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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 5/2025
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Fesselnde Einblicke in die Geschichte

Sabine Hornung mit einem der beiden Bände. Das Werk umfasst mehr als 1000 Seiten und bringt gut 5 Kilo auf die Wage.

So ähnlich könnte es ausgesehen haben: Illustration des Hermeskeiler Militärlagers von Heike Wolf von Goddenthow.

Prof. Dr. Sabine Hornung präsentiert Forschungsergebnisse zum römischen Militärlager in Hermeskeil

Im vollbesetzten Mehrgenerationenhaus stellte Prof. Dr. Sabine Hornung am vergangenen Donnerstag die Ergebnisse ihrer umfassenden 15-jährigen archäologischen Forschung zum römischen Militärlager bei Hermeskeil vor. Anlässlich der Veröffentlichung ihres zweibändigen Werkes versammelten sich rund 150 Interessierte, um einen lebendigen Vortrag zu erleben, der sowohl fesselnde Erzählungen als auch beeindruckende bildliche Darstellungen bot.

Die große, knapp 31 Hektar umfassende Befestigungsanlage (wir reden hier von rund 43 (!) Fußballfeldern), die in den Jahren 53 und 51 v. Chr. errichtet wurde, steht in direktem Zusammenhang mit dem Gallischen Krieg und der römischen Eroberung unter Julius Cäsar.

Die Schuhnägel

Die römische Eroberungswelle, die sich über ihr weitreichendes Reich erstreckte, wurde von ausdauernden Soldaten in robusten Marschsandalen getragen – und bei ihren Touren ging offenbar so mancher Eisennagel verloren. Diese Nägel waren wie kleine Stollen in heutigen Fußballschuhen, mit der Fähigkeit, auf unvertrautem Terrain Halt zu geben, bevor sie irgendwann entweder herausfielen oder sich hartnäckig im Steinpflaster verhakten. „Eisennägel sind für uns äußerst aufschlussreich, wenn es darum geht, die zeitliche Einordnung von archäologischen Stätten vorzunehmen. Die Nagelform veränderte sich im Lauf der Jahrhunderte und ist für bestimmte Epochen charakteristisch“, erläutert Archäologin Sabine Hornung, Professorin für Vor- und Frühgeschichte an der Universität des Saarlandes. Seit dem Jahr 2010 entdeckte ihr Team, zunächst an der Universität Mainz, zahlreiche Eisennägel beim Graben im Hochwald. Zwar war ein Wall in dem Gebiet bekannt, doch die genauen historischen Zusammenhänge waren zunächst unklar. „Insgesamt fanden wir etwa 90 Eisennägel zwischen den Platten eines Steinpflasters“, fügt Hornung hinzu. Diese Funde ermöglichten letztlich die – für uns sehr spannende – zeitliche Zuordnung.

„Wir konnten das Gelände bei Hermeskeil als Militärlager identifizieren. Die gefundenen Nägel haben einen Durchmesser von bis zu zweieinhalb Zentimetern. Ihre Köpfe sind zwar oft durch Abnutzung verrundet, waren aber ursprünglich spitzkonisch. Anhand dieser und weiterer Funde, wie Handmühlen und Keramikscherben, datieren wir das Lager in die Zeit des Gallischen Krieges“, erklärt Hornung weiter – also jene Zeit der Phase der Eroberung Galliens durch Julius Caesar.

Breites Forschungsfeld

Bei den vielen Untersuchungen hat man sich aber nicht nur auf die Nägel gestützt. „Essensverpackungen“ – damals noch aus Keramik, liefern Hinweise auf verzehrte Speisen, aber auch die Herkunft. Ob Fischsoße aus Spanien oder Wein aus dem Mittelmeerraum – mehr als 2000 Jahre später konnte nun mit den neuen technischen Möglichkeiten festgestellt werden, wie gespeist wurde. Gefundene Pflanzenreste halfen so auch bei der zeitlichen Einordnung: Gefundene Pollen von Waldrebe, Knöterich, Farne aber auch Himbeerreste gaben den wichtigen Hinweis der Datierung auf den Sommer, womit alle Indizien für ein Feldlager in einem aktiven Feldzug sprechen.

Die Archäologin beschreibt das Militärlager als vorübergehende Einrichtung, die im Rahmen militärischer Aktionen um die Mitte des ersten Jahrhunderts vor Christus errichtet wurde. Aus dem Fundmaterial geht hervor, dass das Lager auch nach dem Sommer 52 vor Christus in einer zweiten militärischen Kampagne genutzt wurde. „Das Lager wurde in dieser zweiten Phase verkleinert und umgebaut“, sagt Hornung.

Logistische Meisterleistung

In der ersten Phase waren über 20.000 Soldaten im Lager, die dicht gedrängt in Acht-Mann-Zelten campierten; in der zweiten Phase reduzierte sich die Zahl auf etwa 13.000. „Jedes Zelt schien einen eigenen Backofen zu haben, was wir an der Vielzahl von Öfen feststellen konnten, die zwischen den Mannschaftszelten standen – hier wurde u. a. Brot gebacken“, erklärt Hornung. Die Ausgrabungen lieferten zahlreiche Aufschlüsse über das Leben im Lager, z. B. wie sich die Versorgungslage über die Zeit hinweg veränderte. Bei 25 Tagen Lagerbetrieb wurden mehr als eine Million Kilo Getreide gebraucht, über 100.000 Kilo Fleisch.

Folgen für die ansässige Bevölkerung

Die Logistik zur Versorgung eines so großen Lagers stellte eine gewaltige Herausforderung dar. „Die Truppen mussten auf Vorräte aus den treverischen Siedlungen zurückgreifen“, erläutert die Professorin. Für die ansässige Bevölkerung bedeutete dies sicherlich eine Herausforderung: „Die umliegenden Siedlungen waren von den römischen Vorratsanforderungen betroffen; kurz vor der Ernte nahmen sich die Römer, was sie benötigten, was langfristig zu ernsthaften Konsequenzen für die Region führen könnte – vielleicht sogar zu Hungersnöten.“

Ausblick

Die Forschungen von Prof. Dr. Sabine Hornung ermöglichen neue Einblicke in die geschichtlichen Ereignisse von vor über 2000 Jahren und erweitern unser Verständnis von Caesars Gallischem Krieg. Wie das nun für den Hochwald auch in touristischer Sicht genutzt werden könne, müssen die städtischen Gremien in Bälde besprechen, erläuterte Stadtbürgermeister Christoph König, der sich, wie Mitorganisator Dittmar Lauer, herzlichst bei der Archäologin für die Arbeit und den kurzweiligen Abend bedankte. Hornung versprach: Die Forschungen in Hermeskeil sind noch lange nicht abgeschlossen. Man kann also gespannt sein. (LeWe)