Wenn Nachbarn kein gutes Verhältnis untereinander haben, geschehen oft schlimme Dinge. In diesem Fall ist zwar zum Glück nichts Schlimmes passiert, aber Folgen hat der Dauerstreit dennoch. Auf einem Grundstück in einem Hochwalddorf werden die Außenanlagen erneuert, wofür umfangreiche Erdarbeiten nötig sind. Der Grundstückseigentümer ist Unternehmer und besitzt einen Radlader, mit dem Material hin und her transportiert wird, auch über die Straße. Dem Nachbarn fällt dabei auf, dass der Radlader, an dem Schilder mit der Aufschrift „20 km/h“ angebracht sind, keine Kennzeichen hat, weshalb er die Polizei ruft. Was er nicht weiß: Ein Radlader, der nur 20 km/h schnell fährt, braucht keine Zulassung, also auch keine Nummernschilder.
Am Steuer sitzt ein junger Mann, ein Bekannter des Eigentümers, und als die Polizisten vor Ort eintreffen, fragen sie ihn nach einem Führerschein, den er aber nicht vorweisen kann. Schlimmer noch: Er steht nach einer Strafe wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter laufender Bewährung. Und weil er den Radlader auf der Straße geführt hat, sitzt er nun wieder wegen des gleichen Delikts auf der Anklagebank. Schon gleich zu Beginn gibt sein Verteidiger zu erkennen, dass er dafür kein Verständnis hat. Der Radlader sei kein Fahrzeug, sondern eine Arbeitsmaschine, für die weder eine Zulassung noch eine Versicherung nötig seien. Außerdem sei dieser Radlader durch einen Umbau auf 6 km/h gedrosselt. Dafür brauche man auch keine Fahrerlaubnis.
Dies stößt wiederum beim Gericht und dem Vertreter der Anklage naturgemäß auf Unverständnis: „Warum haben Sie das denn nicht gleich vor Ort geklärt?“, will Richterin Buchenberger von dem Angeklagten wissen? Der beruft sich auf sein Aussageverweigerungsrecht gegenüber den Polizisten, die ihn als Beschuldigten gleich darüber belehrt hätten, dass er nichts sagen müsse. Das bestätigt auch der Grundstücksbesitzer als Zeuge, der im Übrigen einen Strafbefehl erhalten hat, weil er das Fahren ohne Fahrerlaubnis geduldet haben soll. „Die Polizisten sind regelrecht auf uns zugestürzt“, berichtet er. Der Angeklagte und er seien sofort wegen einer Straftat beschuldigt und über ihr Aussageverweigerungsrecht belehrt worden, wovon sie dann halt auch Gebrauch gemacht hätten. Die Beamten hätten zwar Fotos von den 20 km/h-Schildern gemacht, aber die Aufkleber mit 6 km/h am Armaturenbrett seien ihnen wohl nicht aufgefallen. „Wenn Sie die Polizei darauf hingewiesen hätten, würden wir heute alle nicht hier sitzen“, meint der Ankläger. Doch der Verteidiger kontert: „Das mit den 6 km/h steht auch schon ziemlich weit vorne in der Akte“, sagt er und wirft den Ermittlern Schlampigkeit vor.
Auch der Nachbar ist als Zeuge geladen. Von ihm wollen die Richterin und der Vertreter der Anklage eigentlich nur wissen, wie schnell der Radlader gefahren ist. Da windet er sich erst ein bisschen, sagt: „Vielleicht Schritttempo, der darf ja nur 20 fahren“ und gibt zu, dass er darauf gar nicht geachtet hat. Als der Ankläger ihn nochmals konkret fragt („Schritt ist ja deutlich weniger als 20“), sagt der Zeuge: „Vielleicht so 5, 6, 7 km/h, ich möchte mich da nicht festlegen.“
Leicht konsterniert bringt die Staatsanwaltschaft eine Einstellung des Verfahrens ohne Auflagen ins Gespräch. Die Alternative sei ein neuer Termin, in dem weitere Zeugen wie die Polizisten und der Schwiegersohn des ersten Zeugen, ein Landmaschinenmechaniker, der den Radlader umgebaut hat, gehört werden müssten. Doch der Angeklagte will von einem weiteren Termin nichts wissen, obwohl er, worauf ihn sein Verteidiger hinweist, bei der vorgeschlagenen Einstellung auf seinen Kosten sitzen bleibt. „Ich will das heute über die Bühne bringen“, sagt der junge Mann.
Und so stellt Richterin Buchenberger am Ende dieses Verfahren, das sich schließlich als völlig unnötig erwiesen hat, ohne Auflagen ein. Die Kosten des Gerichtsverfahrens trägt die Staatskasse, der Angeklagte seine eigenen Auslagen.