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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 4/2024
2 - Hermeskeiler Stadtnotizen
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Von Helden, Weicheiern und Flachlandtirolern

Eine Glosse von Bernd Willems

„Wir waren Helden!“ So lautet der Anfang eines im Internet weit verbreiteten Textes für vor 1980 Geborene. Darin wird aufgezählt, was Menschen dieses Alters alles er- und vor allem überlebt haben. Liest sich ganz lustig und hin und wieder kommt man sogar ins Schmunzeln, wenn man zu dieser Altersgruppe gehört. Umgekehrt impliziert der Text natürlich - sicherlich gewollt -, dass nach 1980 eigentlich nur noch Weicheier auf die Welt kamen. So ganz Unrecht scheint mir die unbekannte Quelle dieses Textes damit nicht zu haben, wenn ich an die vorige Woche zurück denke.

Da schreckte schon am Dienstagmittag ein ohrenbetäubender Alarmton aus dem Handy die Bevölkerung auf, als für Mittwoch vor Kälte, Schnee, gefrierendem Regen und Glatteis gewarnt wurde. Wir Helden - ich bin in den 1950ern geboren - dachten da nur: „Soll kommen…“, während beim Rest der Welt - den Weicheiern eben - das große Zittern losging und eine schlaflose Nacht bevorstand. Und dann brach der Mittwochmorgen an und mit ihm das Chaos: Busse blieben im Depot, Züge fielen aus, Schulen und Kitas waren teilweise geschlossen, Menschen blieben in der warmen Stube und sorgten für leere Straßen, um nur Einiges zu nennen. Online-Medien und Rundfunk überschlugen sich derart mit Warnungen und Schreckensnachrichten, dass man es schon hysterisch nennen könnte. Am Abend, als stellenweise noch starker Schneefall hinzukam, gab es wegen liegen gebliebener Lkw auch Staus auf den Autobahnen.

Und was war bei uns im Hochwald? „Null“, berichtete Daniel Bredel, Wehrleiter der VG Hermeskeil, der Reporterin vom Trierischen Volksfreund, die den Live-Ticker fütterte, gegen 9.30 Uhr und sagte: „Es ist alles ruhig, so darf es gern bleiben.“ Warum war das so? Hauptsächlich weil Schnee, Eis und auch gefrierender Regen für die Bevölkerung im Hochwald eigentlich nichts Besonderes sind. Hier hat man solche Erscheinungen in den Wintermonaten schon immer erlebt; man empfindet sie als normal und weiß damit umzugehen. Die Straßenmeisterei ist in solchen Fällen nämlich schon seit 3 Uhr nachts mit ihren Streufahrzeugen unterwegs und sorgt dafür, dass es hier oben erst gar nicht richtig losgeht, wenn der Regen auf den gefrorenen Untergrund trifft. Dafür herzlichen Dank!

Es ist also offenbar nicht nur eine Frage des Geburtsjahrgangs, sondern auch entscheidend, wo man wohnt und aufgewachsen ist. Ich bin über 40 Jahre lang täglich von Hermeskeil nach Trier zur Arbeit gefahren. Wenn es mal im Winter so war wie letzten Mittwoch, hat die Fahrt halt länger gedauert, weil man entsprechend vorsichtig gewesen ist. Und trotzdem gehörten wir Hochwälder - zusammen mit den Kollegen aus der Eifel - immer zu den ersten, die am Arbeitsplatz ankamen. Die Trierer „Flachlandtiroler“, die ja bekanntlich schon beim Anblick einer Schneeflocke ins Elend fallen, waren an solchen Tagen immer die Letzten - wenn sie überhaupt erschienen. Ein einziges Mal blieben auch wir Hochwälder zuhause. Das war vor mehr als 40 Jahren, nämlich am 27. April 1981, als in der Nacht vom (sprichwörtlichen) Weißen Sonntag auf Montag auf einen Schlag ein halber Meter Schnee gefallen war. Letzten Mittwoch meldete die Hermeskeiler Polizeiinspektion im Übrigen aus ihrem Zuständigkeitsbereich nur einen einzigen Unfall, der sich in Hinzenburg ereignete.

Aber mal im Ernst: Bei uns in Hermeskeil und Umgebung hatten wir letzte Woche auch echt Glück, denn ganz vieles von dem angesagten Schnee und gefrierenden Regen zog links und rechts an uns vorbei, wie man im Wetterradar beobachten konnte. In anderen Teilen der Region, in ganz Rheinland-Pfalz und darüber hinaus war es deutlich schlimmer. Das war auch der Grund, warum der RKK (Rheinische Karnevals-Kooperationen e.V.) das in der Hermeskeiler Hochwaldhalle geplante Tollitätentreffen leider absagen musste - zum Leidwesen des KV Ruck Zuck, der sich auf dieses Großereignis, das zum ersten Mal überhaupt im Kreis Trier-Saarburg stattfinden sollte, sehr gefreut und es schon entsprechend vorbereitet hatte. Für viele der von weit her kommenden Prinzenpaare und deren Gefolge wäre die Anreise bzw. die Heimreise in der Nacht wohl doch zu gefährlich gewesen.

Doch eines steht fest: Früher wurde in unserem Land um derartige Wetterereignisse, die im Winter ja normal waren, nicht so ein „mediales Gedöns“, das fast schon an Panikmache grenzt, gemacht. Ähnlich sieht das auch unser Leser Hans-Josef Koltes aus Neuhütten, dessen Beitrag Sie im Innenteil dieser RuH-Ausgabe finden.