Am vergangenen Samstag fand in der Gedenkstätte Hinzert die traditionelle internationale Gedenkfeier statt. In diesem Jahr standen die 23 Luxemburger Widerstandskämpfer, die am 25. Februar 1944 von den Nazis erschossen wurden, im Fokus. Im Februar jährte sich dieser schreckliche Akt zum 80. Mal.
Die Veranstaltung wurde durch eine Vielzahl von Reden und musikalischen Darbietungen geprägt. Die Gedenkansprache hielt die neue Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit, Frau Nicole Steingaß. In ihrer Ansprache implizierte sie die Verantwortung, die wir als Gesellschaft tragen: „Sie halfen Flüchtlingen, sie halfen mit Verstecken, sie halfen mit Informationen. Sie alle kämpften für ihr Land.“ Ihre Worte wurden von der traurigen Realität ergänzt, dass Demokratie nicht selbstverständlich ist und stets verteidigt werden muss.
Prädikantin Marion Polzer und Dekan Christian Heinz sprachen Segensgebete. Letzterer zitierte Worte eines luxemburgischen Inhaftierten, die Trost und Hoffnung spendeten. Auch Gedichte, darunter das bewegende „23 Lëtzebuerger Jongen“ von Wëllem Weis, vorgetragen von Melanie Noesen, untermalten die Zeremonie und verstärkten die emotionale Wirkung des Gedenkens. Die Teilnahme zahlreicher Nachkommen der Opfer und Angehörigen machte deutlich, dass die Erinnerung an das Geschehene nicht vergessen werden darf. Edmond Faber, Präsident der Amicale, erinnerte bei der Kranzniederlegung mit zwei Trompetensoli an die gefallenen Widerstandskämpfer, darunter auch sein eigener Vater. Es sind persönliche Geschichten wie diese, die das Gedenken lebendig halten.
Die Gedenkfeier überdies eine Messe, organisiert von der luxemburgischen „Amicale des Anciens de Hinzert“, welche vom Männerchor Roodt-sur-Syr musikalisch umrahmt wurde. Den Abschluss bildete das Gedenken an den ehemaligen Massengräbern.
Bedeutung Hinzerts für Luxemburg
Rund 10.000 Häftlinge wurden im SS-Sonderlager Hinzert gefangen gehalten, 321 Menschen überlebten das Lager nicht. Unter ihnen waren mehr als 1.600 Luxemburger, die größtenteils zu Beginn des Krieges hier interniert wurden. Für viele war Hinzert der erste Schritt auf ihrem grauenhaften Leidensweg, der sie zu weiteren Vernichtungslagern führte.
Das Geschehen am 25. Februar 1944
Durch die verfügte Zwangsrekrutierung junger Luxemburger zur NS-Zeit nahm der Widerstand verschiedener Résistancegruppen im besetzten Großherzogtum zu. Zumeist wurde Widerstand in Form von Fluchthilfe, Beschaffung von Verstecken und nachrichtendienstlichen Tätigkeiten geleistet. Anfang 1944 sollte mit einer Abschreckungsaktion versucht werden, die Luxemburger Résistance einzuschüchtern. Während verschiedener Razzien der deutschen Besatzungsmacht wurden im Herbst 1943 ca. 350 Luxemburger verhaftet und in das SS-Sonderlager/KZ Hinzert verschleppt. Die Gestapo ging nach ihren Ermittlungen davon aus, dass bei der bisherigen Praxis des Sondergerichtes bei den anstehenden Verfahren mit 50 Todesurteilen zu rechnen sei. Die Gestapo warf den Festgenommenen vor „Rädelsführer“ des luxemburgischen Widerstandes zu sein, oder Luxemburgern, die sich der zwangsweisen Verpflichtung zur Wehrmacht verweigerten und notgelandeten alliierten Piloten geholfen zu haben. Aufgrund dieses Berichtes berief der Chef der Zivilverwaltung, Gustav Simon, Ende Januar 1944 eine Sitzung in Koblenz ein, aus welcher hervorging, dass die Verhängung von etwa 50 Todesstrafen zum gegenwärtigen Zeitpunkt politisch nicht günstig wäre. Die Ermittlungen sollten nicht an die Staatsanwaltschaft weitergegeben und die Zahl der Todesstrafen auf 25 reduziert werden. Die Übereinkunft wurde dem Reichssicherheitshauptamt in Berlin vorgelegt, welches entschied, dass die Luxemburger sofort zu erschießen seien. Als Warnung gegenüber dem wachsenden Widerstand der luxemburgischen Bevölkerung wurden am 25. Februar 1944 von SS-Hauptsturmführer Runge 23 Personen ausgewählt, die dann beim SS-Sonderlager/KZ Hinzert ohne Gerichtsurteil erschossen wurden. Zwei der 25 bestimmten Häftlinge entgingen der Erschießung, weil sie zuvor in andere Lager verlegt worden waren und nicht mehr rechtzeitig zum Exekutionstermin nach Hinzert gebracht werden konnten. (LeWe)
Kommentar
Die Relevanz des Gedenkens in Hinzert: Ein Mahnmal gegen das Vergessen
Das Gedenken an die Ereignisse im SS-Sonderlager KZ Hinzert ist nicht nur eine Pflicht gegenüber den Opfern und Angehörigen, sondern auch ein unverzichtbarer Bestandteil unseres kollektiven Gedächtnisses. Gerade in einer Welt, in der wir angesichts von Hass, Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit immer wieder von den Schatten der Vergangenheit eingeholt werden, ist es unsere Verantwortung, aus der Geschichte zu lernen. Die Erinnerung an die Grauen des Nationalsozialismus und die furchtbaren Schicksale, die sich in Hinzert abspielten, dient als warnendes Beispiel. Sie fordert uns auf, wachsam zu sein und jede Form der Intoleranz im Keim zu ersticken.
In Zeiten, in denen populistische Rhetorik und radikale Ideologien wieder Auftrieb erhalten, ist das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus besonders wichtig. Es erinnert uns daran, dass Demokratie und Freiheit keineswegs selbstverständlich sind. Sie erfordern ständiges Engagement, Mut und die Fähigkeit, die Stimme gegen Ungerechtigkeit zu erheben. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Schrecken der Vergangenheit in Vergessenheit geraten, während wir uns den Herausforderungen der Gegenwart stellen.
Das Gedenken in Hinzert ist ein Ort der Begegnung, des Austauschs und der Reflexion. Ein Aufruf an uns alle, die Verantwortung für unsere Gesellschaft zu übernehmen und aktiv für Frieden, Toleranz und Solidarität einzutreten.
Lena Weber