Eigentlich hat der Familienvater Anfang 50 bei einem Kollegen, bei dem er an diesem Tag im April gefeiert hat, schlafen wollen. Doch nach 12 bis 15 Bier ist wohl die Stimmung zwischen den beiden umgeschlagen, es gibt Streit und er setzt sich, obwohl er weiß, dass er es eigentlich nicht tun sollte, ins Auto und fährt heim. Auf dem Weg ist der dann irgendwo zur falschen Zeit am falschen Ort, wie man sagt, denn er begegnet zufällig einer Polizeistreife. Obwohl er nicht auffällig fährt, wie der Polizist im Zeugenstand erklärt, entschließen sich die Beamten zu einer „allgemeinen Verkehrskontrolle“, fahren dem Mann nach und geben Signal zum Anhalten. Darauf reagiert der Mann aber nicht. „Das kommt öfter vor, wenn der Fahrer nicht so oft in den Rückspiegel schaut“, sagt der Beamte. Also schaltet die Polizei das Blaulicht ein und diesmal steuert der Fahrer einen Einstellplatz an. Die Ordnungshüter bemerken bei der Kontrolle sofort Alkoholgeruch und lassen den Mann pusten - mit eindeutigem Ergebnis: 1,45 Promille zeigt das Röhrchen an. Die Konsequenz ist, dass er nun zu einer Blutprobe mit ins Krankenhaus muss. Dort unternimmt er noch einen wohl ebenso halbherzigen wie erfolglosen Fluchtversuch, den Polizisten gelingt es, ihn zu verhindern. Die ergibt noch wesentlich mehr, nämlich fast 2 Promille. Die Fahrerlaubnis wird vorläufig entzogen und der Mann wegen einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt angeklagt.
„Es war eine Kurzschlusshandlung, was ich heute sehr bedauere“, sagt der Angeklagte reumütig und ergänzt, er sei heilfroh, dass niemandem etwas passiert sei und er keinen Schaden angerichtet habe. Natürlich habe er gemerkt, dass er alkoholisiert gewesen sei, gibt er auf die entsprechende Frage von Richterin Buchenberger zu. Die will wissen, ob er regelmäßig Alkohol trinkt, woraufhin der Mann deutlich ins Stocken gerät und ausweichend antwortet: „Gelegentlich“. Doch dass es öfter ist, als er zugeben will, hängt regelrecht in der Luft: Zum Einen hat der Mann bei 2 Promille Alkohol im Blut außer einem leichten Schwanken beim Gehen keine Ausfallerscheinungen gezeigt und sein Verhalten bei der Kontrolle ist relativ normal gewesen, wie der Polizeibeamte berichtet. Des Weiteren hat er von sich aus die Suchtberatung der Caritas aufgesucht und ist dabei, sein Fehlverhalten mit Hilfe einer Beratungsstelle des Diakonischen Werks aufzuarbeiten. Schließlich bereitet er sich auch schon auf die Medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) vor, die er benötigt, wenn er seine Fahrerlaubnis wiederhaben will - alles Hinweise darauf, dass er wohl ein Problem mit Alkohol gehabt hat. Seine Beteuerung „Es wird nie wieder passieren!“ wirkt ehrlich.
Die Staatsanwältin hält ihm in ihrem Plädoyer zugute, dass er unbescholten ist; es gibt keinen Eintrag im Bundeszentralregister. Auch sein Geständnis, seine offensichtliche Reue und seine therapeutischen Bemühungen sprechen für ihn. Dem stehen, so die Anklägerin, die hohe Promillezahl und das hohe Unfallrisiko mit möglichen Schäden für Sachen und Personen entgegen. Sie fordert für die aus ihrer Sicht vorsätzliche Trunkenheitsfahrt eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 50 €, den Entzug der Fahrerlaubnis und eine Sperre von noch vier Monaten, bis er sie wieder erwerben kann. Der Verteidiger schließt sich dem im Wesentlichen an, bezweifelt aber den Vorsatz. Sein Mandant habe sich bei seinem Kollegen aufgeregt und sich in dieser Situation ans Steuer gesetzt, das sei fahrlässig gewesen.
Doch auch das Gericht sieht den Vorsatz als erwiesen an. „Wenn man eine solche Menge Alkohol getrunken hat, weiß man, dass man nicht mehr Auto fahren kann“, erklärt Richterin Buchenberger. Nach der Schilderung des Polizeibeamten habe der Angeklagte nicht die Fähigkeit verloren gehabt, den Sachverhalt richtig einzuschätzen. Es sei zumindest bedingter Vorsatz gegeben. Weil der Mann geständig und nicht vorbestraft ist, verhängt sie eine niedrigere Geldstrafe von 30 Tagessätzen. Dabei habe sie auch die Bemühungen, sein Problem in den Griff zu bekommen, in besonderem Maß berücksichtigt. Doch um den endgültigen Entzug der Fahrerlaubnis kommt der Mann nicht herum und die Sperre wird auf weitere fünf Monate nach Rechtskraft des Urteils festgesetzt. Diese tritt sofort ein, weil beide Seiten - Angeklagter und Staatsanwältin - erklären, auf ein Rechtsmittel zu verzichten.