Nach Zwangsumsiedlung der Familien aus den Waldhüttendörfern um den Züscher Hammer auf das gerodete Feld in Nähe des Lascheiderhofes dauerte es fast 80 Jahre bis für die damalige Kleingemeinde ein eigenes Gotteshaus errichtet wurde. Dann ging es allerdings sehr schnell und die Kapelle stand nach einem Kraftakt der Dorfgemeinschaft innerhalb eines halben Jahres. Der Geburtstag wird am 10. September 2023 mit einem Festgottesdienst gefeiert.
Vorgeschichte
Die spätestens mit der Schließung des Züscher Hammers arbeitslos gewordenen wallonischen Köhler und Hüttenarbeiter lebten in den unwürdigsten Verhältnissen und waren in einem Soforthilfeprogramm mit ihren Familien zunächst auf die umliegenden Dörfer verteilt worden. Das führte zu immer größer werdenden Problemen, da diesen der zweifelhafte Ruf des „unehrlichen Broterwerbs“ anhaftete. Die preußische Regierung spielte zunächst diese Probleme herunter, da sie die Hüttenbewohner für die Waldarbeit in den ausgedehnten landesherrlichen Forsten brauchte. Nach mehreren Anläufen durch den damaligen Hermeskeiler Bürgermeister Schwarz genehmigte der Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. schließlich die Ansiedlungen in Abtei und Höfchen. Nachdem die Regierung entschieden hatte, dass beide Ansiedlungen eigene Gemeinden werden, für sie aber kein eigenes Pfarrsystem eingerichtet werden würde, musste festgelegt werde, welcher Pfarrei sie zugeordnet werden sollten. Da alle umliegenden Gemeinden den „ungeliebten Zuwachs“ nicht haben wollten und beide auf der Gemarkung von Hermeskeil lagen, entschied die Regierung mit Einverständnis des Bistums die Zuordnung dorthin.
Die „ach so christliche“ Pfarrgemeinde in Hermeskeil samt Kirchenrat akzeptierte diese Entscheidung jedoch erst einmal nicht. Man versuchte Höfchen zunächst nach Rascheid „abzuschieben“ und drohte im Frühjahr 1835 sogar, die für die Kommunionkinder der beiden Kolonien extra geplante Erstkommunion zu „boykottieren“. Am 24. Juni 1835 sprach die bischöfliche Behörde schließlich ein „Machtwort“ und setzte diesem Treiben ein Ende. Die Befürchtungen der Hermeskeiler Pfarrgemeinde, dass die „Horden“ aus den Kolonien die Pfarrkirche „stürmen“ würden, erwiesen sich als Irrtum. Wer konnte es den Bewohnern von Höfchen verdenken, wenn sie auf Grund ihrer ärmlichen Kleidung, vor allem aber wegen des langen Marschweges, den Gottesdiensten fernblieben. Schließlich lag vor dem Kirchenbesuch, bei dem sie obendrein auch noch unerwünscht waren, bei Wind und Wetter eine Stunde Fußweg in die alte Pfarrkirche im Unterdorf.
Der damalige Pfarrer Kiesgen war der Ansicht, dass die Besserung der Gesamtverfassung der Bevölkerung nur durch gute Schulen, Gottesdienst und „Lebenskundlichen Unterricht“ zu verbessern sei, und forderte für Abtei und Höfchen je eine Schule und eine Kapelle. Für Höfchen war angedacht, die Hofkapelle der kurfürstlichen Kellnerei der Burg Grimburg zu kaufen oder zu mieten. Die Kapelle stand am rechten Ortseingang des Lascheiderhofes etwa im Bereich der heutigen B52. Sie befand sich in den Händen der Erben des ehemaligen Bürgermeisters Schwarz von Hermeskeil, der sie im Zuge des zwangsweisen Verkaufs der geistlichen Güter (Säkularisation) zusammen mit dem Hofgut gekauft hatte. Die Instandsetzung der Kapelle veranschlagte Pfarrer Kiesgen mit etwa 200 Talern. Der Antrag wurde abgelehnt. Pfarrer Kiesgen, inzwischen alt und krank, gab schließlich den Kapellenbau auf. Auch die Bemühungen von Pfarrer Blum, Nachnachfolger von Pfarrer Kiesgen, waren nicht von Erfolg gekrönt. Da mit dem Schulhausneubau auch ein Betsaal eingerichtet wurde, schlief das Interesse an einer Kapelle ein.
