Im Amtsgericht Hermeskeil sitzt an diesem Morgen wieder ein Mann, den die Polizei - einmal mit einem Motorrad, einmal mit einem PKW - erwischt hat, obwohl er keine Fahrerlaubnis besitzt. Auf dem Motorrad hat er auch noch Alkohol und Betäubungsmittel im Blut gehabt. Außerdem ist an der Maschine ein entstempeltes Kennzeichen angebracht gewesen; versichert war sie auch nicht. Als sie ihn damit anhalten, wird es für die Polizeibeamten noch gefährlich: Eigentlich haben sie ihn schon dingfest gemacht, aber plötzlich gibt er mit der Maschine Gas und rast davon. Doch er kommt nicht weit und landet im nächsten Straßengraben - Pech gehabt.
Im Gerichtssaal lässt er seinen Verteidiger erklären, dass sich alles so zugetragen hat, wie der Staatsanwalt es in seiner Anklageschrift geschildert hat. Dieses Geständnis ist - wie sich gleich herausstellen wird - wohl er letzte Strohhalm, an den sich der Angeklagte überhaupt noch klammern kann. Denn als Richterin Sarah Weber die Einträge des Mannes aus dem Bundeszentralregister (BZR) verliest, wird klar, dass er diesmal nicht mehr glimpflich davonkommen wird. Seit 2013 ist er nämlich für insgesamt neun Taten bestraft worden, darunter allein fünf wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, also „einschlägig“, wie es im Juristendeutsch heißt. Hinzu kommen auch noch mehrere Drogendelikte. Am Anfang seiner kriminellen Karriere hatten es die Richter noch bei Geldstrafen belassen, doch weil das den Mann offenbar nicht beeindruckt hat, sind Freiheitsstrafen dazugekommen. Sieben Monate hat er auch schon absitzen müssen, weil die zunächst noch gewährte Bewährung widerrufen worden ist.
In seinem Plädoyer fasst sich der Ankläger kurz. Das Geständnis hat zwar die Vernehmung eines Polizeibeamten als Zeugen überflüssig gemacht, was der Staatsanwalt zugunsten des Angeklagten bewertet, doch das Strafregister spricht „ganz entschieden gegen ihn“, sagt er. Er fordert eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und findet - wie er ausführt - „keine Argumente für eine Bewährung“. Dabei stört ihn besonders, dass der Mann auch dann noch mit dem Auto gefahren ist, als das Strafverfahren wegen der Motorradgeschichte schon am Laufen war.
Der Verteidiger ergreift den bereits erwähnten Strohhalm und versucht ebenso verzweifelt wie im Ergebnis erfolglos, doch noch Argumente für eine Bewährung zu finden. Zwischen dem letzten Eintrag im BZR und der neuen Anklage lägen „über zwei Jahre Ruhe“, sagt er, und sein Mandant sei auch seit der letzten Tat nicht mehr auffällig geworden. Das spreche „für eine gewisse Einsicht“.
Aber Amtsgerichtsdirektorin Sarah Weber folgt in ihrem Urteil dem Staatsanwalt und hält ein Jahr Freiheitsstrafe für schuldangemessen. Seit 2013 sei der Angeklagte immer wieder ohne Fahrerlaubnis unterwegs gewesen. Bewährung komme im Hinblick auf die einschlägigen Vorstrafen nicht in Betracht. Der Argumentation des Verteidigers kann sie nicht überzeugen. Es habe nach Verbüßung der Haftstrafe nicht lange gedauert, bis sich der Mann wieder auf das Motorrad gesetzt habe. Und deutlich lauter als sonst erklärt sie dem Angeklagten und seinem Verteidiger: „Von Einsicht ist da keine Spur!“ (WIL-)