Titel Logo
Rund um Hermeskeil
Ausgabe 5/2024
Titelseite
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Karneval ist wunderbar - We make love, not war

Die Prinzengarde bei einer ihrer Akrobatikeinlagen

Die „Hippie-Tagesschau-Moderatoren beim Schlusslied „Stricken für den Frieden“

Reinsfelder Sitzung im Stil der Hippiebewegung der 1970er Jahre

Ein tolles Programm rund um das diesjährige Motto bot der Karnevalsverein Reinsfeld am vergangenen Samstagabend in der brechend vollen Kulturhalle. Mit drei Büttenreden, viel Musik und ausgezeichneten, teils akrobatischen Tanzdarbietungen hatten sich die Aktiven wieder mächtig ins Zeug gelegt, dem Publikum einen kurzweiligen Abend zu bieten. Das wiederum dankte den Akteuren mit Aufmerksamkeit, begeistertem Mitmachen und frenetischem Applaus.

Für eingefleischte Karnevalisten ein Fauxpas! Erst um 20.21 Uhr begrüßten Sitzungspräsident Andreas Weist und seine Copräsidentin Carina Simon die bunte Narrenschar, die sich in der themengerecht dekorierten Halle größtenteils auch im Look der 1970er Jahre versammelt hatte. Die Verspätung kann eigentlich nicht an möglichen Diskussionen im Vorfeld innerhalb der „Doppelspitze“ gelegen haben. Die hatte nämlich schon im Jahr zuvor gut funktioniert. Das Dreigestirn von 2023 war mit Nicole II. und Stefan III. wieder von einem traditionellen Prinzenpaar abgelöst worden. Die beiden stellten sich in ihrer Rede dem närrischen Volk zunächst in Reinsfelder Platt und dann in Hochdeutsch mit kleinen Anekdoten über den jeweils anderen gegenseitig vor. Betrachtete man die bei den Tanz- und Show-Darbietungen stets volle Bühne scheint der KV Reinsfeld bei den Aktiven hier aus dem Vollen schöpfen zu können. Aber nicht nur Quantität, sondern auch Qualität war angesagt. Über das Programm verteilt boten die einzelnen Garden (Bambini-, Kinder-, Jugend- und Prinzengarde) wie auch das Funkenmariechen Anna Hüther und die „Dance Girls“ bei ihrem Showtanz ausgezeichnete Leistungen und Akrobatik, wie man sie bei Amateuren nicht vermutet hätte.

Allenfalls bei den Büttenrednern gibt es Nachwuchssorgen. Deshalb eröffnete auch „Gastdozentin“ Lena Weber aus Hermeskeil den Reigen in der Bütt. Mit einer Deutschstunde der besonderen Art wollte sie den landläufigen Klagen über Schulprogramme, Lehrer und schlechten Ergebnissen in der Pisastudie entgegenwirken. Unter Beteiligung des Publikums versuchte sie mit „Ergänzungsreimübungen“ das Volk der Dichter und Denker wieder zum Leben zu erwecken. Einen richtigen Knaller landeten Andrea und Jochen Hüther sowie Peter Sasse mit ihrer „Hippie-Tagesschau“. In einer Multimedia-Show mit Originalfotos und gekonnten Fotomontagen gepaart mit schauspielerischem Talent und musikalischer Begabung arbeiteten sie die aktuellen Themen der Zeit ab. Dabei schlüpften sie mit entsprechender Kleidung und kiffender weise in die Rollen von Uschi Obermaier, Rainer Langhans und Oswalt Kolle. Jedes Thema brachen sie dabei auf die jeweilige Situation im Ort herunter. Bauernproteste im Kleinen (Spielzeugtraktoren), Bahnstreik (alle Bahnhöfe werden zum Eventbahnhof), Energiekrise (Weihnachtsbeleuchtung erst ab 3. Advent) und schlechtes Abschneiden im Rechnen bei der Pisastudie (Frauengemeinschaft feiert falsches Jubiläum) wurden mit Wortwitz und exzellenter Bilddokumentation behandelt. Als besonderes Highlight arbeiteten sie anhand des unseligen Verlaufes der Containerlösung für den Kindergarten die angebliche Arbeitsweise von Bürgermeister und Gemeinderat heraus. Kiffenderweise präsentierten sie die Gründe, warum es nach zwei Telefonaten mit dem Lieferanten über ein Jahr dauerte, bis die Container endlich geliefert wurden, während überall Lieferzeiten von 24 Stunden normal seien. Beim Thema Wahlen wurden sie dann sehr ernst. Bei all den Populisten und Demokratiegegnern, die zurzeit an der Macht sind bzw. dorthin wollen, riefen sie dazu auf das Wahlrecht im Sinne der Erhaltung der Demokratie auszuüben und gipfelten in der Bemerkung: „Wenn die AfD die Antwort ist, wie dumm war da die Frage!“ Mit dem Lied „Stricken für den Frieden“ beschlossen sie eine beeindruckende Vorstellung.

Pastor Kai Georg Quirin schoss mit seinem Vortrag wie schon gewohnt eine Rakete ab. „Stimmgewaltig“ verschaffte er sich schnell Gehör und zog mit seinen situationsbezogenen lockeren Sprüchen die Zuhörer schnell auf seine Seite. So stellte er mit Bedauern fest: „Millionen Frauen lieben mich, doch der Bischof will das nicht“. Die Rede, die er eigentlich vorbereitet hatte wird dann doch nichts, weil er ständig durch Begebenheiten, die ihm einfielen und die er unbedingt noch los werden musste, davon abgehalten wurde. Die Episoden endeten schließlich in seinen stimmgewaltigen Gesangseinlagen, die letztendlich den ganzen Saal auf die Stühle und zum Mitsingen brachten.

Eine spontan von Astrid und Andreas Weist engagierte kleine Gruppe von Sängerinnen und Sängern sorgte dafür, dass dem Ehrenbürger, Altbürgermeister und Karnevalsurgestein Alfred Noll noch ein adäquates Geburtstagsständchen gebracht wurde. Der hatte es sich nicht nehmen lassen, trotz seines 95. Geburtstages der Sitzung beizuwohnen. Anschließend präsentierten die Akteure unter kräftiger Mithilfe des Publikums noch den Klassiker „The lion sleeps tonight“ und zu Ehren der Prinzessin „Wild Thing“ von BASTA mit Andreas Weist als Solist. Den Abschluss des Programms bildete traditionell das Männerballett „Six Pack“ mit einer furiosen und akrobatischen Tanzdarbietung. Das Finale mit allen Aktiven und dem Reinsfelder Lied beendete eine äußerst gelungene Veranstaltung, bei der sich im Gegensatz zu den Erfahrungen vergangener Jahre der Lautstärkepegel in Grenzen hielt und die Aufmerksamkeit seitens des Publikums auf das Bühnengeschehen wieder mehr in den Vordergrund gerückt wurde. (BäR)