Titel Logo
Rund um Hermeskeil
Ausgabe 51/2022
Aus der Heimatgeschichte
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Das Eisenhüttenwesen im Hochwald in vorindustrieller Zeit

An das ursprüngliche Hammerwerk im Altbachtal bei Züsch erinnern heute nur noch Mauerreste. Das auf Initiative des Fördervereins Züscher Hammer neu errichtete und 2001 in Betrieb genommene Hammerwerk hat sich inzwischen zur Touristenattraktion entwickelt.

Eisenhandel, politische und rechtliche Rahmenbedingungen, Niedergang des Hüttenwesens

Fortsetzung aus RuH Nr. 50/2022

Bisher haben wir in der heimatkundlichen Serie über das Eisenhüttenwesen im Hochwald in vorindustrieller Zeit die Standort- und Produktionsfaktoren (Wasserkraft, Eisenerze, Holzkohle), die unterschiedlichen Verfahren der Eisengewinnung und Weiterverarbeitung sowie das Unternehmertum und die Arbeiterschaft beschrieben. Unser heutiger - abschließender - Beitrag befasst sich mit dem Eisenhandel sowie mit den politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Am Schluss unserer Serie sind neben den Quellenangaben die wichtigsten Daten von bedeutenden Eisenwerken im Hochwald zusammengestellt.

Der Eisenhandel

Neben der Herstellung und Weiterverarbeitung des Eisens organisierten die Hunsrücker Eisenwerksunternehmen auch den Verkauf ihrer Produkte selbst: dieses System, bei dem Produktion und Handel in einer Hand blieben, bestand möglicherweise schon im 16. Jahrhundert. Die Eisenwerke des Hochwalds transportierten ihre Produkte zunächst mit Fuhrwerken zur Mosel, von wo aus sie per Schiff weiterbefördert wurden. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, zu der Zeit, als das Züscher Eisenwerk von Jean Mariotte betrieben wurde, verfügte dieses in Leiwen über ein Depot, wo die Waren vor ihrer Einschiffung gelagert wurden. Die Werke im Idarwald setzten ihre für den Fernhandel bestimmte Produktion über Trarbach ab, die Waren der Eisenwerke Abentheuer wurden in Mülheim (Mosel) verschifft. In der damaligen Zeit waren die größten Moselschiffe 25 m lang, 4 m breit bei einem Tiefgang von rund 1 m; sie konnten Lasten von rund 1800 Zentnern transportieren.

Die einzelnen Eisenwerke verfügten in der Regel über einen eigenen Fuhrpark; dieser aber reichte bei Weitem nicht aus, die gesamte Rohstoffversorgung und die Warentransporte in eigener Regie durchzuführen, so dass man auf Lehnfuhren der Bauern aus den umliegenden Ortschaften angewiesen war. Als Zugvieh waren im Fuhrwesen Pferde, überwiegend aber Ochsengespanne eingesetzt. Die von den Unternehmen vergebenen Transportaufträge wurden durch Fuhrverträge rechtlich geregelt.

Das von den Hunsrücker Eisenwerken für den Fernhandel produzierte Eisen wurden überwiegend in nördlicher Richtung, insbesondere nach Holland abgesetzt. So verfügte z.B. die Firma Mariotte des Lütticher Großkaufmanns Jean Mariotte, die um 1665 insgesamt 10 Eisenwerke, darunter auch das Werk in Züsch betrieb, über feste Handelsniederlassungen und Warendepots in Koblenz, Köln und Amsterdam. Der Anteil er Transportkosten war gemessen an den Gesamtkosten erheblich; er betrug gegen Ende des 18. Jahrhunderts bis zu 25 %.

Die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen

In sogenannten “Bestandsverträgen zum Eisenwerksbetrieb” wurden die technischen, wirtschaftlichen, politischen, rechtlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Eisenwerkunternehmens geklärt. Neben der Regelung über Aufbau und Betrieb der Hütten und Hämmer sowie der Rohstoffversorgung wurden auch die Lebensmittelversorgung sowie die Rechtsstellung von Unternehmern und Arbeitern, die zu entrichtenden Abgaben, auch Richtlinien für den Eisenhandel, in diesen Verträgen angesprochen. Die Bestandsverträge wurden grundsätzlich als Erb- oder als Temporalbestand (diese in der Regel auf 20 Jahre) abgeschlossen.

“Erbbestände” wurden dem Unternehmer vom Landesherren verliehen und beruhten auf dem System der Erbleihe; dementsprechend war das dingliche Recht in ein Obereigentum des Landesherren, dem eine jährliche Abgabe (Kanon) zu zahlen war, und ein Nutzungsrecht des Erbbeständers eingeteilt.

Der wesentliche Unterschied zum Erbbestand lag bei dem Temporalbestand, der zweiten Form der Bestandsverträge, in der vertraglich geregelten zeitlichen Begrenzung des Bestandsverhältnisses. Häufig waren in den Bestandsverträgen zum Betrieb von Eisenwerken Monopolverleihungen (als Bergbau- und/oder Produktionsmonopol) auf ein Herrschaftsgebiet oder ein Amt enthalten.

