Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts in Trier hat in einem Urteil vom 15. November entschieden, dass das gegen die Einführung wiederkehrender Beiträge (wkB) für den Ausbau von Verkehrsanlagen und Straßen in der Ortsgemeinde Züsch gerichtete Bürgerbegehren unzulässig ist. Somit kann die Ortsgemeinde rückwirkend ab dem 01. 01. 2020 für den Ausbau der Ortsdurchfahrt (L 166) und der Gartenstraße wiederkehrende Beiträge erheben.
Der Ortsgemeinderat hatte in seiner Sitzung vom 14. Oktober 2021 beschlossen, rückwirkend zum 01. 01. 2020 wiederkehrende Beiträge einzuführen, ab dem 01. 01. 2024 müssen diese rechtsverbindlich in allen Gemeinden in RLP eingeführt werden. Gegen diesen Beschluss richtete sich das im Februar 2022 schriftlich eingereichte Bürgerbegehren. Dieses hatte zu Inhalt, die wkB nicht rückwirkend einzuführen, sondern erst ab dem 01. 01. 2024. Im April hatte der Gemeinderat das Begehren allerdings wegen formeller Fehler als unzulässig zurückgewiesen. Dagegen waren die Initiatoren vor das Verwaltungsgericht in Trier gezogen.
Die Richter der 7. Kammer haben die Klage abgewiesen, da das Bürgerbegehren unzulässig sei. Diese betreffe zwar einen zulässigen Gegenstand, wahre die in der Gemeindeordnung vorgesehene Viermonatsfrist und die formulierte Frage sei hinreichend bestimmt und einer abschließenden Entscheidung zugänglich. Jedoch genüge, so die Kammer, die auf den Unterschriftenlisten enthaltene Begründung nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen, da der entscheidungserhebliche Sachverhalt und die geltende Rechtslage nur unvollständig bzw. unverständlich dargestellt seien, die Unterschriftenlisten waren seinerzeit von ca. 100 Züscher Bürgern unterzeichnet worden. Die parallel bestehenden Möglichkeiten der Abrechnung von Ausbaumaßnahmen an Verkehrsanlagen über die Erhebung von wiederkehrenden oder einmaligen Beiträgen einschließlich ihrer Folgewirkungen für den Adressatenkreis seien für den uninformierten Bürger nicht hinreichend klar und verständlich gegenübergestellt und erläutert. Stattdessen werde die faktische Ausgangslage und die bisher geführte Diskussion zwischen den Initiatoren des Bürgerbegehrens und der Ortsgemeinde Züsch als bekannt vorausgesetzt, was nicht ausreiche. Zudem gehe die Begründung nicht auf die von der Ortsgemeinde umgesetzte Übergangs- bzw. Verschonungsregelung ein, wonach der Unterzeichner des Begehrens womöglich zeitlich befristet von der Zahlung wkB befreit sein könnte und gar nicht beitragspflichtig werde. So werde ein Grundstückseigentümer, der für einen Vollausbau bereits gezahlt habe, 20 Jahre lang von den wkB verschont. Damit könne er die Tragweite der zu entscheidenden Fragestellung und seiner Unterschrift nicht hinreichend klar erkennen. Die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens könne daher nicht festgestellt werden.
Ortsbürgermeister Ulrich Frohn reagierte erleichtert auf das Urteil, er sei froh, dass der Gemeinderat mit seiner Entscheidung vom Oktober 2021 auf dem richtigen Weg war, man habe sich die Entscheidung im Rat seinerzeit nicht leicht gemacht und die Vor- und Nachteile sorgfältig abgewogen, auch habe man sich vom Gemeinde- und Städtebund beraten lassen. Er hoffe, dass jetzt wieder Normalität im Dorf einkehrt und er sich als Ortsbürgermeister den wichtigen Dingen zuwenden könne. Sobald das Urteil rechtskräftig sei, so Frohn, würden die ersten Abrechnungsbescheide zur L 166 versandt.
Die Verfahrensbeteiligten können aber noch gegen das Urteil binnen eines Monats Berufung beim Oberverwaltungsgericht in Koblenz einlegen.
(Quelle: Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Trier vom 02. 12. 2022)
Zwei Abrechnungsmodelle:
Anliegerbeiträge oder wiederkehrende Beiträge
Bisher werden die Kosten für den Bau oder die Erneuerung von Gemeindestraßen anteilig auf die betreffenden Anlieger verumlagt. Die Gemeinde übernimmt einen bestimmten Anteil, dieser bemisst sich in seiner prozentualen Höhe nach der Bedeutung der entsprechenden Straße. Bei viel befahrenen Straßen kann dieser bis zu 40 % betragen, bei weniger befahrenen Straßen ist er niedriger. Der Rest müssen die Anlieger zahlen, dabei werden als Bemessungsgrundlage die Grundstücksgröße und ein sog. Vollgeschosszuschlag zugrunde gelegt. Dieses Modell wird zurzeit noch in vielen Gemeinden der VG angewandt, nur einige Gemeinden haben den sog. Wiederkehrenden Beitrag (wkB) eingeführt.
Beim wkB übernimmt die Gemeinde ebenfalls einen Teil der Ausbau- oder Erneuerungskosten, die restlichen Kosten werden aber auf alle Grundstückseigentümer in der Ortslage verteilt. Auch hier werden Grundstücksgröße und ein Vollgeschosszuschlag als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt. Ab dem 01. 01. 2024 muss der wkB in allen Gemeinden von Rheinland-Pfalz verbindlich eingeführt werden.