Radwegquerung in Sötern-Waldbach, Gemeinde Nohfelden - nur ein Beispiel für die vorbildliche Ausstattung. So quert der neue saarländische Radweg die Straßen: mit unübersehbaren Markierungen auf der Fahrbahn und den notwendigen Schildern am Rand, und nicht mitten in der Fahrbahn. wie in Rheinland-Pfalz selbst an Feld- und Waldwirtschaftswegen üblich.
von Bernd Willems
Der neue Bahnradweg Sankt Wendeler Land ist zwar noch nicht bis ins Detail fertiggestellt, aber befahren kann man ihn zwischen Nonnweiler und Türkismühle schon ohne Hindernisse. Was zwischen Bierfeld und dem ehemaligen Nonnweilerer Bahnhof noch fehlt, ist die Beleuchtung im Tunnel; man sollte diesen also nicht mit einem unbeleuchteten Fahrrad passieren. Außerdem hat das Viadukt über die Prims noch keine Asphaltschicht; hier sollte man für ein paar Meter sein Rad über den noch offenliegenden Schotter schieben.
Die Strecke mit einer Gesamtlänge von rund 30 km, die bei Freisen Anschluss an den von dort bis Kusel führenden Fritz-Wunderlich-Radweg findet, umfasst drei Bauabschnitte. Auf der Internetseite des Projekts1 findet man hierzu ausführliche Informationen. Zum aktuellen Stand ist dort Folgendes zu lesen:
Bauabschnitt Freisen (Oktober 2022)
Der 1. BA ist zu 95 % fertiggestellt. Es fehlen lediglich noch die wegweisende Radwegebeschilderung und die Informationstafeln sowie die weitere touristische Infrastruktur (Grill-Schaukel, Eingangstor, Spielgeräte usw.), Derzeit werden die touristischen Bodenmarkierungen angebracht.
Bauabschnitt Nohfelden (Oktober 2022)
Im 2. BA wird derzeit an den Bahnübergängen und Querungen gearbeitet. Viele Markierungen sind bereits erfolgt und die StVO-Beschilderung wurde angebracht. Es fehlt noch die wegweisende Beschilderung. An den Bauwerken müssen die Sanierungen noch fertig gestellt werden und der Ersatzneubau der Brücke über die Nahe beim Bahnhof Türkismühle muss noch erfolgen. Weiterhin fehlen die touristischen Inszenierungen auf dem Radweg, wie Spielgeräte, Infotafeln usw.
Bauabschnitt Nonnweiler (September 2022)
Der 3. BA ist zu ca. 55 % fertiggestellt. Auch hier müssen noch die Straßenquerungen gebaut, markiert und beschildert werden.2 Vor allem aber muss das Viadukt über das Primstal bei Nonnweiler und der Bierfelder Tunnel noch saniert und beleuchtet werden.
Die Ausstattung
Man darf sich auf die offizielle Eröffnung dieses tollen Projekts freuen. Die Fahrbahn ist um einiges breiter angelegt als auf dem Ruwer-Hochwald-Radweg; die Straßenquerungen sind „luxuriös“ und ohne Hindernisse wie störende Schilder, Bügel oder Schranken mitten in der Fahrbahn gestaltet. Und allein auf der Strecke Bierfeld-Türkismühle gibt es mehr als eine Handvoll großzügig angelegter Rastplätze mit Ruhebänken und Fahrradhaltern, umgrenzt mit imposanten Natursteinquadern. Mein persönliches Fazit: Das ist schon jetzt ein Traum von einem Radweg!
Doch der Traum endet – kommt man aus Richtung Türkismühle – leider abrupt am Bahnhof Bierfeld. Die ehemalige Bahntrasse führt von dort - ohne Schienen, die schon im April 2019 abgebaut wurden - durch das beschauliche Löstertal über die Landesgrenze weiter bis zum Hermeskeiler Bahnhof und wächst, ähnlich wie die Strecke von Hermeskeil in Richtung Simmern, langsam zu. Bis zur Landesgrenze gehört sie auf saarländischer Seite seit November 2018 einer Tochtergesellschaft der Naturlandstiftung Saar, von der die Gemeinden Freisen, Nohfelden und Nonnweiler ein Erbbaurecht erworben haben. Auf Hermeskeiler Seite ist Eigentümerin noch die DB.
Und was macht Hermeskeil?
