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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 8/2024
Aus der Heimatgeschichte
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Wilde Wallfahrten (?) - Musterhafte Hochwälder - Humorlose Preußen

(Fortsetzung aus RuH Nr. 7/2024)

Der Gusenburger Pastor Bernhard Hermes führt wie viele andere katholische Priester einen konsequenten Kampf gegen die Regierung und lässt sich durch Geld- und Gefängnisstrafen nicht davon abhalten, sein Amt in der Pfarrei auszuüben. Sein vielfältiges Engagement hat RuH zuletzt in der Ausgabe Nr. 4/2021 in dem Artikel „Kulturkampf auf dem Hochwald“ gewürdigt1. Seine standhafte Haltung ist wohl auch der Hauptgrund für die „Erklärung“ in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 5. Juli 1873 gewesen, mit der er und der Hermeskeiler Kaplan sich bei der Regierung keine Freunde gemacht haben.

Und so hat die Wallfahrt der Hochwälder Geistlichen, die Anfang Juni 1873 nach Trier St. Matthias gegangen ist, Folgen: Beide werden schon am 8. Juli 1873 vom Polizeigericht Hermeskeil zu je fünf Talern Strafe verurteilt, weil sie keine vorherige Genehmigung eingeholt haben2. Wegen Unzuständigkeit des Hermeskeiler Gerichts hebt das Trierer Zuchtpolizeigericht das Urteil gegen Pfarrer Hermes am 25. Oktober 1873 zwar auf3. Doch der wackere Gusenburger Pastor kommt nicht ungeschoren davon, denn das Gericht brummt ihm am 26. Januar 1874 den doppelten Betrag - zehn Taler - auf. Schon drei Monate vorher ist er „wegen Beleidigung der Freimaurer“ zu acht Tagen Gefängnis verurteilt worden4. Die hat er auch tatsächlich abgesessen, wie man aus einem weiteren Artikel in der katholischen Deutschen Reichs-Zeitung5 erfährt:

Zum Kulturkampfe liefert die „Trierische Volkszeitung“ folgenden, auch für den „Witz" der„liberalen“ Blätter bezeichnenden Beitrag:

„Vor Kurzem wurde der Herr Pastor von Gusenburg, als er seine achttägige Gefängnißstrafe hierselbst verbüßte, mit einem unfreiwillig außer Dienst gesetzten, sogenannten wilden Dienstmann R. M.tz. Von hier in ein und dieselbe Zelle eingeschlossen. Wie uns nun von glaubwürdiger Seite mitgetheilt wird, beschwerte sich der Herr Pastor an geeigneter Stelle, daß man ihn mit einem solchen Menschen zusammengelegt habe, der ja noch wilder sei, wie der wildeste Dienstmann. Es wurde ihm unterdeß der Bescheid zu Theil, daß man eben geglaubt habe, Seine Hochwürden vermöchten durch ihre Beredtsamkeit und Menschenliebe auf diesen Menschen zu wirken und ihn vollständig zu bekehren und zu bessern, und man bedaure sehr, daß er nichts ausgerichtet habe. Da, so viel uns wenigstens bekannt, die Stelle eines Gefängnißgeistlichen noch nicht besetzt ist, so möchte es wohl gerathen erscheinen, bei den vielen renitenten Herren Geistlichen, welche Strafen abzusitzen haben, es zu versuchen, dieselben mit scheinbar unverbesserlichen Subjekten zusammenzulegen und dann demjenigen, der ein solches Subjekt bekehrt, die fragliche Stelle auf Lebenszeit zu übertragen, natürlich mit entsprechendem Auskommen.“

So weit sind also unsere „Kulturkämpfer“ schon, daß sie unverfroren ihre Freude darüber aussprechen, wenn geistliche Herren, die um ihres Gewissens willen leiden, von rücksichtslosen Gefängnißbehörden mit allerlei Gesindel zusammengekoppelt werden. Es ist das zugleich ein Beitrag zum preußischen Gefängnißwesen.

Am 19. März 1875 folgt die nächste Verurteilung durch das Trierer Zuchtpolizeigericht. Weil Pfarrer Hermes es hatte geschehen lassen, daß der ‚gesperrte‘ Geistliche Wald aus Sesbach in der Pfarrkirche zu Gusenburg Amtshandlungen vorgenommen“ hat, wird ihm eine Geldbuße von 150 Mark auferlegt.6

Das alles hat Bernhard Hermes nicht beeindruckt, sodass die Regierung auch ihn am 20. September 1875 „gesperrt“ hat7. Doch das hält den aufrechten Kirchenmann nicht davon ab, weiter, wenn auch vielleicht eingeschränkt, seinen Dienst zu verrichten. So verurteilt ihn das Zuchtpolizeigericht Trier am 14. Januar 1876 „wegen Vornahme maigesetzlicher8 geistlicher Amtshandlungen“ zu „300 Mark ev. 3 Monate Gefängniß“9.

