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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 9/2024
Aus dem Gerichtssaal
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Wem soll man nun glauben?

Wenn Ehen oder Beziehungen im Streit enden, ist das meistens „unschön“. Ein gutes Beispiel dafür ist der Fall eines kurz vor der Scheidung stehenden Ehepaars, das sich nur noch vor Gericht trifft. Neulich ist er wegen Körperverletzung angeklagt gewesen, weil sie bei der Polizei angegeben hatte, dass er sie mehrmals schwer misshandelt haben soll. Vor Gericht hat sie dann aber wohl „kalte Füße“ bekommen und von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht; er hat die angeblichen Taten bestritten. Der Prozess endete folglich mit einem Freispruch. Diesmal sitzt sie neben ihrer Verteidigerin auf der Anklagebank.

Doch nicht der Noch-Ehemann, sondern seine Eltern haben sie angezeigt, und zwar wegen Betrugs. Angeblich hat sie im Internet Kleidung und ein iPhone bestellt und als Rechnungsadressaten ihre Schwiegereltern angegeben. Die Verteidigerin gibt für die Angeklagte, die selbst nichts sagen will, eine Erklärung ab, in der die Vorwürfe bestritten werden. Die Kleider habe ihr Mann für sie bestellt, aber weil er selbst angeblich im Internet nichts auf Rechnung kaufen kann - ein Grund dafür wird nicht genannt -, soll er die Namen seiner Eltern benutzt haben. Sie habe überhaupt keinen Zugang zum E-Mail-Konto ihres Mannes gehabt. Von dem iPhone, das sie bestellt haben soll, hat sie angeblich erst durch die Polizei erfahren, die mit einem Durchsuchungsbeschluss vor ihrer Tür gestanden, es bei ihr aber nicht gefunden hat. Das sei auch gar nicht möglich gewesen, weil ihr Mann es bei ebay verkauft habe. Der habe im Übrigen öfter Dinge auf andere Namen bestellt.

Richterin Buchenberger weist darauf hin, dass laut DHL-Beleg das iPhone „an die Empfängerin ...“ zugestellt worden ist. Auf dem Beleg ist auch mit den Nachnamen unterschrieben. Hierzu erklärt die Verteidigerin, dass die Angeklagte nie nur mit dem Nachnamen, sondern immer auch mit dem Vornamen unterschreibt.

Die Schwiegermutter ist aus allen Wolken gefallen, als sie eine Mahnung wegen des iPhones bekommen hat. Weil auf der Rechnung auch der Name der Angeklagten steht, hat sie Anzeige gegen diese erstattet. Sie sagt im Zeugenstand auch, dass ihr Sohn nie etwas über sie bestellt hat. Wenn, dann habe sie selbst für ihren Sohn bestellt und bezahlt. Ob er mal Zahlungsprobleme gehabt habe, weiß sie nicht. Mit den an ihn gerichteten Mahnungen der Bekleidungsfirma hat der Schwiegervater, der ebenfalls als Zeuge befragt wird, nichts anfangen können. „Es war keine Herrenbekleidung und die Größe konnte ich auch nicht meiner Frau zuordnen“, sagt er. Auch er gibt an, dass sein Sohn nie etwas einfach so auf seinen Namen bestellt hat, ohne das vorher abzusprechen.

Auch der Auftritt des Noch-Ehemanns als Zeuge bringt kein Licht ins Dunkel. Er sagt, dass er von dem Ganzen erst etwas mitbekommen habe, als seine Eltern ihn darauf angesprochen hätten. Jedenfalls habe er definitiv weder die Kleidung noch das Handy bestellt. Es sei auch schon Jahre her, dass er mal was bei ebay verkauft habe. Nach dem Auszug seiner Frau aus der gemeinsamen Wohnung habe er leere Kartons gefunden, in denen die Kleidungsstücke geliefert worden seien. Seine Frau habe den vollen Zugriff auf sein Laptop gehabt habe, weil er ja tagsüber nicht zuhause gewesen sei, erklärt er auf Frage von Richterin Buchenberger, die ihn am Ende bittet, auf einem Blatt Papier zu unterschreiben, um die Unterschrift mit derjenigen auf dem DHL-Beleg zu vergleichen. „Sie müssen nicht“, sagt sie, doch er winkt ab: „Alles gut.“ Der Vergleich ergibt aber offenbar keine für Laien erkennbare Übereinstimmung.

Nachdem der Zeuge entlassen ist, erinnert die Richterin an das frühere Verfahren, in dem er freigesprochen worden ist. Dort ging es außer dem Vorwurf der Körperverletzung auch um die Frage, ob der Mann möglicherweise Kabel-TV-Verträge und Handyverträge auf fremde Namen abgeschlossen hat. Insoweit hat sie damals trotz erheblicher Zweifel das Verfahren eingestellt. „Es wäre also vielleicht nicht das erste Mal“, meint sie nun und will nicht ausschließen, dass der Mann auch das iPhone in Empfang genommen hat. Deshalb fasst sie den Beschluss, das Verfahren auszusetzen und beim Landeskriminalamt ein Unterschriftsgutachten einzuholen, auch wenn der Staatsanwalt - im Gegensatz zur Verteidigerin der Angeklagten - das „nicht für sinnvoll“ hält.#

So werden sich die Frau und der Mann - dann wahrscheinlich geschieden - wohl irgendwann noch einmal vor Gericht wiedersehen.