Eigentlich haben die Stadt Hermeskeil und das Land Rheinland-Pfalz vertraglich vereinbart, dass in der Aufnahmeeinrichtung für Asylsuchende (AfA) in der ehemaligen Hochwaldkaserne nicht mehr als 1.000 Geflüchtete untergebracht werden. Gerüchteweise war aber schon seit einigen Wochen bekannt, dass sich dort viel mehr Menschen aufhielten. Offiziell wurde das nun in der jüngsten Sitzung des Stadtrats, zu der Stadtbürgermeisterin Lena Weber den Staatssekretär im Mainzer Integrationsministerium, David Profit, eingeladen hatte.
Dieser sprach gleich zu Beginn von einer „sehr schwierigen Situation“, verursacht durch die große Flüchtlingswelle und den Ukrainekrieg, die in diesem Jahr mehr als 200.000 Asylsuchende ins Land geführt hätten. Allein 44.000 Menschen aus der Ukraine habe Rheinland-Pfalz aufgenommen, die auf sieben Aufnahmeeinrichtungen verteilt seien. Derzeit gebe es große Schwierigkeiten, alle unterzubringen. deshalb sei in der AfA in Hermeskeil die vereinbarte Zahl seit September überschritten. Man habe den Kommunen Zeit eingeräumt, Unterkünfte zu finden. Zwar sei die Überschreitung der vereinbarten Belegung kein Zustand, den man dauerhaft wolle, so Profit, doch könne er aktuell „nicht versprechen, dass wir wieder auf 1000 Menschen kommen“. In Bernkastel-Kues sei inzwischen in einem ehemaligen Hotel auf dem Kueser Plateau eine Außenstelle der AfA Hermeskeil eingerichtet worden, wo vor allem Geflüchtete aus der Ukraine und besonders schützenswerte Gruppen untergebracht werden sollen.
Bis jetzt habe Hermeskeil immer alles mitgemacht, erklärte Bürgermeister Hartmut Heck. Doch die Zahl von 1.500 Menschen in der AfA sei „nicht mehr verantwortbar und für uns nicht mehr zumutbar“, fuhr er fort. Die Kommunen hätten zurzeit so gut wie keinen Wohnraum mehr zur Verfügung, das Land solle erklären, wie es mit dieser Situation umzugehen gedenke. Dabei seien die Menschen aus der Ukraine nicht das Problem, so Heck, im Gegensatz zu etwa 800 allein reisenden jungen Männern aus verschiedenen anderen Ländern. Er appellierte daran, die Unterbringung „möglichst sozialverträglich“ zu bewerkstelligen. Die Auswirkungen auf die Strukturen wie z.B. die medizinische Versorgung seien spürbar.
Für den Staatssekretär stellt die aktuelle Situation „eine wahnsinnige Herausforderung“ dar. Es komme alles zusammen, wie z.B. Versäumnisse im Wohnungsbau, die 20 Jahre zurücklägen, sowie ein Sanierungsstau bei Wohnraum. Außerdem entscheide die Landesregierung nicht, wie viele Geflüchtete nach Rheinland-Pfalz kämen. „Aber wir sind die Letzten und müssen sehen, wie wir das Problem lösen“, entgegnete Hartmut Heck: „Wir haben keinen Wohnraum und können die Leute nicht weiter verteilen.“ Man müsse deshalb gemeinsam eine Lösung finden, „mit der wir auch alle leben können“ und durch die die Situation in Hermeskeil etwas entspannt werde. Das Land solle alles daran setzen, wieder die Zahl von 1.000 Personen in der AfA zu erreichen.
„Was wir als Stadt und VG können, leisten wir“. sagte Stadtbürgermeisterin Lena Weber, die zwar einräumte, dass die Problematik wohl für alle Aufnahmeeinrichtungen im Land gelte. „Aber irgendwann müssen wir uns fragen: Wie lange kann eine kleine Kommune wie Hermeskeil mit 6.000 Einwohnern sowas noch leisten?“
Ratsmitglied Sigurd Hein kritisierte, dass die Stadt über die großen Veränderungen und die Überschreitung der vereinbarten Zahl nicht informiert worden sei. Man habe der Einrichtung der AfA mit 750 Personen „seinerzeit zähneknirschend zugestimmt“ (Anm.: Später wurde die Zahl einvernehmlich auf 1.000 aufgestockt). Dem Land warf er im Endeffekt vor, nicht genügend getan zu haben: „Man hätte das vorhersehen und Vorkehrungen treffen können.“
Ob es bei künftigen Zuweisungen in den Ortsgemeinden auch Gemeinschaftsunterkünfte geben werde, wollte Berthold Grenz wissen. Profit bejahte das: „Wir sind davon nicht begeistert, aber temporär wird es nötig sein“. Auf die Frage von Stefan Schleimer, 2. Beigeordneter der Stadt, ob die AfA mit 1.500 am Limit oder es möglich sei, dass noch weiter aufgestockt werde, erwiderte Profit, dass „auf dem Gelände wohl noch etwas möglich“ sei. Günter Weber monierte, man sei „aus der Not heraus vor vollendete Tatsachen gestellt worden“ und forderte ein Konzept des Landes, wie mit diesem Thema in Zukunft besser umgegangen werden könne. Staatssekretär Profit gab zu, dass man früher auf den Stadtrat hätte zugehen können, meinte aber, es sei besser, im Austausch zu bleiben als Vorgaben zu machen.
Am Ende der Debatte erklärte Stefan Ding, CDU-Fraktionschef und Leiter der AfA, man fühle sich „in Hermeskeil nach wie vor gut aufgehoben und unterstützt.“ Dem kürzlichen Aufruf der ADD zu Kleiderspenden seien zum Beispiel viele Bürger gefolgt und es gebe auch immer wieder Menschen, die mit anpacken wollten. (WIL-)