„Ich bin kein Betrüger“, sagt der Mann um die Vierzig, der auf der Anklagebank sitzt, mehrmals im Verlauf der Verhandlung und fast ist man versucht ihm zu glauben, denn er wirkt alles andere als unseriös. Aber seine Worte kommen auf der Gegenseite – sowohl bei Richterin Buchenberger als auch bei der Staatsanwältin – nicht so recht an, denn die Tatsachen sprechen gegen ihn. Er lebt in geordneten Verhältnissen, hat einen gehobenen Job im Baugewerbe und verdient ganz gut. In seiner Freizeit beschäftigt er sich ziemlich viel mit eBay, dem Kauf- und Verkaufsportal, wo er schon recht viel verkauft hat, wie er sagt. „Es lieg mir fern, anderen Menschen Schaden zuzufügen“, behauptet er. So 80 oder 90 Sachen „aus dem Keller“ habe er verkauft, habe 100 Prozent positive Bewertungen bei eBay gehabt. Alles habe funktioniert, nur in diesem einen Fall vielleicht nicht, aber er habe leider keinen Nachweis dafür, dass er die bestellte Ware versandt habe. Dann sei sein ebay-Konto plötzlich geschlossen worden, warum, wisse er nicht.
Auf Frage der Richterin gibt er aber zu, dass es „schon öfter nicht geklappt“ habe, aber in solchen Fällen habe er immer das Geld an den Käufer zurück überwiesen. Sie liest ihm den Chat-Verlauf in dem Fall, für den er wegen Betrugs angeklagt ist, vor. Man hat ihn von seinem Handy gesichert. Ein paar Tage nachdem das Geld bei dem Angeklagten angekommen ist – das hat man auf seinem Kontoauszug gesehen – hat der Käufer nach dem Verbleib der Ware gefragt. Einmal hat der Angeklagte geantwortet, das Paket müsste eigentlich angekommen sein. Weitere Nachfragen und die Aufforderung, das Geld zurückzuzahlen, hat er ignoriert und behauptet jetzt: „Ich habe das nicht mehr mitbekommen, weil mein Konto plötzlich gesperrt war.“ Deshalb habe er keine Nachrichten mehr bekommen. Er habe auch keine Emails mehr aus dieser Zeit. „Es ist ja schon über ein Jahr her“, sagt er und bleibt dabei, dass er die bestellte Sache auch verschickt habe. Immerhin hat er inzwischen dem geprellten Käufer sein Geld wieder erstattet.
Auch als Richterin Buchenberger den Auszug aus dem Bundeszentralregister verliest, vermittelt der Angeklagte weiter einen harmlosen Eindruck. Dabei hat er mehrere Vorstrafen wegen Betrugs und Unterschlagung. „Die letzte war die gleiche Sache wie hier“, stellt die Richterin fest, woraufhin der Angeklagte meint: „Ich kann mich teilweise nicht erinnern.“ Den Strafbefehl habe er damals bezahlt, weil er „seine Ruhe haben“ wollte.
Die Staatsanwältin hat er mit seinen Aussagen nicht beeindruckt. Sie sieht in ihrem Plädoyer den Tatvorwurf bestätigt und wertet es zu seinen Ungunsten, dass er es nicht zugegeben hat. Der Angeklagte habe zwar den Schaden wieder gutgemacht, aber er sei mehrfach einschlägig vorbestraft. Da die bisherigen Geldstrafen auf ihn offenbar keinen Eindruck gemacht hätten, komme sie nicht umhin, diesmal eine Freiheitsstrafe zu beantragen, die sie mit vier Monaten für angemessen halte. Weil der Mann in geordneten Verhältnissen lebe, könne die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Während der dreijährigen Bewährungszeit solle dem Mann ein Bewährungshelfer zugeordnet werden. Der Angeklagte besteht auch zum Schluss wohl noch auf seiner Unschuld und behauptet: „Ich habe keine kriminelle Energie!“
Das Urteil deckt sich erwartungsgemäß mit dem Antrag der Anklägerin. Zusätzlich brummt das Gericht dem Angeklagten noch eine Geldbuße von 1000 Euro auf, die er in zehn Raten an die Caritas zahlen soll. In ihrer Urteilsbegründung führt Richterin Buchenberger aus, es gebe hier eine Reihe von Zufällen, die sie sich nicht erklären könne. Sie könne sich auch nur schwer vorstellen, dass der Mann das alles schon vergessen haben soll. Auch nach der Sperrung des eBay-Kontos hätte er auf jeden Fall den laufenden Vorgang noch verfolgen müssen und wäre verpflichtet gewesen, beim Käufer nachzufragen. Aus seiner Vorgeschichte mit den einschlägigen Vorstrafen hätte er eigentlich wissen müssen, dass ein solches Fehlverhalten Konsequenzen haben werde.