkt vielfach seine Schritte nach diesem Stiefkinde der Rheinprovinz; der gewaltige Hunnenrücken, eine der größten alten Völkerstraßen mit riesigen Ueberresten zwischen Nonnweiler und Hermeskeil, ist noch nicht völlig ausgebeutet, in nächster Zeit werden wieder Ausgrabungen vorgeschichtlicher Grabhügel bei Hermeskeil stattfinden. Das an Holz, Stein und Erzen reiche Gebiet des Hochwaldes wird in den nächsten Tagen durch Eröffnung der Hochwaldbahn Trier-Hermeskeil dem Verkehr erschlossen und damit einer bisher zurückgebliebenen und zurückgesetzten Bevölkerung von etwa 30000 Seelen die Möglichkeit eines wirtschaftlichen Aufschwunges und dem Gewerbe und der Industrie ein neues, fast noch unberührtes Gebiet eröffnet.

Als in den 70er Jahren sich die Notwendigkeit ergab, an Stelle der bisherigen an starken Steigungen leidenden Provincialstraße Trier-Hermeskeil einen neuen zweckmäßigeren Weg zu schaffen, wurde die Frage rege, ob nicht eine Bahn untergeordneter Bedeutung gebaut werden solle. Nach langen Verhandlungen reifte der Plan einer Linie Trier-Zerf-Hermeskeil. Im Jahre 1886 wurde der Bau der Hochwaldbahn mit der Strecke Trier-Ruwer begonnen, im September 1887 wurde die Bau-Abteilung Hermeskeil eingerichtet, im August 1888 war die Strecke Trier-Zerf vollendet, und jetzt nach Jahresfrist ist der Schluss der Strecke fertiggestellt. Am 5. August wurde die Strecke polizeilich abgenommen, am 7. fand die Uebernahme durch das Betriebsamt statt und als Eröffnungstag ist der 15. August vorläufig festgesetzt. Die 53 km lange Bahn führt von Trier aus in das von Rebenhügeln umsäumte reizende Ruwerthal, windet sich dann längs der perlenbergenden Ruwer durch romantische Schluchten und Thäler in meist waldigem Gebiete bis Kell und Schillingen und zieht von da über zahlreiche Brücken mehr durch fruchtbares Ackerland an Reinsfeld vorbei in großem Bogen über die Provincialstraße an den vor Hermeskeil sich hinziehenden Berghang. Ueber 28 Brücken ist der Schienenstrang geleitet, bei deren Bau ein neues System zur Anwendung kam. Dieses System des Baues von Bahnbrücken weicht insofern von dem bisher üblichen ab, als noch ein besonderer Flügel zu beiden Seiten des Bogens in den Damm hineingebaut ist. Eine ausführliche Abhandlung mit Zeichnungen über die erste Anwendung dieser neuen Bauart von Bahnbrücken, welche sich zweckmäßiger und billiger erwies, findet sich in Erbkams „Zeitschrift für Bauwesen". Schwierigkeiten beim Bau der Hochwaldbahn haben sich nur bei einem 25 m tiefen Einschnitt zwischen Lampaden und Zerf ergeben; die Schachtungs- und Einfallverhältnisse erwiesen sich sehr ungünstig und größere Massen lösten sich derart ab, daß der Einschnitt stellenweise bis zur Höhe von 12 m vollständig ausgemauert werden mußte.

