Seit zehn Jahren hat der Angeklagte schon keinen Führerschein mehr und er fährt seitdem „normalerweise“ auch nicht mehr, beteuert er vor Gericht. Doch dann gerät er in eine „Ausnahmesituation“, wie er sagt. An einem Tag im Frühjahr hat seine Freundin „tierische Schmerzen“, aber die Tabletten, die ihr der Arzt verschrieben hat, sind alle. Sie habe geheult vor Schmerz, berichtet der Mann, und weil sich auf die Schnelle niemand gefunden hat, der Zeit gehabt hätte, hat er den Autoschlüssel genommen und ist losgefahren, um beim Arzt in Hermeskeil ein neues Rezept abzuholen. „Die Freundin hat davon nichts gewusst“, sagt er.
Es sind wohl die Umleitung wegen der Bauarbeiten am Donatusplatz und die deshalb verstärkte Polizeipräsenz in der Alten Kirchstraße, die ihm zum Verhängnis werden. Er wird in der Anliegerstraße gestoppt und es stellt sich schnell heraus, dass er nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis ist. Auf die Belehrung durch Richterin Sarah Weber, dass er sich nicht zur Sache äußern müsse, erklärt er frei heraus: „Was soll ich dazu sagen, ich bin von der Polizei angehalten worden.“ Er stehe zu der Sache, es sei halt eine Ausnahmesituation gewesen. Die „Beweisaufnahme“ ist damit nach Sekunden abgeschlossen.
Ein Problem bei der Strafzumessung ist, dass der Mann kein Unbescholtener ist. Er hat mehrere Einträge im Strafregister, darunter auch einen „einschlägigen“, weil er vor Jahren schon einmal mit dem Auto ohne Führerschein erwischt worden ist. Schlimmer noch sind mehrmalige grobe Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz gewesen, die ihn sogar schon für einige Zeit ins Gefängnis gebracht haben. Er habe ziemlich jung damit angefangen, doch nach einer Therapie fühle er sich heute „ohne“ wohler, hat er dazu zu sagen. Er lebt jetzt in geregelten sozialen Verhältnissen, hat auch seit einiger Zeit eine Arbeit, der er regelmäßig nachgeht. Nicht zuletzt aus diesem Grund belässt es die Staatsanwältin in ihrem Antrag bei einer Geldstrafe. Das Plädoyer des Angeklagten fällt kurz aus: „Was soll ich noch sagen? Ich bin froh, wenn ich nicht wieder in Haft muss.“
Das Urteil lautet auf 60 Tagessätze zu je 40 Euro, zusammen also 2400 Euro - ein recht „teurer Spaß“ für einmal Fahren ohne Führerschein. Amtsgerichtsdirektorin Weber erläutert dem Angeklagten, dass das von ihm genannte Motiv für die Fahrt keine Rolle spiele. Er hätte bestimmt zur Überbrückung auch ein rezeptfreies Schmerzmittel in der Apotheke am Wohnort besorgen können. Auch sie berücksichtigt aber, dass die früheren Taten des Mannes schon einige Zeit zurückliegen und dass er jetzt in geregelten Verhältnissen lebt. Deshalb verhängt sie - wie sie sagt - trotz der Vorstrafen noch einmal eine Geld- statt einer Freiheitsstrafe. Weil der Angeklagte und die Staatsanwältin auf Rechtsmittel verzichten, wird das Urteil sofort rechtskräftig. (WIL-)