Liebe Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer,
das Land Rheinland-Pfalz hat mit Gesetz vom 05.05.2020 die grundsätzliche flächendeckende Einführung des wiederkehrenden Straßenausbaubeitrages beschlossen.
Dies bedeutet, dass Gemeinde und Städte, die noch einmalige Straßenausbaubeiträge erheben, im Rahmen einer Übergangsfrist, welche mit Ablauf des 31.12.2023 endet, auf den wiederkehrenden Beitrag umstellen müssen.
Mit der verpflichtenden Einführung von wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen möchte der Landesgesetzgeber der vielfach als unzumutbar empfundenen hohen Beitragsbelastung durch Einmalbeiträge entgegenwirken. Beim wiederkehrenden Beitrag werden im Gegensatz zum Einmalbeitrag, wo nur die Anlieger der jeweils ausgebauten Straße zahlen müssen, alle Grundstückseigentümer innerhalb der bebauten Ortslage der jeweiligen Abrechnungseinheit in die Abrechnung mit einbezogen. Der Kreis der Beitragspflichtigen erhöht sich dadurch, was letztendlich zu einer deutlich niedrigeren Beitragsbelastung führt und laut Auffassung des Gesetzgebers solidarisch ist.
Aufgrund dessen wurde am 12.01.2021 die Satzung der Stadt Gau-Algesheim zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen verabschiedet (siehe Homepage Verbandsgemeinde Gau-Algesheim / Gemeinden / Satzungen).
Da dieses Jahr die erste Abrechnung erfolgen wird verweisen wir noch einmal auf die nachfolgenden „Erläuterungen zum wiederkehrenden Beitrag“:
In der folgenden Gegenüberstellung sind noch einmal die wesentlichsten Unterschiede zwischen dem wiederkehrenden Ausbaubeitrag („wkB“) sowie der Erhebung des einmaligen Ausbaubeitrages dargestellt:
1.Was versteht man unter dem wiederkehrenden Beitrag?
Beim wiederkehrenden Beitrag verschmelzen alle Verkehrsanlagen innerhalb einer Abrechnungseinheit zu einer einzigen Verkehrsanlage, so dass alle Eigentümer und alle Erbbauberechtigten von Grundstücken Ausbaubeiträge zu zahlen haben, die durch das Straßennetz in seiner Gesamtheit innerhalb der Abrechnungseinheit erschlossen werden, unabhängig davon, ob an der konkreten Verkehrsanlage Straßenausbaumaßnahmen durchgeführt werden oder nicht. Daher kommt es zu einer signifikanten Absenkung der Beitragshöhe im Vergleich zum Einmalbeitrag, da der Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke erweitert wird und in der Konsequenz die Beitragsbelastung pro m2 Grundstücksfläche sinkt. Andererseits kann es allerdings auch dazu kommen, dass ein beitragspflichtiger Grundstückseigentümer jahrelang für den Ausbau anderer Straßen in der Abrechnungseinheit zu wiederkehrenden Beiträgen herangezogen wird, die „eigene“ Straße aber keine Ausbaumaßnahme erfährt.
2. Was versteht man unter Abrechnungseinheiten / Abrechnungsgebieten?
Ein Abrechnungsgebiet kann ein gesamtes Gemeindegebiet oder aber einzelne Teile einer Gemeinde sein. Dies kann nicht willkürlich gewählt werden, sondern ist von der Struktur einer Gemeinde abhängig. Aufgrund der bislang ergangenen Rechtsprechung ist die Abrechnungseinheit nicht automatisch mit dem Stadtgebiet gleichzusetzen. Nach den einschlägigen Gerichtsurteilen wird das Stadtgebiet aufgrund der Bahnlinie, der L428, die als Landesstraße nicht zum Ausbau bestimmt ist und durch den durch den Außenbereich geteilten Stadtteil in mehrere Abrechnungseinheiten eingeteilt. Das gesamte Gebiet der Stadt zu einer Abrechnungseinheit zusammenzufassen, wie dies bei kleineren Kommunen möglich ist, die aus einem zusammenhängenden Ortsteil bestehen, scheidet aufgrund der Rechtsprechung aus.
Hiernach ergeben sich für das Stadtgebiet folgende Abgrenzungsgebiete:
• AG 1: Stadtkern
• AG 2: Laurenziberg
• AG 3: Gau-Algesheim Nord
• AG 4: Gewerbegebiet an der L428
3. Wie wird der wiederkehrende Beitrag für mein Grundstück berechnet?
Zunächst wird ein Beitragssatz pro m² gewichteter Grundstücksfläche ermittelt (Beispiel: 500m² Grundstücksfläche x 20% Vollgeschosszuschlag = 600m² x Beitragssatz = zuzahlender Beitrag).