Was man auf der genannten Internetseite auch findet, ist die Chronologie des neuen Bahnradwegs, von der Idee der Bürgerinitiative Nohfelden im November 2013 bis zum Spatenstich am 21. September 2020. Dazwischen klingt es wie eine Randnotiz: „Die Verbandsgemeinde Hermeskeil wurde über das geplante Projekt unterrichtet.“ Das war Anfang 2014, also vor mehr als acht Jahren. Aber in Hermeskeil tauchte das Thema damals - zumindest in der Öffentlichkeit - nicht auf.
Fünf Jahre später, im April 2019, erklärte der damalige Beauftragte und heutige Bürgermeister Hartmut Heck anlässlich des 10-jährigen Jubiläums des Ruwer-Hochwald-Radwegs, die Anbindung Hermeskeils an den vom Kreis St. Wendel und den anliegenden Gemeinden geplanten Freizeitweg vom Bostalsee bis Bierfeld und der damit einhergehende Lückenschluss wäre nach seiner Ansicht „eine sinnvolle Ergänzung zur Buslinie Trier-Türkismühle“. Die VG Hermeskeil werde hierzu Gespräche mit dem Saarland führen.3
Im Folgenden bemühte er sich - bisher allerdings vergeblich - darum, den Anschluss voranzutreiben. Noch im Sommer des vorigen Jahres zeigte er sich zuversichtlich: „Wir sind dran, zumal die Saarländer entgegen der ersten Planung den Weg zunächst nur bis zum Bahnhof Bierfeld bauen wollten, zwischenzeitlich aber bis zur Landesgrenze Saarland Reinland-Pfalz ausbauen wollen...“4
Doch kaum ein Jahr später die Ernüchterung: Im Mai 2022 stellte sich heraus, dass die DB die Flächen der ehemaligen Bahntrasse bis zur Landesgrenze nicht so ohne Weiteres verkaufen will, weil das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung dem „Ausbau der Schiene“ Priorität einräumt. Andere Nutzungszwecke müssten zurückstehen, wenn es Reaktivierungspläne für nicht mehr genutzte Bahnstrecken gebe. Deshalb müsse der Verkauf der Flächen derzeit abgelehnt werden.5
Welche Schiene?
Man fragt sich natürlich unwillkürlich, wie die Reaktivierung einer Bahnstrecke, die faktisch überhaupt nicht mehr existiert, vonstattengehen und welchem Zweck sie dienen soll. Soll hier etwa der fast fertige neue Radweg wieder zurückgebaut und die Trasse wieder mit Schienen belegt werden? Schon am 1. Juni 1969, also vor mehr als 50 Jahren (!) ersetzte die Bundesbahn den Reisezugverkehr auf der Strecke Hermeskeil-Türkismühle durch Busse.6 Warum wohl?
Seither wurde die Strecke noch - zunächst regelmäßig, später nur noch gelegentlich - für Güterverkehr genutzt, bis sie 2014 in der Insolvenz des letzten Pächters stillgelegt wurde und an die DB zurückfiel.7 Die Schienen sind - wie gesagt - seit April 2019 nicht mehr da.
Aktueller Stand also: Zwischen dem schönen neuen Bahnradweg Sankt Wendeler Land und dem ebenso schönen Ruwer-Hochwald-Radweg klafft eine Lücke von ca. 5 Kilometern, und das auf unabsehbare Zeit. Immerhin bemüht sich Bürgermeister Heck, wie er sagt, nach wie vor in Verhandlungen mit der Landesregierung und der DB intensiv darum, eine Lösung für den Lückenschluss zu finden.8
Das hätte ganz anders kommen können, ...
... wenn nicht im Mai 2014 fünf Herren im Hermeskeiler Rathaus still und heimlich, nämlich in nicht öffentlicher Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) der Verbandsgemeinde, eine einsame Entscheidung getroffen hätten.
Wie RuH-Nachforschungen ergeben haben, ging tatsächlich am 3. Februar 2014 ein Schreiben von Andreas Veit, seit 2005 Bürgermeister der Gemeinde Nohfelden, in Hermeskeil ein, in dem die Verbandsgemeinde über die Überlegungen, auf der Bahntrasse zwischen Bostalsee und Nationalpark einen Radweg zu bauen, unterrichtet wurde. Drei Monate später, am 7. Mai 2014, wurde das Thema unter der unverfänglichen Formulierung „Zukünftige Nutzung Bahntrasse Hermeskeil-Türkismühle“ als TOP 4 in einer nicht öffentlichen Sitzung des HFA beraten. Das Ergebnis liegt RuH in Form eines Auszugs aus dem Sitzungsprotokoll vor:
„Der Vorsitzende nimmt Bezug auf ein Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde Nohfelden bezüglich einer eventuellen Stilllegung der Bahnstrecke Türkismühle-Hermeskeil und einer anschließenden Verwendung zum Beispiel als Rad- und Wanderweg.