Kapellenbau
Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Dechant Wilhelm Greff einen Kapellenbauverein gegründet. Bei der geringen Seelenzahl und der Armut Höfchens hätte man aber noch lange Jahre sammeln müssen, um auf diese Weise zum Ziel zu kommen, zumal die „Sponsoren“ von außerhalb dünn gesät waren. Doch selten ein Schaden aus dem nicht auch ein Nutzen entsteht. Die Jahre der Not, Inflation und Arbeitslosigkeit von 1921 bis 1923 gepaart mit dem Engagement von Dechant Greff verhalfen dem Ort dann doch noch zu der lang ersehnten Kapelle.
Das Zauberwort hieß „Nothilfe“. Zur Beschäftigung der großen Zahl von Arbeitslosen hatte die Regierung ein Programm zum Bau von Schulen, Kirchen, Straßen und anderem initiiert. Da die Zeit drängte, entwickelte der Hermeskeiler Architekt Karl Ludwig den Plan fast über Nacht. Nach diesem entstand „ein kleiner verputzter Giebelbau mit rundbogigen Fenstern und dreiseitig schließendem Chor, über der abgewalmten Giebelseite ein verschieferter, in Fachwerk konstruierter und mit Ziegeln ausgefachter Dachreiter“.
Im Frühjahr 1923 wurde mit dem Bau begonnen. Die Grundsteinlegung war am Fest Christi Himmelfahrt am 10. Mai des Jahres. Alle Männer und Burschen von Höfchen packten mit an. Auf eigenem Gelände wurden die Steine gebrochen und mit den Gespannen zum Bauplatz gefahren. Das Holz wurde in benachbarten Wäldern geschlagen. Während der ganzen Zeit erhielten die Arbeiter von der Regierung Tagegeld als Notstandshilfe.
Bis zur Einweihung am 21. Oktober 1923 hatten sie es sogar noch geschafft, Bänke, eine Glocke und für die Messfeier benötigte Utensilien zu beschaffen. Um Geld zu sparen, kaufte man der Pfarrei Sauscheid (heute Grimburg) deren alten Altar ab. Dieser Altar, der ursprünglich aus einem aufgelösten Trierer Kloster stammen soll, war den Grimburgern nicht mehr modern genug und so traten sie ihn für wenig Geld an Höfchen ab, nicht wissend, welchen Kunstschatz aus dem Spätbarock (Rokoko) sie damit aus der Hand gaben. Er wurde laut Lehrer Eduard Funk durch den Hermeskeiler Maler Römer „recht würdig renoviert“. Dieser Bewertung schlossen sich später die Denkmalpfleger und Restauratoren allerdings nicht an. Drei Wochen vor der Einweihung bekam Dechant Greff erst einmal einen „Rüffel“ vom Trierer Generalvikariat. Dieses mahnte die Baupläne an, die vor Baubeginn zur Genehmigung hätten vorgelegt werden müssen. Es machte ihrerseits die Genehmigung zur Abhaltung von Gottesdiensten von der nachträglichen Vorlage und Genehmigung der Pläne abhängig. Darüber hinaus beauftragte es den Dechant, eine Verpflichtung der Zivilgemeinde herbeizuführen, dass der Bau für alle Zeit nur dem kirchlichen Gottesdienste dienen soll, oder noch besser die Überschreibung der Kapelle auf die Pfarrgemeinde zu bewirken.
Dank der „Guten Beziehungen“ zum Bistum schaffte es Dechant Greff dann, dass ihm schon am 13. Oktober die offizielle Genehmigung zum Abhalten der Messfeier in der Kapelle erteilt wurde.
Teil 2 des Artikels folgt in der kommenden Ausgabe! (BäR)
Quelle: Chronik Höfchen, Reinhard Bäumler