© JOACHIM GIES
Zum 1. Oktober war es so weit – aus dem St. Josef-Krankenhaus wurde der Marienhaus Campus Hermeskeil. Damit verbunden sind umfangreiche Änderungen an der Struktur. Die Rundum-Notfallversorgung fällt weg, das ambulante Angebot wird weiter ausgebaut. Die wichtigsten Punkte sollen nochmal zusammengefasst und erläutert werden.
Die Marienhaus-Gruppe hat sich den aktuellen Herausforderungen des Gesundheitswesens gestellt. Die Schließung von Hausarztpraxen, steigende Kosten und die demografische Entwicklung machten eine Anpassung notwendig. Das Krankenhaus schreibe seit Jahren rote Zahlen im siebenstelligen Bereich, die anstehende Krankenhausreform (siehe Infobox) tue ihr Übriges dazu. In diesem Zuge ist der Fachärztemangel das wohl größte Problem, weshalb auch unabhängig von starken Geldflüssen eine Änderung in der Krankenhauslandschaft notwendig sei.„Veränderungen bestimmen unser Leben und wir müssen versuchen, das Beste daraus zu machen“, betonte Christoph Wagner, Geschäftsführer der Marienhaus-Gruppe, zuletzt in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses der Stadt Hermeskeil. Diese Philosophie spiegelt sich im neuen Gesundheitscampus wider, der mit einem bedarfsorientierten Angebot die Versorgung der Menschen in Hermeskeil sicherstellen soll. Ohne die Umstrukturierung hätte das Haus mit Inkrafttreten der Krankenhausreform in der aktuell geplanten Form schließen müssen.
Krankenhäusliche Versorgung bleibt bestehen
Ein zentrales Anliegen der Marienhaus-Gruppe ist die Sicherstellung einer grundlegenden krankenhäuslichen Versorgung in Hermeskeil – in diesem Fall spricht man (nach der neuen Krankenhausreform) von einem sogenannten Level 1i-Krankenhaus.
Kurze Erläuterung:
Level 1i-Krankenhäuser sind sektorenübergreifende Versorger, die Plankrankenhäuser nach § 108 Nummer 2 SGB V sind, soweit sie stationäre Leistungen erbringen. Sie sollen Bestandteil in der ärztlichen und pflegerischen Aus- und Weiterbildung sein. Ein weiterer bedeutender Punkt ist die Notfallversorgung. Level 1i-Krankenhäuser nehmen nicht an der Notfallversorgung gemäß dem G-BA Notfallstufenkonzept teil. Das bedeutet konkret, dass diese Einrichtungen in Notfällen nicht angefahren werden.
Besonders im Fokus steht beim neuen Konzept die Altersmedizin. Mit einem Anteil von rund 23 % der Bevölkerung über 65 Jahre liegt Hermeskeil deutlich über dem Durchschnitt, etwa in Trier mit knapp 19 %. Der Marienhaus Campus Hermeskeil wird weiterhin ambulante und stationäre Behandlungen im konservativen und operativen Bereich anbieten. Auch internistische und chirurgische Versorgung sowie eine ambulante Nachversorgung sind fest im Konzept verankert.
Ambulant, wenn möglich – stationär, wenn nötig
Typische Fälle wie Leistenbrüche, Schulter- oder Knieoperationen sowie Knochenbrüche sollen künftig ambulant behandelt werden. Bei Bedarf erfolgt eine stationäre Weiterbehandlung vor Ort. Für intensivmedizinische Notfälle bleibt jedoch die Überweisung an größere Kliniken, wie das Mutterhaus in Trier, bestehen. Auch nicht-operative Behandlungen von Herzerkrankungen und Diabetes werden in Hermeskeil durchgeführt, sodass Patienten bei Verschlimmerung ihrer Symptome vor Ort versorgt werden können.
Geriatrische Rehabilitation und „Fit-for-Reha“
Ein besonderer Schwerpunkt des neuen Gesundheitscampus liegt auf der geriatrischen Rehabilitation. Diese soll die Alltagskompetenzen, Selbstständigkeit und Lebensqualität älterer Patienten wiederherstellen. Ergänzt wird das Angebot durch das „Fit-for-Reha“-Konzept, das nach einem stationären Aufenthalt die Voraussetzungen für die Aufnahme zur Rehabilitation schafft. Seit Anfang dieser Woche hat das sogenannte Belegungsmanagement der geriatrischen Rehabilitation seine Arbeit am Marienhaus Campus Hermeskeil aufgenommen. Man rechne schon in dieser Woche mit dem Einzug der ersten Reha-Patienten.
