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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 50/2023
Aus der Heimatgeschichte
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Eine winterliche Schlittenfahrt 1879

Die Wetterverhältnisse, wie sie in dem nachstehenden Bericht beschrieben sind, kennt jeder, der das ganze Jahr über von hier nach Trier zur Arbeit fährt: Hier oben startet man im strahlenden Sonnenschein bei milden Temperaturen, aber spätestens bei der Autobahnausfahrt Mehring taucht man in dichten Nebel, der das gesamte Moseltal erfüllt und für Kälte sorgt - eine typische Inversionswetterlage. Der folgende historische Bericht - hier im Originaltext wiedergegeben - findet sich in der Kölnischen Zeitung vom 31. Dezember 1879, stammt also aus der Zeit vor der Eisenbahn. Der Name des Autors ist nicht genannt.

Hermeskeil auf dem Hochwald, 29. Dec. Die Beobachtung, die man laut mehrerer Berichte in der Köln. Ztg. anderwärts, namentlich in Baden, gemacht hat, daß an hochgelegenen Stellen mildes Wetter herrschte, während in der Ebene die Kälte unleidlich war, kann ich Ihnen auch von hier aus bestätigen. Nebenbei will ich einen durchaus falschen Bericht über die hiesigen Witterungsverhältnisse, der in einem benachbarten Blatte stand und die Runde durch viele Blätter machte, berichtigen.

Seit Eintritt des harten Winters hatten wir hier in Hermeskeil, welches 1665 Fuß über dem Nullpuncte des Pegels von Amsterdam liegt, nur ein einziges Mal 11 Grad unter Null Réaumur, und zwar Morgens 5 Uhr am 16. d. M. Das Thermometer zeigte gewöhnlich 4 und 5 Grad unter Null, oft nur 3 Grad, und im Allgemeinen hatten wir gegen andere Orte, so gegen das nahe Trier, woselbst es 20 und 18 Grad unter Null war, während wir nur 5 Grad zählten, einen höchst gelinden Winter.

Am 21. d. M. fuhr ich im offenen Schlitten von Hermeskeil nach Trier. Der Thermometerstand war hier oben 2 Grad unter Null. Der herrlichste Sonnenschein begleitete die Fahrt bis ins Moselthal. Dort lag ein undurchdringlicher kalter Nebel und der mitgenommene Pelz wurde hier erst nothwendig, weil die Kälte in der That unausstehlich war. Ich fuhr des Abends um 4 Uhr aus Trier zurück und machte nun dieselbe Erfahrung in umgekehrter Folge, daß, je höher wir kamen, die Luft um so gelinder wurde. Die Abendfahrt war geradezu angenehm und nicht nur ich, sondern auch zwei junge Damen, welche die Fahrt mitgemacht, bedauerten, daß wir allzu schnell schon am Ziele waren. Der Unterschied der Temperatur war so groß, daß ich, auf der Höhe angekommen, meinen Pelz ablegen mußte.

Dieses schöne, helle, warme Wetter hatten wir jetzt beinahe zwölf Tage, bis gestern vollkommenes Thauwetter eintrat, welches den Niederungen keine angenehme Bescherung bringen wird. Wenn unsere gewaltige Schneemasse mit Regen abgeht, dann ist für Rhein- und Moselniederungen Unheil zu befürchten. Unsere höchstgelegenen Bäche sind beinahe ganz eisfrei, während die Mosel fest ist. So abnorme Witterungsverhältnisse habe ich noch nie erlebt und halte die Beobachtung für interessant genug, sie Ihnen zur Veröffentlichung mitzutheilen.