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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 5/2025
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Gegen das Vergessen

Tamara Breitbach erzählt von ihrer Begegnung mit der Auschwitz-Überlebenden Ruth Elias.

Rundgang im Gaumusterdorf feierlich eröffnet

Mehr als 150 Gäste begleiteten am Montag, den 27. Januar die Eröffnung des Rundgangs im Gaumusterdorf, zu der die Projektleiterin Tamara Breitbach gemeinsam mit Bürgermeister Christoph König nach Hermeskeil eingeladen hatte.

Am geschichtsträchtigen 80. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz bekam die Eröffnung des Rundgangs im Gaumusterdorf eine besondere Bedeutung. Der Rundgang, der sowohl vor Ort an den ehemaligen Wohnhäusern und Geschäften jüdischer Nachbarn und den Orten der NS-Täter erlebt werden kann als auch digital im Internet dauerhaft abrufbar ist, ist ein Zeichen lebendiger, vielfältiger und demokratischer Erinnerungskultur.

Basierend auf den Nachforschungen von Heinz Ganz-Ohlig über die jüdischen Nachbarn in Hermeskeil (Ganz-Ohlig, Heinz: Juden im Gaumusterdorf: Auf den Spuren ehemaliger jüdischer Nachbarn in Hermeskeil, Trier 2018) hat sich seit Winter 2023 eine interdisziplinäre Projektgruppe von engagierten Menschen aus dem Hochwald unter der Leitung von Dr. Tamara Breitbach in Hermeskeil zusammengefunden, um das vielfältige Wissen um die Dorfentwicklung Hermeskeils, NS-Ideologie und das jüdische Leben zu berichten und allen zur Verfügung zu stellen. Heinz Ganz-Ohlig war zur Eröffnung angereist und zeigte sich beeindruckt vom Ergebnis.

Der Rundgang wurde durch die finanzielle Förderung des Bundesprogramms Demokratie leben und der Partnerschaft für Demokratie Hermeskeil-Ruwer ermöglicht. An der Erarbeitung des Rundgangs waren in alphabetischer Reihenfolge Ricarda Ahmetovic, Projektfinanzen, Shida Bazyar, Schriftstellerin und gebürtige Hermeskeilerin, Dr. Tamara Breitbach, Projektleitung, Nick Dietz, Social Media, Hartmut Herr, Recherchen und Öffentlichkeitsarbeit, Georg Mertes, Projektträger Förderverein Gedenkstätte KZ Hinzert, Karsten Müller, männliche Audio-Stimme, Dr. Melanie Noesen, weibliche Audio-Stimme, Hiltrud Scherer, Vernetzung mit jüdischer Gemeinde Trier, Ronni Steiner-Wilhelmi, Textredaktion, Matthias Webel, Musik und Audiomastering sowie Lena Weber, Veranstaltungskonzeption und -organisation beteiligt.

Christoph König würdigte in seinem Grußwort das ehrenamtliche Engagement der Projektgruppe und erklärte seinen persönlichen Bezug zum Rundgang. Er habe das ehemalige Wohnhaus der Familie Kahn gekauft. Und dort 2006 die bisher einzigen Stolpersteine in Hermeskeil verlegen lassen. Zu diesem Anlass sei Heinz Kahn nach Hermeskeil gekommen. „Unser Haus gehört also jetzt zum Rundgang: Station 12 meine ich.“

Die Feierstunde wurde musikalisch begleitet von Matthias Webel und den vier Sängerinnen der Schulband des Gymnasiums Melissa Knue, Clara Otterbach, Miriam Weist und Zoe Zescher. Sie intonierten passend gewählte Lieder wie Imagine von John Lennon, People help the people von Birdy oder Verloren von Frank Dellé.

Tamara Breitbach berichtete in ihrer Rede von einer Begegnung mit der Auschwitz-Überlebenden Ruth Elias vor 25 Jahren und betonte: „Weil Ruth Elias 2008 und der Hermeskeiler Überlebende Heinz Kahn 2014 verstorben sind, stehen wir heute hier, um die Erinnerung und die Hoffnung weiterzutragen.“ Es sei die Hoffnung, also „das Wissen um die Möglichkeit einer positiven Zukunft, die uns weiterleben und weitermachen lässt. Auch in der größten Hölle.“

Aus der Projektgruppe betonte Ronni Steiner-Wilhelmi, dass es notwendig ist, die Erinnerung in die Zukunft zu tragen. Sie glaube, der Rundgang sei ein Instrument dies zu tun. Shida Bazyar fragte sich und die anwesenden Gäste, was sie wohl in der Zeit des Nationalsozialismus gemacht hätte. Ob sie mitgemacht hätte, oder zugeschaut? Oder ob sie den Mut gehabt hätte, dagegen aufzustehen. „Es ist einfacher zu glauben, die Nazis waren nur in großen Städten. Ich glaube das auch. Aber richtig ist, die Nazis waren auch hier in Hermeskeil.“ Sie seien vielleicht gestern noch Freunde gewesen und hätten am nächsten Tag beleidigt, beschimpft und ausgegrenzt. Georg Mertes betonte, dass alle Menschen miteinander verwandt seien und mehr Gemeinsames als Trennendes haben. „Landschaften sind für Menschen, Grenzen für die Mächtigen,“ war er überzeugt.

Tamara Breitbach erläuterte das Konzept des Rundgangs. „Mit seinen 14 Stationen vereint der Rundgang beide Zugänge – die der jüdischen Nachbarn und die der NS-Täter und Täterinnen – zur Geschichte von Hermeskeil.“ Sie lud alle Anwesenden ein, nach der offiziellen Feierstunde, einzelne Stationen zu besuchen. Mitglieder der Projektgruppe würden für Fragen zur Verfügung stehen. In Zukunft seien weitere Angebote rund um die Erinnerungskultur in Hermeskeil geplant, so auch geführte Rundgänge oder eine Ausstellung.

Dass die Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Triers Jeanne Bakal und Peter Szemere die Einladung zur Eröffnung angenommen haben, zeigt die hohe Wertschätzung für das Projekt. Im Gespräch betonte Jeanne Bakal, dass es wichtig sei, nicht nur die jüdischen Opfer zu benennen. „Die Juden waren mit den Sinti und Romnja zusammen in Auschwitz.“ Am Abend des 27. Januar hat die jüdische Kultusgemeinde mit dem Landesverband der deutschen Sinti und Roma zu einer gemeinsamen Gedenkstunde nach Trier eingeladen.