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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 43/2023
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Land muss Zusagen einhalten

Stadtrat verabschiedet Resolution wegen Überbelegung der AfA

2015 hat die Stadt mit dem Land Rheinland-Pfalz und dem Kreis Trier-Saarburg einen Vertrag über die Einrichtung einer Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) auf dem Gelände der ehemaligen Hochwald-Kaserne abgeschlossen. Vereinbart war seinerzeit, dort bis zu 750 Personen unterzubringen. Diese Zahl war im Zuge der damaligen Flüchtlingsströme nicht zu halten und wurde dann einvernehmlich auf 1.000 erhöht. Mittlerweile sind dort dauerhaft bis zu 1.600 Asylbegehrende untergebracht. Eine Zahl, die dem Stadtrat widerstrebt, weshalb er sich mit einer Resolution an die Landesregierung wendet.

In der einstimmig verabschiedeten Resolution fordert der Stadtrat Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung von Hermeskeil durch die Überbelegung der AfA. Durch den jahrelangen reibungslosen Betrieb der AfA am Standort Hermeskeil habe die Stadt gezeigt, dass sie soziale Verantwortung für die Allgemeinheit aber auch für das Land Rheinland-Pfalz übernimmt. Gleichwohl habe sich durch die Zunahme der Anzahl der Asylbegehrenden und deren Zusammensetzung das Stadtbild massiv verändert. Die örtliche Infrastruktur im gewerblichen, medizinischen, polizeilichen, ehrenamtlichen Kontext (Bsp.: Feuerwehr), trügen die zusätzlichen Belastungen trotz der sprunghaft gestiegenen Personenzahl mit entsprechendem Engagement. Auch deshalb verlaufe das Zusammenleben bislang überwiegend ruhig.

Seit deren Errichtung vor acht Jahren habe sich aber die Bewohnerstruktur in der AfA massiv verändert. Waren es 2015 noch überwiegend Familien mit Kindern, die dort untergebracht waren, so sind es derzeit hauptsächlich einzelne, männliche Heranwachsende oder junge Männer, die teilweise keine Bleibeperspektive in Deutschland haben. Das wirke sich auch auf die Lebensverhältnisse in Hermeskeil und auf das Zusammenleben innerhalb der AfA aus. Gruppen von jungen Männern prägten das Stadtbild in Hermeskeil, in besonderem Maße in und um die am Ortsausgang gelegenen Discounter.

Die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Hermeskeil hätten sich bisher mit der Situation weitgehend arrangiert. Es bliebe aber nicht verborgen, dass es zu vielen Einsätzen und Fehlalarmierungen der örtlichen Feuerwehr und auch zu häufigen Polizeieinsätzen kommt.

Mittlerweile würden von einigen Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt gewisse Bereiche gemieden, vor allem in den Abendstunden, und selbst kurze Wegstrecken im Zweifel lieber mit dem Auto zurückgelegt. Um sich einer Mischung aus Fakten und subjektiven Wahrnehmungen ernsthaft anzunehmen, bedürfe es eines vielfältigen ehrenamtlichen Engagements. Um vor allem das ehrenamtliche Engagement weiter zu stärken aber auch um den sozialen Frieden innerhalb und außerhalb der Einrichtung zu erhalten und zu fördern, fordert der Stadtrat deshalb von der Landesregierung die zeitnahe Umsetzung einige Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung der Lage am AfA-Standort Hermeskeil:

Zunächst wäre da die Einhaltung der vereinbarten Maximalkapazität von 1.000 Personen in der AfA und damit einhergehend eine sozialverträgliche Unterbringung der Asylbegehrenden. Wichtig ist dem Rat auch eine rechtssichere Folgelösung für die vereinbarte Weiterleitung von Schlüsselzuweisungen. Weiterhin fordert er die Schaffung der mündlich zugesicherten Koordinierungsstelle zur Verbesserung der Integration und Kommunikation zwischen der AfA und den verschiedenen Institutionen vor Ort sowie die Förderung von Arbeitsgelegenheiten im Sinne des § 5 Asylbewerberleistungsgesetz für die Stadt als kommunalem Träger.

