Seit wenigen Wochen mehren sich die Wolfssichtungen in den Landkreisen Trier-Saarburg und Birkenfeld. In der Verbandsgemeinde Thalfang hat es einen Schafsriss gegeben, dessen Auswertung noch aussteht. Auch am Dollberg in Neuhütten hat eine Wildtierkamera einen Wolf aufgezeichnet. Da Wölfe in einer Nacht ungefähr 50 bis 100 Kilometer zurücklegen, ist dies noch kein Beweis für eine dauerhafte Ansiedlung im Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Doch die Hinweise verdichten sich, dass Wölfe den Naturraum für sich entdeckt haben.
Am 2. November war es um 2.43 Uhr so weit. Ein junger Wolf wurde von einer Wildtierkamera des örtlichen Jagdpächters auf dem Dollberg oberhalb Neuhüttens in voller Größe aufgenommen. Ein sogenannter C1-Nachweis. Das heißt, der Nachweis ist eindeutig. Harte Fakten bestätigen die Anwesenheit des Wolfs. Mithilfe des Wolfsmonitorings, das in Rheinland-Pfalz bei der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft in Trippstadt angesiedelt ist, werden Nachweise unterschiedlicher Art gesammelt und ausgewertet. Dies erlaubt es, einerseits Rückschlüsse auf die Herkunft der Wölfe zu ziehen, aber auch Feststellungen darüber zu treffen, ob es sich um ein durchwanderndes Tier handelt, ein Paar oder sogar ein Rudel. Bisher ist in Rheinland-Pfalz nur ein Rudel bestätigt und zwar an der östlichen Landesgrenze im Landkreis Altenkirchen bei Hachenburg. Vermehrte Sichtungen seit dem Sommer 2023 in den Landkreisen Birkenfeld und Trier-Saarburg legen die Vermutung nahe, dass der Wolf den Nationalpark Hunsrück-Hochwald für sich entdeckt hat. Außerdem steht zu vermuten, dass es sich um einen Jährling, also einen Jungwolf aus dem Vorjahreswurf aus einem Rudel handelt, das im Hohen Venn in Belgien beheimatet ist. Denn für diese Verbindung wurden schon genetische Spuren sichergestellt. Übrigens werden diese Spuren häufig aus frischem Kot gezogen. Kot von Beutegreifern, zu denen der Wolf zählt, ist voller grober Haare seiner Beute. Die genetischen Proben werden aus Resten der Darmschleimhaut gezogen, die sich ebenfalls im Kot befinden. Der Wolf jagt allein. Elterntiere jagen zu 90% Rehe, manchmal auch ein Hirschkalb oder Frischlinge. Wölfe erlegen ihre Beute durch einen gezielten Biss in die Kehle. An ausgewachsene Hirsche oder Wildschweine wagt der Wolf sich nicht. Die Funktion im Ökosystem Wald ist also eindeutig. Der Wolf unterstützt den Jäger bei der Kontrolle der Schalenwildpopulation, löst das Problem aber nicht. Ein Sprichwort besagt: „Wo der Wolf lebt, wächst der Wald.“ Für Förster und Fortwirtschaft ist die Wolfssichtung also eine gute Nachricht.
Dennoch lassen sich wegen der dichteren Besiedlung als früher Konflikte mit Menschen und mit dem Schutz von Nutztieren nicht ganz vermeiden. Vor allen Dingen sind schutzlose Nutztiere wie Schafe eine beliebte Beute des Wolfs. Beim Koordinationszentrum Luchs und Wolf (KLUWO) des Landes Rheinland-Pfalz, das für das Großkarnivoren-Monitoring zuständig ist, werden alle Nutztierrisse gesammelt und es gibt für betroffene Landwirte und Züchter Hinweise auf Schutzmaßnahmen und Unterstützung. Von gesunden, wilden Wölfen geht in der Regel keine Gefahr für Menschen aus. Trotzdem sind Verhaltenstipps bei einer Begegnung wertvoll (siehe Extra). Da der Wolf ein streng geschütztes Tier ist, ist die Jagd verboten und wird mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafen belegt. Da der Wolf im Rudel mit ausgeprägtem Territorialverhalten lebt, ist er sich selbst der größte Feind. Das Rudel duldet keine fremden Wölfe im Revier und verjagt diese oder tötet sie sogar. Ein Revier hat das Ausmaß von zirka 25.000 Hektar. Zu einem Rudel gehören maximal zehn Tiere.
Armin Loos, Schulleiter der Nationalpark-Grundschule Züsch, hat am Freitag auf das Bekanntwerden der Wolfssichtung mit einer spontanen Sachkunde-Stunde in der Kombiklasse 3/4 reagiert. Er meinte: „Panik kam dabei nicht auf, Ängste und Gefahren wurden angesprochen, sodass alle entspannt ins Wochenende konnten.“ Aufklärung ist also das beste Mittel gegen Ängste und falsch vermittelte Vorstellungen. Und dass wir Menschen nach 160 Jahren ohne Bezüge zum Wolf erst wieder lernen müssen, mit ihm als Wildtier in unserer Umgebung umzugehen, ist nur verständlich. (TB)
Extra: Was tun bei einer Wolfbegegnung
Wenn dir ein Wolf begegnet, bleibe ruhig und schaue den Wolf an. Gehe dabei langsam zurück. Nur wenn er sich dir weiter nähert und du dich bedroht fühlst, machst du viel Lärm und verjagst ihn damit. Melde deine Sichtung dem zuständigen Jäger oder Förster. Je genauer du das Tier beschreiben kannst, umso besser.