Die umlagefähigen Kosten der Straßenbaumaßnahme innerhalb eines der Abrechnungsgebiete abzüglich des Stadtanteils ergeben die beitragsfähigen Kosten. Diese beitragsfähigen Kosten werden durch die Summe der beitragspflichtigen Grundstücksflächen aller Grundstücke eines Abrechnungsgebietes geteilt und ergeben einen Beitragssatz pro m² beitragspflichtiger Grundstücksfläche.
Dieser Beitragssatz wird anschließend mit der beitragspflichtigen Grundstücksfläche multipliziert. Man erhält als Ergebnis die Beitragslast für die jeweilige Straßenausbaumaßnahme bezogen auf das beitragspflichtige Grundstück.
4. Wie ist der wiederkehrende Beitrag zu zahlen?
Der Beitragsanspruch entsteht mit Ablauf des 31. Dezembers für das abgelaufene Jahr. Sprich, im darauffolgenden Jahr, können die Investitionskosten für Beitragsmaßnamen umgelegt werden.
5. Muss ich jedes Jahr wiederkehrende Straßenausbaubeiträge bezahlen?
Nein! Ich bezahle nur wiederkehrende Straßenausbaubeiträge, wenn in der Abrechnungseinheit, in der mein Grundstück liegt, im Kalenderjahr auch tatsächlich Ausbaumaßnahmen durchgeführt werden und hierfür Kosten in Rechnung gestellt werden. Der wkB ist für die Kommunen keine „Spardose“, in der Beiträge für zukünftige Straßenausbaumaßnahmen gesammelt werden können (keine Maßnahme keine Kosten kein wkB).
6. Ist die Höhe des wkB jedes Jahr gleich?
Nein! Die Höhe des wkB errechnet sich in jedem Jahr neu. Diese ist zum einen abhängig von den Kosten, die in einem Jahr innerhalb eines Abrechnungsgebietes anfallen und andererseits von der Summe der beitragspflichtigen Grundstücksflächen (z. B. Wegfall von Artzuschlägen, Grundstücke die aus der Verschonung kommen; Begriff „Verschonung“ siehe Ziffer 7).
7. Ich habe vor wenigen Jahren bereits Erschließungs- oder Ausbaubeiträge gezahlt. Muss ich trotzdem wiederkehrende Beiträge zahlen?
Die Stadt hat die Möglichkeit, Grundstücke, die in den letzten Jahren zu Erschließungsbeiträgen, Ausbaubeiträgen oder Ausgleichsbeiträgen nach BauGB (Sanierungs-, bzw. Entwicklungsgebiet) herangezogen wurden, von der Entrichtung wiederkehrender Ausbaubeiträge zu verschonen. Die gesetzlich vorgeschriebene Höchstdauer wird in der Satzung festgelegt.
8. Kann der wkB auf die Mieter umgelegt werden?
Nein! Nach der z.Zt. herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung kann der wkB nicht auf die Mieter umgelegt werden.
9. Ich bin Anlieger an einer klassifizierten Straße (Bundes-, Landes- oder Kreisstraße). Muss ich bei einer Umstellung vom Einmalbeitrag auf den wkb weiterhin nur für den Ausbau der Nebenanlagen (Gehweg und Beleuchtung) Beiträge zahlen?
Nein! Dies liegt daran, dass sich der beitragsrelevante Vorteil nicht mehr an der einzelnen Straße orientiert, sondern am gesamten Straßennetz im Abrechnungsgebiet.
10. Wenn die Straße, an der mein Grundstück liegt, ausgebaut wird, werde ich dann nochmals zu zusätzlichen Straßenausbaubeiträgen herangezogen?
Nein. Diese Maßnahme wird dann -nach Abzug des Stadtanteils- ebenfalls und ausschließlich über den wkB refinanziert.
11. Werden die Straßenbaukosten vollständig auf die Grundstückseigentümer umgelegt?
Nein! Ein Teil der Straßenbaukosten wird als sog. Gemeindeanteil vorab in Abzug gebracht. Die verbleibenden Kosten werden bei beiden Beitragserhebungsvarianten nach Abzug des Gemeindeanteils auf die Beitragspflichtigen umgelegt.
