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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 49/2023
Aus der Heimatgeschichte
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Passend in die Zeit: Winterwetter 1879

Hermeskeil (Hundsrück), 4. Decbr. Seit heute Morgen braust ein wüthender Schneesturm, wie er seit Menschengedenken kaum dagewesen, über das Plateau der Hochwaldgegend dahin. Alles vor sich niederwerfend. Wehe dem armen Wanderer, den er auf einsamen Pfad überrascht hat. Der Horizont verdüstert sich, gefrorener Schnee und Eisstücke schlagen prasselnd und klirrend an die mit zolldickem Eis überzogenen Fensterscheiben; die dichten Schneemassen zerstieben im Wirbel-sturm zu Staubwolken und peitschen die spiegelglatten Straßen, auf welchen es bei der außergewöhnlichen Vehemenz des Orkans unmöglich ist, festen Fuß zu fassen. Es braust und tost, als wenn die Erde aus ihren festen Fugen gehen wollte; die Kälte erreicht einen so hohen Grad, daß selbst im geheizten Zimmer die Topfgewächse erfrieren; alle meine Blumen sind eines jämmerlichen Todes gestorben. Gestern Mitternacht erreichte der Sturm seinen Höhepunkt; das wüthende Element wendet seine letzte Kraft auf, um allmälig in lang gehaltenen Stößen zu ersterben. Wie soll es in den Hütten der Armuth aussehen? Kläglich war es anzuschauen, als gegen 3 Uhr Nachmittags die jüngste Mädchenclasse aus der Schule entlassen wurde. Der tosende übermächtige Tourbillon beraubte die armen Kleinen des Athems, warf sie buchstäblich wie Spreu durch- und übereinander zur Erde und unter Jammergeschrei und Wehklagen suchten sie sich, auf Füßen rutschend, hinter schützenden Gegenständen zu bergen. Selbst Erwachsene konnten dem wüthenden Element nicht Stand halten und wurden vor dem Sturme weggefegt; mehrere hier stationirte Beamte, welche sich dienstlich außerhalb befanden, errreichten nur unter augenscheinlicher Todesgefahr den Stationsort. Alle Communication ist unterbrochen.

(Originaltext, gefunden in der „Emscher Zeitung“ vom 12. Dezember 1879)