Es ist ein kalter Herbstmorgen; was die Temperatur betrifft, könnte es schon eher Winter sein. Im Sitzungssaal des Hermeskeiler Amtsgerichts hat sich um 9 Uhr eine kleine Gruppe versammelt: Richterin Buchenberger, der Protokollführer, die Staatsanwältin, eine Rechtsreferendarin, der Pflichtverteidiger und zwei Zeugen warten auf den Angeklagten. Nicht zum ersten Mal, denn er hat das Gericht schon einmal versetzt, weil er krank gewesen ist. Auch heute scheint das der Fall zu sein; vielleicht ist es ihm ja auch zu kalt gewesen. “Komisch”, meint die Richterin, “Immer wenn eine Verhandlung ansteht, merkt er morgens, dass es ihm nicht gut geht”. Sie schaut noch einmal in die Akte und sagt, dass die Ladung für den heutigen Termin dem Angeklagten ordnungsgemäß zugestellt worden ist. Nun muss das Gericht eine Viertelstunde warten: Es könnte ja sein, dass der Mann doch noch erscheint, aber das ist nicht der Fall. Der Pflichtverteidiger kann auch nicht weiterhelfen, denn er hat keine aktuelle Telefonnummer des Angeklagten. Der hat sich bei ihm auch nicht gemeldet. “Das ist aber nicht besonders clever”, so Richterin Buchenberger. Denn für die Straftat, die man ihm vorwirft, werde es bei einer Verurteilung voraussichtlich nur zu einer Bewährungsstrafe kommen, erklärt sie. Doch wenn der Angeklagte nun nicht innerhalb einer Woche ein ärztliches Attest vorlegt, wird sie wohl einen Haftbefehl erlassen. In diesem Fall darf der Angeklagte eventuell ein paar Tage oder Wochen bis zur nächsten Verhandlung in einer Haftanstalt verbringen, wo er dann ausreichend Zeit hätte darüber nachdenken, ob es nicht doch besser gewesen wäre, wenn er gleich zum Termin erschienen wäre...