In wirtschaftlicher Hinsicht war der Bau der Hochwaldbahn, welcher einen Aufwand von 5½ Millionen Mark erforderte, dadurch von ganz hervorragender Bedeutung, dass der seit den Notstandsjahren 1881 und 1882 durch Schulden sehr gedrückten Bevölkerung des Hochwaldes ein Barverdienst verschafft wurde. Ueber 80 Prozent der Arbeiter waren Einheimische, so daß hier der seltene Fall eintrat, daß die Bevölkerung selbst ihre Bahn baute. Der ganze Vorteil blieb bei den notleidenden Bewohnern liegen und viele Hochwälder verdienten in einem Monat, was sie sonst schwer in Jahresfrist erwarben. Die Schwierigkeiten des Frachtverkehrs nach Türkismühle an die Nahebahn wie nach Trier an die Moselbahn werden jetzt allmählich schwinden; die Steigungsverhältnisse der Hochwaldstraßen sind so bedeutend und die Fuhreinrichtungen so mangelhaft, daß bisher ein geradezu kolossaler Aufwand an Zeit und Geld erforderlich war, um Waren wegzuschaffen und einzuführen. Die Gemeinden werden aus ihren ausgedehnten Waldungen jetzt auch Erträgnisse erzielen können; das Holz kostete bis heute an Ort und Stelle grade so viel als die Frachtkosten an die nächste Bahnstation. So blieben die Holzpreise beispiellos niedrig, und eine Gemeinde wie Hermeskeil mit 12-1300 Hektar vorzüglicher Waldung hat, anstatt ein Vermögen aus diesem Besitz zu erzielen, nur Schulden und hohe Umlagen. In gleicher Weise konnte der Wert des Holzes in den fiscalischen Waldungen nicht zur Geltung kommen. Einen höhern Ertrag wird Gemeinde wie Staat mit der Zeit aus den Wäldern erzielen, wenn durch Waldbahnen die gut bewaldeten Teile des Gebiets aufgeschlossen werden. Viele Tausende von Kubikmetern vorzüglicher Holzarten stehen alljährlich hier als billiges Material zur Verfügung; dazu kommen billige Arbeits- und gute Wasserkräfte. So erschließt sich im Hochwald für industrielle Unternehmungen ein neues Feld, und die Durchführung der Hochwaldbahn ist nicht von kleinlicher, örtlicher, sondern weitergehender Bedeutung. In dem Orte Damflos bei Hermeskeil besteht schon seit längerer Zeit eine Hausindustrie in Holzwaren, welche durch freigebige Unterstützung der Provicialregierung in den beiden letzten Jahren sich bedeutend gehoben hat. Den fortgesetzten Bemühungen der Behörden wird es mit der Zeit gelingen, die dortigen Holzarbeiter von dem Wanderverkaufe ihrer Arbeiten, welcher leider oft an Bettelei und Landstreicherei streift, ganz abzubringen und die Herstellung und den Vertrieb der Waren vielleicht genossenschaftlich zu regeln. Der Hochwald birgt ferner große Flächen Heidelandes, das der Urbarmachung harrt. Natürlicher Dünger ist nicht genügend vorhanden und künstlicher Dünger konnte bisher wegen der allzugroßen Frachtkosten nicht angewendet werden. Die neue Bahn und die künftige Weiterführung werden es ermöglichen, Tausende von Hektaren Land urbar zu machen sowie die bestehenden Kulturländereien in ihren Erträgnissen wesentlich zu steigern. Dieser Punct ist in ausführlicher interessanter Darstellung von Dr. Dünkelberg unlängst in den Blättern des landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen behandelt worden.

Alle angeführten Vorteile und Interessen für Landwirtschaft wie für Gewerbe und Industrie können aber erst in hervorragendem Maße sich entwickeln, wenn die Hochwaldbahn Trier-Hermeskeil weiter geführt wird. Unter Berücksichtigung der vielseitigen Wünsche der Bevölkerung und auf Grund der bereits erfolgten allgemeinen Aufnahmen ist dem Vernehmen nach eine Einigung dahin erzielt, dass die Hochwaldbahn von Hermeskeil durch das Löstertal über Wadern nach Wemmetsweiler mit Gabelungen einerseits nach Türkismühle oder Birkenfeld, andererseits nach Merzig oder Dillingen durchgeführt werden soll. Die Vorarbeiten sind so weit gediehen, daß im Herbste dem Landtage eine Vorlage zugehen wird.

Im Laufe der Jahre kam es wiederholt zu Unfällen und Unglücken an der Hochwaldbahn, über die auch überregionale Zeitungen berichteten. Wir werden uns in künftigen RuH-Ausgaben noch damit befassen.