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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 51/2024
Aus dem Gerichtssaal
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Späte Einsicht

Vor Richter Dr. Johannes Zierden, dem neuen Direktor des Amtsgerichts Hermeskeil, sitzt auf der Anklagebank ein Ehepaar. Dem Mann wirft man mehrmaliges Fahren ohne Fahrerlaubnis vor; er wird von einer Anwältin verteidigt. Die Ehefrau - ohne Rechtsvertreter - ist wegen Duldung des Fahrens ohne Fahrerlaubnis angeklagt, weil es ihr Auto gewesen ist und sie gewusst hat, dass ihr Mann keinen Führerschein hat. Gegen den Strafbefehl, den sie erhalten hat, hat sie Einspruch eingelegt und einen Vorschlag des Gerichts auf Einstellung des Verfahrens abgelehnt. „Es wäre sinnvoll gewesen, dem zuzustimmen“, erklärt der Richter, nachdem beide Angeklagte gleich zu Beginn der Verhandlung ein Geständnis abgelegt haben. Immerhin erspart das dem Gericht die Vernehmung von drei Zeugen, die zumindest bei einem von ihnen wohl etwas länger gedauert hätte, weil er der deutschen Sprache nicht mächtig und deshalb eine Dolmetscherin bestellt ist. So können diese und die Zeugen gleich wieder entlassen und nach Hause geschickt werden.

Der Fortgang der Verhandlung besteht nun hauptsächlich darin, dass Richter Dr. Zierden Protokolle von Zeugenvernehmungen und Auszüge aus dem Bewährungsheft und dem Bundeszentralregister verliest. Denn der Ehemann ist strafrechtlich kein unbeschriebenes Blatt: Acht Einträge hat er seit 2004 „gesammelt“ für Diebstahl, Urkundenfälschung, Betrug, Beleidigung und Sachbeschädigung. Die Quittungen dafür bestanden, als er noch nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde, aus Weisungen, Verwarnungen und einem Jahr Jugendstrafe auf Bewährung, später, als er erwachsen ist, hat es Geldstrafen gegeben. Auch die Ehefrau hat keine weiße Weste. Ihr Strafregister enthält zwei Eintragungen: Betrug und Verstoß gegen das Waffengesetz, jeweils mit Geldstrafe geahndet.

„Glück im Unglück“ hat nun der Angeklagte, weil er ein Geständnis abgelegt hat und die früher begangenen Taten alle nicht „einschlägig“ sind, d.h. er ist zum ersten Mal wegen Schwarzfahrens aufgefallen. In der Regel fällt dann die Strafe nicht ganz so hoch aus. Doch weil er zur Zeit der Fahrten noch unter Bewährung aus seinem letzten Strafverfahren gestanden hat, hält der Staatsanwalt nun eine Freiheitsstrafe für unerlässlich. Er fordert eine Gesamtstrafe von dreieinhalb Monaten, die aber auch wieder zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Als Auflage fordert er, dass der Mann 80 Stunden gemeinnützige Arbeit bei der Verwaltung seiner Heimatgemeinde ableisten muss. Für die Ehefrau beantragt der Ankläger eine Geldstrafe, die der Höhe des Strafbefehls entspricht. Die Verteidigerin des Mannes bittet um ein mildes Urteil. Die Frau stellt keinen Antrag.

Richter Dr. Zierden folgt den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Die Bestrafung des Ehemannes hält er der Höhe nach für zutreffend, aber dennoch moderat. „Eine Freiheitsstrafe muss schon sein“, erklärt er dem Angeklagten, weil die Tat unter laufender Bewährung begangen worden sei. Weil er ein Geständnis abgelegt und Reue gezeigt habe, könne die Strafe aber zur Bewährung ausgesetzt werden. Beide Angeklagte haben auch die Kosten des Verfahrens zu tragen. Zumindest die Ehefrau hätte sich diese ersparen können, wenn sie den Vorschlag auf Einstellung des Verfahrens angenommen hätte. Da sowohl der Staatsanwalt als auch die Angeklagten erklären, auf ein Rechtsmittel gegen das Urteil zu verzichten, ist es sofort rechtskräftig.