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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 48/2023
3 - Aus den Hochwaldgemeinden
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In der Weihnachtsnacht erschlagen

Eine rätselhafte Bluttat in Höfchen im Jahr 1935

Eine Schreckensnachricht macht zum Ende des Jahres 1935 nicht nur im Hochwald, sondern reichsweit die Runde: In dem kleinen Ort Höfchen wird in der Nacht vom 25. auf den 26. Dezember der 24-jährige Peter K. auf der Straße mit einer schweren Kopfverletzung aufgefunden, an der er wenige Tage darauf verstirbt. Die in Büren im Kreis Paderborn erscheinende Zeitung „Der Patriot“ meldet am 2. Januar 1936, der Mann sei von einer Einbrecherbande erschlagen worden. Diese sei nachts in ein Haus eingedrungen, um mehrere kurz vorher geschlachtete Schweine zu stehlen. K., auf dem Heimweg von einer Feier, habe in dem Haus Licht gesehen und die Diebe gestellt. Diese hätten ihm mit einem Eichenknüppel einen Schlag auf den Kopf versetzt und seien unerkannt entkommen. So oder so ähnlich steht es auch in einigen weiteren Zeitungen.

Doch der so geschilderte Geschehensablauf ist offenbar frei erfunden, denn die Ermittlungen gehen nach der Bluttat in eine völlig andere Richtung, wie sich aus einem Bericht der Honnefer Volkszeitung vom 28. Oktober 1936 über einen auf das Ereignis folgenden Strafprozess vor dem Schwurgericht in Trier ergibt.

Dort sollen sich der 25jährige Adam H. aus Frankfurt wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit Todeserfolge und die 21jährige Martha E. aus Höfchen wegen Beihilfe verantworten.

Hatte man am Anfang geglaubt, Peter K. sei auf dem Heimweg gestürzt, haben die ärztlichen Untersuchungen ergeben, dass seine Schädelverletzung durch einen stumpfen Gegenstand erfolgt ist. K. ist also tatsächlich niedergeschlagen worden und der Verdacht richtet sich zuerst gegen einige junge Leute aus Höfchen, doch weil Beweise fehlen, muss man ihn bald fallen lassen.

Dann wird man – so die Honnefer Volkszeitung – auf einen Vorfall aufmerksam, der sich in der betreffenden Nacht in Höfchen zugetragen hat. Nach Mitternacht haben dort zwei junge Männer und zwei Mädchen, die wohl die gleiche Feier wie K. besucht haben, noch in einer Küche zusammengesessen, wobei sie das Licht ausgedreht haben. Plötzlich hören sie ein Klopfen am Fenster und einer der jungen Männer geht auf die Straße, kommt aber bald wieder zurück, weil er – wie er sagt – nichts gesehen hat. Für das Mädchen, das mit diesem jungen Mann zusammensitzt, hat sich Peter K. auch einmal interessiert, aber sie hat ihm „einen Korb gegeben“. Die Staatsanwaltschaft nimmt nun an, es sei K. gewesen, der an das Fenster geklopft habe, und der junge Mann, der auf der Anklagebank sitzt, habe ihn niedergeschlagen.

Doch die Angeklagten und die geladenen Zeugen bestreiten, etwas von der Tat zu wissen. Das Schwurgericht hat in dieser Sache sogar in Höfchen getagt, um an Ort und Stelle die Beweisaufnahme fortzusetzen – allerdings ergebnislos. Zwei Tage danach geht es in Trier weiter. Dabei kann der vom Gericht bestellte Sachverständige die Frage, mit welchem Gegenstand der tödliche Schlag ausgeführt wurde, auch nicht eindeutig klären. Es sei sogar möglich, sagt er, dass „wegen der sehr dünnen Schädeldecke des Getöteten“ der Schlag mit der Hand erfolgt sei.

Der Anklagevertreter hält beide Angeklagte für überführt und beantragt für H. drei Jahre Zuchthaus, für die Mitangeklagte E. ein Jahr Gefängnis. Der Verteidiger plädiert dagegen auf Freispruch. Die Anklage baue lediglich auf Indizien auf, sagt er, aber dieser Indizienbeweis habe viele Lücken.

Das Schwurgericht spricht den Angeklagten H. und die Mitangeklagte E. mangels Beweises frei. In der Urteilsbegründung sagt der Vorsitzende, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, dem Verhalten des Angeklagten während der fraglichen Nacht, nach der Tat und während der Hauptverhandlung bestehe zwar ein berechtigter Verdacht gegen diesen. Das Gericht sei sich auch darüber im Klaren, dass die Gründe, die gegen diesen Verdacht sprechen, dünn seien. Aber hundertprozentig könne dem Angeklagten die Tat eben nicht nachgewiesen werden.

Ob dieser gewaltsame Todesfall jemals aufgeklärt wurde, ist nicht bekannt. Jedenfalls finden sich keine weiteren Berichte mehr im deutschen Zeitungsarchiv (www.deutsche-digitale-bibliothek.de/search/newspaper), das die beiden genannten Berichte enthält. (WIL-)