12. Muss ich als Teileigentümer eines Grundstücks bzw. Eigentümer einer Eigentumswohnung für das ganze Grundstück Ausbaubeiträge zahlen?
Nein! Bei der Beitragsveranlagung werden sämtliche Eigentümer nicht für die gesamte Fläche eines Grundstückes, sondern lediglich in Höhe ihres Miteigentumsanteils lt. Grundbuch an dem Grundstück veranlagt. Dies ist in den Bescheiden auch so ersichtlich.
13. Muss ich als Grundstückseigentümer in einem Abrechnungsgebiet auch für die Erschließung eines Neubaugebietes oder für Unterhaltungsmaßnahmen mitbezahlen?
Nein! Hier ist zunächst zwischen Erschließung und Ausbau zu unterscheiden. Bei einer erstmaligen Herstellung einer Straße handelt es sich um eine Erschließung, wofür Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch gezahlt werden müssen.
Beim Ausbaubeitrag werden Beiträge für die Erneuerung, Erweiterung, Verbesserung oder dem Umbau einer bereits erstmalig hergestellten Straße gezahlt.
Kosten für die Unterhaltung von Straßen sind von der Stadt zu tragen, z. B. Ausbesserungen von Schlaglöchern, Austausch einer defekten Straßenlampe.
14. Welche Verteilungsmaßstäbe gibt es?
In Rheinland-Pfalz werden in der kommunalen Praxis im Wesentlichen zwei Beitragsmaßstäbe verwandt und zwar:
- Vollgeschossmaßstab (Grundstücksgröße mit Zuschlägen oder Nutzungsfaktoren für Vollgeschosse)
- Geschossflächenmaßstab (zulässige Geschossfläche).
Weiterhin sieht das Kommunalabgabengesetz einen Artzuschlag für gewerblich oder in ähnlicher Weise genutzte Grundstücke vor.
Die Verteilungsmaßstäbe werden nach
- der Grundstücksgröße - dem Maß der baulichen Nutzbarkeit (Vollgeschosse, Geschossfläche) und - der Art der Nutzung (Wohnen / Gewerbe)
festgelegt.
Die Stadt muss den Maßstab der Nutzung in der Satzung festlegen.
15. Wofür wird der Artzuschlag berechnet?
Grundstücke, die in einem Industrie- oder Gewerbegebiet liegen oder die ausschließlich gewerblich genutzten Grundstücke in sonstigen Baugebieten werden mit einem Zuschlag belastet. Grundstücke die teilweise gewerblich genutzt werden, erhalten ebenfalls einen Zuschlag. Dieser Zuschlag ist jedoch geringer als für die ausschließlich gewerblich genutzten Grundstücke. Grund hierfür ist die typisierte höhere bzw. tlw. höhere Nutzung der Straße gegenüber der einfachen Wohnnutzung. Die Zuschlagshöhen werden in der Satzung festgelegt.
16. Was ist eine Tiefenbegrenzung?
Die Tiefenbegrenzung ist eine Abgrenzung von Innen- zum Außenbereich bei einem beitragspflichtigen Grundstück. Sie muss von der Stadt in ihrer Satzung festgelegt werden. Der Grundstücksteil, der hinter der Tiefenbegrenzung liegt, wird bei der Berechnung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche nicht einbezogen. Grundstücke, die über die Tiefenbegrenzung hinaus tatsächlich bebaut sind, werden bis zur Grenze des bebauten Teils beitragspflichtig. Liegt das Grundstück innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans findet die Tiefenbegrenzung keine Anwendung.
17. Was verstehe ich unter dem Notwegerecht?
Aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit und der gleichmäßigen Verteilung der Kosten der gemeinschaftlichen Straßenanlage im Beitragsrecht, werden bebaute Grundstücke die nicht unmittelbar an die beitragsfähige Straßenanlage angrenzen, aber auf diese eine Zufahrt/Zugang haben und somit die Straße nutzen können, auch veranlagt (OVG RP, Urteil vom 05.09.2023, 6 C 10098/23).
18. Wer sind meine Ansprechpartner im Rathaus?
Für Beitragsfragen ist Ansprechpartner:
Frau Tanja May, Telefon: 06725/910-150;
E-Mail: Tanja.May@vg-gau-algesheim.de
Frau Lena Hattemer Telefon 06725/910-181;
E-Mail: Lena.Hattemer@vg-gau-algesheim.de
Herr Christian Fürst, Telefon 06725/910-115;
E-Mail: Christian.Fuerst@vg-gau-algesheim.de