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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 34/2024
2 - Hermeskeiler Stadtnotizen
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Den ausgewanderten Hochwäldern auf der Spur

Dittmar Lauer im „Arquivo Diocese de Petrópolis“ mit Pater Thomas Andrade Gimenez Diaz beider Namensrecherche in einem alten Kirchenbuch

Historiker Dittmar Lauer forschte in Archiven in Brasilien

Über die Brasilienreise von Dittmar Lauer, dem Vorsitzenden des Kulturgeschichtlichen Vereins Hochwald, nach Petrópolis in Brasilien hatten wir bereits kurz berichtet. Lauer und Stadtbürgermeisterin Lena Weber hatten dort an den Feierlichkeiten zu einem Einwanderungsjubiläum teilgenommen: Nach offizieller Lesart waren 1824 die ersten Auswanderer aus Deutschland in Brasilien angekommen. Für den weit über den Hochwaldraum hinaus bekannten Geschichtsforscher war das Jubiläum aber nur der äußere Anlass für die Reise. Wichtiger war es für ihn, in brasilianischen Archiven nach den Spuren der Auswanderer und deren Nachkommen zu suchen.

Im Jahr 1828 wanderten auch mehrere Hermeskeiler Familien (die Namen waren Simon, Wirtz, Schuh, Rausch. Kolling, Lorscheider und Hornetz) in das größte südamerikanische Land aus und ließen sich im Bundesstaat Rio Grande do Sul nieder. 17 Jahre später folgte eine weitere Auswanderungswelle, an der zahlreiche Familien aus Deuselbach und Neuhütten teilnahmen. Sie fanden ihre neue Heimat im rund 1200 km weiter nördlich gelegenen Bundesstaat Rio de Janeiro, wo sie tatkräftig am Aufbau der neuen Kaiserstadt Petrópolis und des kaiserlichen Palastes teilnahmen. Der 29. Juni 1845, ihr Ankunftstag, gilt aus Sicht ihrer Nachfahren als Gründungstag von Petrópolis. Ihre Namen wie Borre, Schneider, Düpre, Noel, Kolling, Dengler, Lorang, Mathieu u.a. sind auf einem Obelisken in der Stadt verewigt (s. auch RuH Nr. 20/2024).

Dittmar Lauer hat in den zehn Tagen seines Aufenthalts ein enormes Programm absolviert und in insgesamt neun Einrichtungen nach Spuren der Einwanderer gesucht, darunter das Theologische Institut der Franziskaner, die Archive der Diözese, der lutherischen Gemeinde, des kaiserlichen Museums und der Präfektur. Überall traf er auf freundliche Menschen, von denen er herzlich empfangen wurde, und hat - wie er berichtet - zahlreiche Dokumente einsehen können, die wertvolle Grundlagen für eine umfangreiche Dokumentation zur Brasilienauswanderung aus dem Hochwald sein werden. Bei seinen Forschungen konzentriert er sich auf die rund 180 Jahre alte Kaiserstadt, weil sich die einschlägige Auswandererliteratur so gut wie ausschließlich den Bundesstaaten im Süden Brasiliens widmet und Petrópolis im Bundesstaat Rio de Janeiro hier noch ein Schattendasein führt.

Sein Besuch in Petrópolis (bei dem ihn seine Tochter begleitete, immerhin ist er 87 Jahre alt) sei für ihn ein unvergessliches Erlebnis gewesen, so Lauer. Höhepunkt sei ein Festakt im Saal der Lutherischen Kirche mit Festreden, der Vorstellung des neuen Buches „Brasilien ist ein weites Land“, Austausch von Gastgeschenken und der Unterzeichnung einer Absichtserklärung durch den Vorsitzenden des „Clubo 29 de Junho“ und ihn selbst als Vorsitzender des Kulturgeschichtlichen Vereins Hochwald gewesen. Ziel dieser Erklärung ist eine künftige Zusammenarbeit in Fragen der Migrations- und Familienforschung und die gegenseitige Unterstützung bei Projektvorhaben. Amüsant fand Dittmar Lauer an diesem Abend die so angekündigten „germanischen Liedvorträge“ eines Männerchors, u.a. „Trink, trink, Brüderlein trink“, „Rosamunde“ und „Ein Prosit der Gemütlichkeit“.

Aber auch eine Festmesse in der katholischen Diözesankirche, gestaltet von einem fantastischen Mädchenchor, der Besuch einer nach dem Auswanderer Johann Noel benannten Schule und in der 1853 erbauten Casa da Princesa Isabel, wo er zufällig im Garten Dom Alfonso de Orleans e Braganza, einen Nachfahren der brasilianischen Kaiserfamilie, antraf und mit ihm eine freundliche Unterhaltung führte, haben bei Lauer bleibende Eindrücke hinterlassen.

Dass der Besuch eines deutschen Geschichtsforschers, der den Spuren der Auswanderer vor Ort nachgeht, auch bei den örtlichen Medien auf großes Interesse stieß, belegen ein Interview im Regionalfernsehen sowie ein Bericht in der „Tribuna de Petrópolis“. (WIL-)

Anmerkung: Wir haben auch Stadtbürgermeisterin Lena Weber nach ihren Eindrücken vom Besuch in Brasilien gefragt. Sie hatte wie Dittmar Lauer anlässlich des Besuchs einer Auswanderer-Nachfahrin in Hermeskeil eine Einladung zu den Jubiläumsfeierlichkeiten erhalten und war für fünf Tage nach Südamerika geflogen. Ihren Bericht lesen Sie in der nächsten RuH-Ausgabe.