Eine Kuriosität in unmittelbarer Nachbarschaft bildet die Deutsche Reichs-Zeitung in ihrer Ausgabe vom 31. März 1876 ab, als sie schreibt:

Von der Oldenburg-Birkenfeldischen Grenze, 27. März. In der zweiten Hälfte des Monates Februar wurde der Succursal-Pfarrer Herr N. Paquet zu Otzenhausen von der Königlichen Regierung zu Trier gesperrt und ihm alle Amtshandlungen in der Pfarrei untersagt. Zu letzterer gehört aber noch ein Oldenburgisch-Birkenfeldisches Dorf Namens Schwarzenbach. Der Oldenburgische Bürgermeister, dem dies Dorf untersteht, glaubte auch nun seinerseits für gedachten Ort die Sperre effectiv machen zu müssen, wurde aber von der Großherzoglichen Regierung, an die sich Pfarrer P. mittlerweile gewandt, desavouirt, und dem gedachten Pfarrer volle und unbeschränkte Freiheit gewährt, in dem genannten Dorfe seines Amtes zu walten.

Die allgemeine Situation im Hochwald zu dieser Zeit beschreibt die Zeitung weiter:

Da nun auch für die benachbarten Pfarreien Nonnweiler, Wadrill, Gusenburg die Sperre eingetreten ist, Reinsfeld schon über 1 Jahr durch den Tod seines Pfarrers vacant ist, so ist also ein ganzer Bezirk, so zu sagen ein großer Theil der westlichen Abdachung des Hochwaldes beinahe ohne Seelsorge. Da spreche noch Jemand von der Milde, womit die Maigesetze durchgeführt werden!!

Doch die Gusenburger Katholiken - und das sind zu jener Zeit vermutlich alle Einwohner des Dorfes - haben selbst als er nicht mehr in Gusenburg wirkt, fest zu „ihrem Pastor“ gehalten, wie man am 14. Februar 1881 aus dem Düsseldorfer Volksblatt erfährt:

Bernkastel. In der „Tr. Landesz." liest man: Die Bewohner der Gegend von Hermeskeil können stolz auf die Angehörigen der Pfarrei Gusenburg sein. Vor kurzem erzählte ein Mann aus der Pfarrei in einer hiesigen Gesellschaft, daß sie ihrem ausgewiesenen Herrn Pastor noch sein ganzes Gehalt nachschickten. Als dem Manne bemerkt wurde,er würde ihnen doch keine Dienste thun, fuhr derselbe entrüstet auf und sagte: „Was, er ist und bleibt unser Herr Pastor, so lange er lebt, und wo er auch immer lebt! Wir geben ihm sein Gehalt." Der gute, brave Mann glaubte, er sei in einer Gesellschaft Liberaler; aber zu seiner größten Freude war es nicht so, man verstand des Mannes Ernst und wünschte ihm Glück zu einer solchen That. Mit gestärktem Mute ging dieser gute, brave Katholik zu den Seinigen nach Hause. Obiges möge zum Beispiel dienen, besonders in den Pfarreien, in welchen noch Geistliche sind, und der Eine oder der Andere den Gehaltsbeitrag für den Pfarrer nicht geben will.

Bernhard Hermes hält in der Silvesternacht 1875 seine letzte Messe in Gusenburg. Er stirbt 1881 in Tettingen bei Perl im Alter von nur 50 Jahren10. (WIL-)

(Ende)


1 Nachzulesen im Online-Archiv der WITTICH Medien KG, das Sie auch über unsere Internetseite ruh-online.de erreichen.

2 Bonner Zeitung vom 19. Juli 1873

3 Deutsche Reichs-Zeitung vom 31.10.1873

4 s. FN 3

5 Deutsche Reichs-Zeitung vom 11.02.1874

6 Deutsche Reichs-Zeitung vom 28.03.1875

7 Deutsche Reichs-Zeitung vom 23.09.1875

8 Als Maigesetze werden während des Kulturkampfs im Deutschen Kaiserreich erlassene kirchenpolitische Gesetze bezeichnet. Ihr Name geht darauf zurück, dass sie im Mai der Jahre 1873, 1874 und 1875 verabschiedet worden sind. (wikipedia)

9 Deutsche Reichs-Zeitung vom 18.01.1876

10 RuH Nr. 19/2022 „Zwei Pfarrer als Namensgeber in Gusenburg“