Das allgemein (im gesamten deutschsprachigen Raum) gültige Bergrecht war in den Bergordnungen der jeweiligen Landesherren kodifiziert. Im Hochwald galten die Bergordnungen für Hintersponheim und Kurtrier, z.B. die Bergordnung von 1564 für Kurtrier von Erzbischof Johann VI von der Leyen. In den Bergordnungen war auch der “Bergzehnte”, eine Abgabe für das vom Landesherrn konzessionierte Aufsuchen von Bodenschätzen, grundsätzlich festgeschrieben; die Höhe der Abgabe aber war bei den einzelnen Eisenwerksbetrieben unterschiedlich, sie war in Geld oder Naturalien oder Eisenerzeugnissen zu entrichten. Nach dem Grundverständnis der “Bergbaufreiheit” war grundsätzlich jeder Interessierte kraft Verleihung durch den Landesherrn, berechtigt, im gesamten jeweiligen Herrschaftsgebiet ohne Rücksicht auf privatrechtliches Eigentum zu schürfen und die aufgefundenen Materialien zu gewinnen. Von dieser bergbaulichen Aktivität waren lediglich die überbauten Wohnflächen ausgenommen (diese Schutzbestimmung fehlte in der Grafschaft Sponheim). Dem Grundeigentümer wurde ein angemessener Ausgleich für entstandene Schäden zu gesichert; dass sich eine derartige Rechtsfestlegung nicht ohne Konflikte auf die bergbauliche Realität übertragen ließ, kann nicht überraschen.

Die rechtliche und soziale Stellung der Arbeiterschaft war ebenfalls in den Bergordnungen und Bestandsverträgen festgeschrieben; sie gewährten den Arbeitern der Hüttenbetriebe im Vergleich zu den sonstigen Untertanen eines Landesherrn Privilegien wie weitgehende Mobilität, Befreiung von Frondiensten usw. So wurde z.B. im Temporalbestand (Laufzeit 30 Jahre ) zum Betrieb des Eisenhütten- und Hammerwerks in Züsch, der am 10. Mai 1694 zwischen dem Freiherrn Ernst-Ludwig von Hunolstein-Sötern und dem Unternehmer Remacle Joseph Hauzeur vereinbart wurde, lapidar bestimmt, dass Unternehmer und Arbeiter von allen Belastungen und Abgaben befreit sind. Zusätzlich gab es zahlreiche der Versorgung der Arbeiterschaft dienende Berechtigungen wie das Recht auf Viehhaltung, Weide und steuerbegünstigten Verkauf von Lebensmitteln durch den Unternehmer. Von Bedeutung waren auch die speziellen Regelungen für die Problembereiche der Religionszugehörigkeit und der Religionsausübung in den konfessionell unterschiedlich strukturierten Herrschaftsgebieten. So erreichte der katholische Unternehmer Hauzeur von dem protestantischen Landesherrn das Zugeständnis, für sich und seine Arbeiter im Eisenwerksbereich Züsch, eine katholische Kapelle zu errichten und einen eigenen Geistlichen beschäftigen zu dürfen.

Niedergang des Eisenhüttenwesens im Hochwald

Etwa seit Mitte des 18. Jahrhunderts setzte im Hochwald eine deutliche Verknappung in den Erzgruben ein, die sich in unmittelbarer Nähe der Verhüttungsanlagen befanden,so dass die benötigten Erze aus größeren Entfernungen zum Hochofen beigefahren werden mussten. Aber auch die Versorgung der Eisenwerke mit Holzkohle wurde zur gleichen Zeit immer problematischer, weil der Wald stärker beansprucht wurde, als dies die natürliche Regenerierung zuließ. Die enorme Holznachfrage hatte schon um 1750 große Flächen des früheren Hochwaldes in ausgedehnte Niederwaldungen oder sogenannte Kohlhecken umgewandelt.

Beide Faktoren, der Rückgang im Erzabbau in unmittelbarer Nähe der Hüttenanlagen sowie die Verknappung der Holzkohlenversorgung durch die Überbeanspruchung des Waldes, verteuerten um die Mitte des 18. Jahrhunderts die Produktionskosten in erheblichem Maße und beeinträchtigen dadurch die Konkurrenzfähigkeit der Hochwälder Eisenwerke. Das ausufernde Zollwesen, das auch innerstaatliche Zölle in den ohnehin sehr kleinen Herrschaftsgebieten kannte, erschwerte den Absatz der Produktion in den Fernhandel. Eine weitere Erschwernis waren die sehr schlechten Straßenverhältnisse im Hochwald.

So folgte etwa ab 1750 eine Stagnationsphase im Eisenhüttenwesen des Hochwaldes, die bis zur Jahrhundertwende dauerte; nach einer kurzen Erholungsphase durch vermehrte Rüstungsproduktion in der Zeit der französischen Rheinlandbesetzung (bis 1814) kamen dann doch im Verlauf des 19. Jahrhunderts der Niedergang und das Ende des Hochwälder Eisenhüttenwesens.

(Ende)

Quellen- und Literaturhinweise

  • Braun Hermann-Josef: “Das Eisenhüttenwesen des Hunsrücks 15. bis Ende 18. Jahrhundert”, (Trierer Historische Forschungen, Band 17, Trier 1991)
  • Schömer Edmund: “Burg und Amt Grimburg” (Hermeskeil 1984)
  • Prüm Walter: “Gesicht und Geschichte einer Hochwaldlandschaft“ (Züsch - Pfarramt - 1978)
  • Böcking H.W.: “Abentheuer, Beiträge zur Geschichte des Ortes und seiner Eisenhütte” (Birkenfeld 1961)
  • Christoffel Edgar: “Geschichte des Bergbaues und der Eisenverarbeitung im vorderen Hochwald” (Jahrbuch des Kreises Trier-Saarburg 1983)
  • Petto Walter: “Geschichte der Eisenindustrie im Schwarzwälder Hochwald” (Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend 17/18, 1969/70)
  • Petto Walter: “Zur Nonnweiler Mühlengeschichte” (Heimatbuch des Landkreises St. Wendel 14, 1971/72)
  • Petto Walter: “Einwohner von Züsch, Neuhütten und Damflos 1574 bis 1820“ (Sonderband 17 der AG für saarländische Familienkunde, Saarbrücken 1985)