Am vergangenen Sonntag, zeitgleich zur größten Demonstration, die Trier je gesehen hat, war auch in Hinzert die Gedenkstätte mit 130 Gästen voll besetzt. Der Förderverein hatte zum jährlichen Gedenken anlässlich des 27. Januar eingeladen. Dr. Kathrin Meß berichtete von ihren Forschungen zur Opfergrupp der als „asozial“ bezeichneten Luxemburger, die unangepasst waren und den damaligen gesellschaftlichen Normen nicht entsprachen und deshalb Opfer der NS-Diktatur wurden. Musikalisch wurde der Vortrag vom Hinzerter Duo Stefan und Ralf Backes begleitet.
Der Vorsitzende des Fördervereins Dieter Burgard wies in seiner Begrüßung darauf hin, dass die Opfergruppe der sogenannten „Asozialen“ erst 2020 als solche vom Bundestag anerkannt worden sei. Die Forschungen seien noch am Anfang. Man könne die Zahl der Opfer nur schätzen. „Mindestens 70.000 Menschen trugen den grünen oder schwarzen Winkel in den KZ’s“, wusste Burgard. Die Verfolgung traf auf bestehende Vorurteile gegenüber Armen, Obdachlosen, Prostituierten, Alkoholkranken und Tagelöhnern. Die damit verbundene Stigmatisierung setzte sich im KZ und oft auch nach 1945 fort, berichtete Meß. Anhand von drei weiblichen und zwei männlichen Biografien, zeigte Meß, dass die Scham der Opfer so weit reichte, dass nicht einmal die engste Familie nach dem Krieg von der Verfolgung wusste. Meistens wurden Menschen mit dem Stigma „asozial“ sterilisiert, weil man glaubte, Armut und prekäre soziale Lagen seien vererbbar. Es gab kaum Solidarisierungen innerhalb der Gruppe der als „asozial“ bezeichneten Opfer. Sie blieben vereinzelt im KZ und in der Zeit nach der Diktatur. Meß zitierte Theresia Müller, die als junges Mädchen solcherart abgestempelt, im KZ rasiert und sterilisiert wurde: „Die ganze Traurigkeit bleibt.“
Umso wichtiger ist es, heute genau hinzuschauen, nicht vorschnell zu urteilen und immer den Menschen zuerst zu sehen. Dr. Sabine Arend, die Leiterin der Gedenkstätte mahnte Dialogbereitschaft an, die grundlegend für das Wesen der Demokratie und die Auflösung von Polarisierungen sei. Sie zeigte sich dankbar für die stetige Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit des Fördervereins. (TB)