Umfassendes Angebot und zukunftsweisendes Konzept
Der Marienhaus Gesundheits-Campus Hermeskeil integriert im Laufe des Jahres 2024 zahlreiche neue Einrichtungen und baut bestehende weiter aus:
Notfallversorgung: Klare Kommunikation und neue Wege
Eine der größten Sorgen der Bevölkerung ist die zukünftige Notfallversorgung. Es wurde klargestellt, dass akute medizinische Fälle außerhalb der Öffnungszeiten der Hausärzte weiterhin durch die Bereitschaftspraxen (Tel. 116117) abgedeckt werden. „Für echte Notfälle ist die 112 zu wählen“, erläutert ein Sprecher der Marienhaus-Gruppe. „Echte Notfälle“ sind demnach Fälle, die eine stationäre Nachversorgung bedürfen. Oder um es plastisch auszudrücken: etwas ist ab, was dran sein sollte, etwas hängt raus, was nicht raushängen sollte, Menschen sind nicht mehr ansprechbar, Infarkte jeglicher Art, schwere Unfälle oder auch Gewaltverbrechen.
Die Rettungsdienste seien informiert, dass Hermeskeil ab dem 1. Oktober 2024 nicht mehr für Notfälle angefahren werden kann. Notfallpatienten werden stattdessen in größere Kliniken gebracht, wo eine umfassende Versorgung sichergestellt ist. Das Wichtigste in einem solchen Notfall sei die Erstversorgung am Ort des Geschehens und diese wird durch die hochqualifizierten Rettungsdienste gewährleistet, so Wagner. „Um dies bestmöglich abzusichern, sind wir weiterhin in Verhandlungen zum Thema Notarztstandort. Wir sind gerne bereit, die sogenannte Personalisierung der Notärzte vor Ort in Hermeskeil durch unseren Gesundheitscampus und in Kooperation mit dem Mutterhaus in Trier sicherzustellen. Zur Finanzierung durch die Kassen bzw. den Kreis stehen wir noch in eben diesen Verhandlungen.“
Grundsätzlich kann der Marienhaus Campus Hermeskeil weiterhin im Rahmen der Dienstzeiten von Menschen mit gesundheitlichen Problemen besucht oder Krankentransportdiensten angefahren werden, sofern es sich nicht um Notfälle handelt. Die Marienhaus-Gruppe ist dazu noch in Gesprächen mit der Kassenärztlichen Vereinigung, um die Öffnungszeiten etwas ausweiten zu können.
Klar sollte sein: Das MVZ kann Patienten versorgen und auch die niedergelassenen Mediziner können Patienten für bestimmte Eingriffe oder Behandlungen überweisen. Es stehen rund 20 interdisziplinäre Betten für eine stationäre Überwachung (z.B. Überwachung der medikamentösen Neueinstellung einer älteren Person, Überwachung nach einer ambulanten chirurgischen oder internistischen OP u.ä.) zur Verfügung und selbstverständlich werde auch jemandem, der vor dem Haus kollabiert, durch die medizinischen Fachkräfte geholfen. (LeWe)
Ein Kernpunkt der Reform ist es, das bisherige Vergütungssystem der Fallpauschalen anzupassen. Damit sollen Kliniken von dem finanziellen Druck befreit werden, immer mehr Fälle erbringen zu müssen. Stattdessen sollen sie künftig einen Großteil der Vergütung für das bloße Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen.
Kliniken sollen künftig außerdem bestimmte Qualitätskriterien erfüllen, um einer sogenannten „Leistungsgruppe“ zugewiesen zu werden. Diese Kriterien sollen bundesweit einheitlich definiert sein. Ziel der Zuweisung in Leistungsgruppen ist es, dass Leistungen künftig nur noch dort erbracht werden sollen, wo die geeignete technische Ausstattung sowie das passend geschulte Personal vorhanden ist. Hier bestand auch das Problem am Standort Hermeskeil: Die neuen Regularien sehen eine stärkere Personalisierung durch Fachärzte vor, diese konnte das Hermeskeiler Krankenhaus in Hermeskeil nicht vorhalten.
Die Bundesländer bleiben in der Verantwortung für die Krankenhausplanung. Sie entscheiden, welche Klinik welche Leistungsgruppen anbieten soll.
Kommentar
Abgespecktes Krankenhaus oder gar kein Krankenhaus?
Nach allem, was in den vergangenen Monaten erläutert und erklärt wurde, scheint das die beherrschende Frage gewesen zu sein. Marienhaus hat sich mit dem Campus-Konzept klar zum Standort Hermeskeil bekannt. Dennoch: Die Krankenhausreform ist landauf landab noch heiß umstritten. Andere Krankenhaus-Träger zeigen noch keine Anstalten, ihre Strukturen anzupassen. War das nun nicht schon vorauseilender Gehorsam?
Die Zukunft wird zeigen, ob das frühzeitige Umstellen des Konzeptes am Standort Hermeskeil letztlich gut oder schlecht war. Für die finanzielle Absicherung wird es das allemal sein. Hier hat man sich im Vorfeld Gedanken bei einem hoch defizitären Haus gemacht, um Strukturen zu schaffen die langfristig haltbar sind - zwar abgestellt auf die heiß diskutierte aber dennoch seit langem erforderliche Krankenhausstrukturform. Trotzdem bleibt ein großes Gefühl der Unsicherheit. Bürgerinnen und Bürger fragen sich zurecht: Bin ich im Notfall im Hochwald noch gut versorgt? Hier muss der Landkreis Ängste und Sorgen nehmen und die Finanzierungslücke schließen.
Lena Weber