Titel Logo
Rund um Hermeskeil
Ausgabe 47/2024
Titelseite
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe
-

„Auf dass in Zukunft jeder Tag ein ‚Orange Day‘ sein wird“

Die Künstlerin Daniela Müller (Mitte) mit zwei der vielen mutigen Frauen, die auf den Bildern zu sehen sind: Pia Wagner und Christina Klein.

Ausstellungseröffnung von Daniela Müller im Kulturkloster

Unter dem eindrücklichen Titel „Kunst trifft Courage“ eröffnete Daniela Müller am Freitagabend ihre Vernissage im stimmungsvoll beleuchteten Kulturkloster in Hermeskeil. Die beeindruckenden Fotografien, die Frauen in starken Posen zeigen, thematisieren Gewalt gegen Frauen und laden dazu ein, das oft beschwiegenene Thema in den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Dialogs zu rücken.

Zu Beginn der Veranstaltung richteten Vertreter aus Politik und Gesellschaft ihre Grußworte an die Anwesenden. Regina Bergmann vom SKF Trier und der Verbandsbürgermeister Stefan Ding unterstrichen die Bedeutung des Themas und dankten Daniela Müller für ihren mutigen Schritt, auf die Problematik aufmerksam zu machen. Besonders bewegend waren die Wortbeiträge von Dekan Christian Heinz, der die patriarchalen Strukturen anprangerte, die nach wie vor in unserer Gesellschaft verankert sind und eine grundlegende Ursache für Gewalt und Frauen darstellen. „Diese Kunst ist nicht nur ein ästhetischer Genuss, sie stellt Fragen und zeigt viel zu oft ignorierte Wahrheiten auf“, betonte Heinz. Daniela Müller, die selbst viele Formen von Gewalt erlebt hat, nutzt ihre Kunst, um eine Enttabuisierung des Themas herbeizuführen. „Es geht uns darum, den Mut zu finden, zu sprechen und sichtbar zu werden. Wenn nur eine Frau dadurch ermutigt wird, sich zu befreien, hat es sich schon gelohnt“, so Müller. Ein bewegender Moment ereignete sich, als die Gäste auf die in der Klosterkirche verteilten orangenen Rosen aufmerksam gemacht wurden: Jede dieser Blumen symbolisierte einen Femizid in Deutschland und verdeutlichte auf erschütternde Weise das Ausmaß der Gewalt, die vielen Frauen täglich widerfährt. Als die Anwesenden die Rosen nach in einem Korb ablegten, wurde allen die schmerzliche Realität bewusst: Jede einzelne Rose steht für ein wertvolles Leben, das plötzlich und viel zu früh beendet wurde.

Erschreckende Zahlen

In ihren Grußworten warfen Christian Heinz und Stefan Ding ein besonderes Augenmerk auf das bedrückende Zahlenwerk: Alle 4 Minuten erlebt eine Frau in Deutschland Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner. 331 Frauen wurden im vergangenen Jahr Opfer von versuchtem oder vollendeten Mord bzw. Totschlag. 155 Frauen wurden durch ihren (Ex-)Partner getötet – alle zwei Tage! Insgesamt 4.622 Frauen erlebten sexualisierte Gewalt durch ihren (Ex-)Partner – also mehr als alle zwei Stunden eine Frau. Die aufgeführten Zahlen bilden jedoch nur jene Straftaten ab, die zur Anzeige gebracht und die im Rahmen einer (ehemaligen) Partnerschaft verübt wurden. Nach sogenannten Dunkelfeldstudien ist jede dritte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben von Gewalt betroffen. Das sind mehr als 12 Millionen Frauen. Sichtbar machen und im Austausch bleiben „Es ist ein Segen, dass es diesen Ort der Kultur gibt, an dem wir uns treffen und austauschen können“, sagte Heinz. „Kunst spricht über das, was oft unangenehm ist, und wir sollten in diesem Kloster einen Raum schaffen, in dem wir hinsehen können.“ Dieser Aufruf zur Sensibilisierung ist wichtiger denn je. Die orangene Farbe, die in den kommenden Tagen zahlreiche öffentliche Gebäude zieren wird, steht für eine Zukunft ohne Gewalt an Frauen und Mädchen. „Auf dass in Zukunft jeder Tag ein ‚Orange Day‘ sein wird“, schloss Müller ihre Eröffnungsrede. Im Anschluss an den offiziellen Teil nutzten viele BesucherInnen die Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch. Eine aufmerksame Besucherin brachte eine wichtige Perspektive ein: Wie viele ältere Frauen müssen wohl oft ungehörte Qualen in ihren Beziehungen erleiden und können sich nur schwer aus diesen belastenden Situationen befreien?

Info

Begleitend zur Ausstellung, die noch bis zum 1. Dezember zu sehen ist, findet am 28. November ein Abendlob mit der Möglichkeit zum persönlichen Austausch stattfinden. Die Ausstellung ist donnerstags bis sonntags von 15 bis 19 Uhr geöffnet. Marion Adams von der Stadtbücherei hat in Kooperation mit Christina Fuchs eine sorgfältige Auswahl an Büchern zusammengestellt, die sich mit dem Thema Gewalt gegen Frauen und den damit verbundenen gesellschaftlichen Herausforderungen auseinandersetzen. (LeWe)