Der Vorsitzende als auch der Ausschuss stehen der Einrichtung eines Rad- und Wanderweges kritisch gegenüber. In Hermeskeil befindet sich ein Bahnhof mit intakter Infrastruktur, z.B. Verlade-Anlage, Gleisstellanlagen und ein privates Lokmuseum. Des Weiteren wurde erst vor wenigen Jahren der parallel zur Eisenbahntrasse verlaufende Waldweg in einem Gemeinschaftsprojekt mit dem Saarland für ca. 85.000 € als Radweg ausgebaut.
Beschluss: Der Haupt- und Finanzausschuss der Verbandsgemeinde nimmt das Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde Nohfelden vom 03.02.2014 zur Kenntnis und spricht sich für den Erhalt der Bahnstrecke Türkismühle-Hermeskeil aus.
Abstimmung: 5 Ja-Stimmen"
Kommentar: Riesenchance versemmelt!
Eine krasse Fehlentscheidung, die mit Zukunftsorientierung nichts, aber auch rein gar nichts zu tun hatte. Natürlich ist man hinterher immer klüger. Aber es sei die Frage erlaubt: Wer hat im Jahr 2014, als der als touristisches „Leuchtturmprojekt“ gepriesene Ruwer-Hochwald-Radweg seit fünf Jahren in Betrieb war und gezeigt hatte, welches touristische Potenzial im Freizeitradverkehr steckt, noch ernsthaft daran geglaubt, dass die damals schon seit 45 Jahren nicht mehr für den Personenverkehr genutzte Bahnstrecke zwischen Hermeskeil und Türkismühle jemals wiederbelebt werden würde? Der Abschnitt war seit 31. August 2012 wegen Ablaufs der Betriebsgenehmigung betrieblich gesperrt und wurde 2014 offiziell stillgelegt.9
Wovon die fünf Herren in ihrer Klausur im Rathaus also im Mai 2014 noch träumten, bleibt ihr Geheimnis, genauso wie die Frage, warum im kleinen Kreis hinter verschlossenen Türen im Ausschuss statt öffentlich im Verbandsgemeinderat beraten und entschieden wurde, wie es sich für ein Thema dieser Kategorie gehört hätte. Weder in der unmittelbar folgenden Sitzung des VG-Rats am 21. Mai 2014 noch in einer späteren Zusammenkunft kam die Angelegenheit zur Sprache; der Rat wurde nicht einmal darüber informiert.
Tatsache ist jedenfalls, dass mit diesem einsamen Beschluss eine Riesenchance versemmelt und ein echtes touristisches „Leuchtturmprojekt“ langfristig verhindert wurde, nämlich eine „1a-Radwegverbindung“ über rund 85 km von der Mosel bis ins Sankt Wendeler Land und darüber hinaus weiter bis ins Westpfälzer Bergland. Damit hat man nicht nur der Stadt und der Verbandsgemeinde Hermeskeil, sondern der gesamten Region von der Mosel über den Hochwald bis an den Glan einen Bärendienst erwiesen. Die in der Sitzung angesprochene Parallelstrecke auf einem Waldweg im Löstertal ist schon deswegen keine Alternative, weil sie erstens seit jeher nicht mit Fahrrädern aller Art befahrbar ist und sich zweitens auf Hermeskeiler Seite inzwischen streckenweise in einem erbärmlichen Zustand befindet.
Ob es den Lückenschluss zwischen Ruwer-Hochwald- und Sankt Wendeler Radweg in Folge der redlichen Bemühungen des amtierenden Bürgermeisters irgendwann doch noch geben wird, steht derzeit in den Sternen. Es ist Hartmut Heck zu wünschen, dass er Erfolg hat.
1 bahnradweg-sankt-wendeler-land.de
2 Die Straßenquerungen waren Ende Oktober fertig markiert und beschildert.
3 RuH Nr. 16/2019
4 RuH Nr. 26/2021
5 RuH Nr. 22/2022
6 RuH Nr. 20/1969
7 RuH Nr. 13/2019
8 persönliche Auskunft von Bürgermeister Hartmut Heck
9 vgl. Wikipedia, Artikel „Hochwaldbahn“ (abgerufen am 08.11.2022)