Der im Jahr 1958 gegründete Hermeskeiler Karnevalsverein Ruck Zuck feiert in diesem Jahr sein „6x11-jähriges“ Bestehen. In dieser langen Zeit haben die Karnevalisten unserer Stadt (bzw. in den ersten zwölf Jahren noch dem Dorf Hermeskeil) viele frohe Stunden und eine Reihe eindrucksvoller Rosenmontagszüge beschert. Doch es gibt in diesem Jahr noch ein weiteres närrisches Jubiläum zu feiern: 1913, also vor genau 111 Jahren, fand in Hermeskeil der allererste Karnevalsumzug statt.
Über das Zustandekommen dieses Zuges berichtete 1963 Peter Eiden, genannt „Dietzen Pitt“ gegenüber RuH. Eiden hatte von 1909 bis 1912 seine Dienstzeit in Köln verbracht und dort den Straßenkarneval kennengelernt. In diesen Jahren hatte er sogar einmal selbst aktiv am Kölner Karnevalsumzug teilgenommen. Dementsprechend brachte er vom Rhein manche Anregung mit nach Hermeskeil.
Hier fand er in Ottens Heini (Gastwirtschaft Kray), Bohnen Gust (Schmitt August) und Hansen August weitere Initiatoren, die die Idee eines Umzugs in Hermeskeil aufgriffen und unterstützten. So kam es dann, vom Unterdorf1 ausgehend, unter großer Beteiligung der Bevölkerung2 zu einem schönen Karnevalszug, den Dietzen Pitt als stolzer Reiter in Heroldstracht begleitete. Die Kosten wurden mit dem Überschuss aus einer vorausgegangenen Kappensitzung in der Gastwirtschaft Otten und einer Sammlung bei den Schaulustigen rechts und links des Zuges bestritten.
Der Karnevalszug setzte sich aus vielen verschiedenen Gruppen zusammen, darunter eine „Landsturmtruppe“, angeführt von einem “Hauptmann Mister Bote“, der auf einem Esel ritt. Eine weitere Gruppe nannte sich “Zukünftiger Stadtrat”, ausgehend von der damaligen Diskussion um ein Gymnasium in Hermeskeil3. Außerdem nahmen eine als “Hermeskeiler Flugwoche” und eine als “Bierkönig”4 auftretende Gruppe am ersten Hermeskeiler Karnevalszug teil. Die Gruppe, die sich “Zigeunerplage” nannte (vielleicht weil aus Sicht der Hermeskeiler eine solche damals aktuell war), dürfte wohl heutzutage nicht mehr an einem Karnevalszug teilnehmen - zumindest nicht unter diesem Namen.
Für Musik sorgte die damals bekannte Musikkapelle Düpre, die die Karnevalisten für 20 Mark engagiert hatten. Die dicke Trommel schlug ein Mann namens Schmitt, der in Hermeskeil als „Upel“ bekannt war. Auch ein als berittener Polizist mit Pickelhaube verkleideter Hermeskeiler nahm am ersten Karnevalszug teil. Dabei handelte es sich um den Spediteur Nikolaus Pernack, genannt Pernacks Kloos.
Unser Archivfoto zeigt die Aufstellung zum ersten Hermeskeiler Karnevalszug 1913 in der unteren Bahnhofstraße (heute Trierer Straße) vor den damaligen Häusern Bäckerei Krautloher, Möbelhaus Schuh-Eiden und Metzgerei Goldberg, etwa 100 Meter oberhalb des heutigen Kreisels. (WIL-)
Quellen: RuH Nr. 8/1963 und Nr. 8/1998
1 Als „Unterdorf“ bezeichnen die alten Hermeskeiler noch heute den Bereich links und rechts der Koblenzer Straße etwa vom Krankenhaus an abwärts.
2 Hermeskeil hatte damals etwa 2.000 Einwohner.
3 Am 8. November 1912 hatte der Gemeinderat die Errichtung einer Höheren Gemeindeschule in Hermeskeil beschlossen. Start war am 8. April 1913 mit 37 Schülern in den Klassen Sexta und Quinta im alten Gemeindehaus in der damaligen Bahnhofstraße, heute Trierer Straße, Parkplatz am ehemaligen Postamt (Festschrift „100 Jahre von der Höheren Schule zum Gymnasium Hermeskeil“ 2013). Bis zur Stadtwerdung sollte es allerdings noch 57 Jahre dauern.
4 Dieser Name wurde also keineswegs erst in jüngerer Zeit auf Mallorca geprägt.