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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 49/2023
Aus dem Gerichtssaal
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„Dann haben Sie Ihre Ruhe“

Allen Anwesenden ist an diesem Morgen im Sitzungssaal des Hermeskeiler Amtsgerichts ziemlich schnell klar, dass die Angeklagte keine Chance hat, mit ihrem Einspruch gegen den Strafbefehl etwas für sie Günstiges zu erreichen. Nur sie selbst will das lange Zeit nicht wahrhaben.

Man hat sie im Sommer dieses Jahres am Steuer eines Fahrzeugs erwischt, obwohl sie keine Fahrerlaubnis hat. Es kommt erschwerend hinzu, dass sie bei dieser Gelegenheit unter Drogeneinfluss steht. Die Blutprobe ergibt eine recht hohe Konzentration von THC* und Amphetamin. Der Polizei erzählt sie, dass sie den Führerschein zusammen mit ihrem Geldbeutel verloren hat, aber die Beamten finden schnell heraus, dass ihr vor zwei Jahren wegen eines Unfalls auf einer Trunkenheitsfahrt die Fahrerlaubnis entzogen worden ist. Die Sperrfrist ist zwar schon vor einem Jahr vorbeigewesen, doch eine neue Fahrerlaubnis hat sie noch nicht. Die hat sie beantragt und auch „schon die Rechnung bezahlt“, wie sie sagt, aber nachdem sie längere Zeit vergeblich gewartet hat, denkt sie: „Mir reicht das jetzt, dann fahre ich einfach.“ So schildert sie es wortreich und mit teils ausschweifenden Gesten.

Dass es sich bei der bezahlten Rechnung nur um die fällige Verwaltungsgebühr handelt, wie der Vertreter der Anklage sagt, scheint die Frau nicht zu interessieren. Der Ankläger legt nach: „Sie waren doch zugedröhnt! Die Führerscheinstelle wird Ihnen so schnell keine neue Fahrerlaubnis erteilen“, sagt er und fügt hinzu, dass die im Strafbefehl festgesetzten 60 Tagessätze seiner Ansicht nach „viel zu niedrig“ waren. Das ist der Moment, wo die Angeklagte richtig patzig und laut wird: „Ich sehe schon, dass ich keine Chance habe“, versetzt sie und sagt, dass sie dann halt ihre Arbeit kündigen und dem Staat zur Last fallen wird. „Wollen Sie ein Urteil? Das wird teuer, da kommt es vielleicht sogar zu einer Freiheitsstrafe“, meint der Ankläger. Doch die Frau wiederholt noch einmal: „Ich will nur meinen Führerschein wieder!“ Als der Vertreter der Staatsanwaltschaft ihr schließlich erklärt, dass sie wegen der Fahrt unter Drogeneinfluss mit einer weiteren Sperrfrist von mindestens einem Jahr rechnen muss, gibt sie ihren Widerstand auf und resigniert: „Dann machen Sie doch, was Sie wollen!“ Ob sie denn den Einspruch gegen den Strafbefehl zurückziehe, will die Gegenseite wissen, und sie sagt trotzig: „Ja ich ziehe ihn zurück, dann haben Sie Ihre Ruhe.“ Richterin Buchenberger versichert sich noch einmal und fragt: „Wirklich?“ - „Ja, dann habe ich weniger Stress“ lautet die Antwort.

* Tetrahydrocannabinol, kurz THC, zählt zu den psychoaktiven Cannabinoiden und ist der hauptsächlich rauschbewirkende Bestandteil der Hanfpflanze (Cannabis).