Notwendig sei auch die Einrichtung einer BAMF-Außenstelle am Standort Hermeskeil, um eine Beschleunigung der Asylverfahren zu erreichen. Zum Schluss noch zwei weitere Forderungen. Da wären eine Taktverdopplung zu Stoßzeiten zur Entlastung des Öffentlichen Personennahverkehrs durch das erhöhte Fahrgastaufkommen genauso wie die Einrichtung eines ambulanten ärztlichen Bereitschaftsdienstes in der Verbandsgemeinde Hermeskeil.

Die Resolution sei erforderlich, so Stadtbürgermeisterin Lena Weber, weil „wir zwar seit Anfang des Jahres steigende Belegungszahlen in der AfA registrieren, aber immer noch auf eine entsprechende Reaktion des Landes darauf warten“. Wichtig sei, dass der Stadtrat dem nicht tatenlos zusehe sondern darauf reagiere bevor die Stimmung in der Bevölkerung kippe.

„Die derzeitige Situation in der AfA ist allmählich sozial unverträglich“, so Bernhard Kronenberger, CDU. „Das Land darf nicht übertreiben sondern muss verantwortungsvoll mit der Belegung umgehen.“ Er finde eine Belegung mit bis zu acht Personen in einem kleinen Zimmer „nicht spaßig“. Die Resolution sei notwendig geworden, weil die Landesregierung die von ihr gegebenen Zusagen nicht eingehalten habe.

„Das Land ist blind in Hinsicht der Zahl der Asylbegehrenden“, so Sigurd Hein, SPD/Linke. Die Unterbringung in der Afa müsse menschengerecht ablaufen, auch in Hinsicht auf die kommenden Jahre. Der Appell ans Land sei zwingend, „denn wir stehen mit dem Rücken an der Wand“. Auch Berthold Grenz, FWG, sieht die Landesregierung in der Verantwortung, den untragbaren Zustand zu beenden. Genau wie Hagen Wiehle, BfB, beklagt er deren Untätigkeit.

Logischerweise lehnte der Stadtrat daher auch einen Bauantrag, der die Umnutzung der Turnhalle auf dem ehemaligen Kasernengelände zum Inhalt hatte. Dort sollten nach den vorliegenden Plänen mindestens 200 Personen untergebracht werden. Sigurd Hein sah, auch hinsichtlich der kurz vorher verabschiedeten Resolution keine andere Möglichkeit. Die Unterbringung selbst bezeichnete er als menschenunwürdig. Dies und die fehlenden persönlichen Freiräume veranlassten auch die anderen Fraktionen, den Bauantrag abzulehnen.

Zwei Fragen blieben allerdings in der Sitzung unbeantwortet: Kann die Kreisverwaltung trotz der Ablehnung durch den Stadtrat dem Antrag auf Umnutzung stattgeben? Und kann die ADD, sollte der Kreis sich dem Standpunkt der Stadt anschließen, die Kreisverwaltung anweisen, trotzdem eine Genehmigung auszusprechen? (PaGe)

Nur Symbolcharakter!

Kommentar von Christian Kruchten

Dass sich der Stadtrat nunmehr, über acht Jahre nach Errichtung der AfA in Hermeskeil, veranlasst sieht, an das Land eine Resolution zu formulieren, ist ein Mittel, das zum einen zu spät kommt und zum anderen der falsche Weg ist.

Zu spät deshalb, weil die AfA bereits in den vergangenen Jahren überbelegt war. Der falsche Weg ist es deshalb, weil Resolutionen bekanntlich nur Symbolcharakter haben und in der Regel nicht das Papier wert sind, auf das sie gedruckt sind. Am Rande: Die Tatsache, dass traumatisierte Flüchtlinge stets eine potenzielle Gefahr darstellen, wird erst gar nicht, wie in der Vergangenheit auch, an das Land formuliert.

Welche Möglichkeit stellt sich dann?

Da das Land die seinerzeitige Vereinbarung massiv missachtet hat, sollte die Stadt die Vereinbarung aus dem Jahre 2015 kündigen und neu verhandeln. Es ist endlich an der Zeit, dass die Verantwortung, die die Hermeskeiler Bürgerinnen und Bürger übernehmen, ordentlich von Seiten des Landes geschätzt und honoriert wird. Hierbei können die sieben Forderungen in der Resolution keinesfalls als ausreichend angesehen werden.