Einleitung, Vorwort und Ziel
Mit einer Erhaltungs- und Gestaltungssatzung werden sowohl der Erhalt als auch die Gestaltung von ortsbildprägenden Gebäuden festgesetzt und geregelt. Dabei handelt es sich bei Gebäuden um die Dachformen, Fassadengliederungen und Materialien, bei Grundstücken um die Einfriedungen und Begrünungen sowie um Werbeanlagen. Die Erhaltungs- und Gestaltungssatzung gibt den gestalterischen Rahmen vor, in dem sich Neubauten einzufügen haben und gibt rahmensetzende Vorgaben, die sich aus den ortsbildprägenden Gestaltungsstrukturen ableiten. Sie beinhaltet präzise Vorgaben für die Gestaltung baulicher Angaben, die im Interesse eines harmonischen städtebaulichen und architektonischen Gesamtbildes liegen.
Ziel und Zweck ist es, die historischen städtebaulichen Werte, die Bau- und Raumstrukturen sowie die Erhaltung von Straßenfluchten, räumlichen Platzbegrenzungen und Einzelgebäuden zu sichern. Vorhandene Gestaltungsmängel sollen im Zuge baulicher Maßnahmen im Sinne dieser Satzung beseitigt und durch geeignete Lösungen ersetzt werden.
1.1 Geltungsbereich
Räumlicher Geltungsbereich:
Der räumliche Geltungsbereich umfasst den Ortskern von Engelstadt mit dem im Übersichtsplan rot gekennzeichneten Gebiet.
Sachlicher Geltungsbereich:
Der sachliche Geltungsbereich umfasst genehmigungsbedürftige und nichtgenehmigungsbedürftige Vorhaben nach § 61 der Landesbauordnung bei Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Abbruch baulicher Anlagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Absatz 1 der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz (LBauO). Er gilt auch für Teile baulicher Anlagen sowie für die Gestaltung privater Freiflächen im öffentlich sichtbaren Bereich sowie für Stützmauern und Einfriedungen. Ebenso umfasst er die Errichtung und Änderung von baugenehmigungsfreien Vorhaben nach § 62 Landesbauordnung Rheinland-Pfalz (LBauO).
Grundsätzlich gilt bei baulichen Maßnahmen § 34 Baugesetzbuch (BauGB), der die Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile regelt. Es wird empfohlen vor einer Baumassnahme eine Bauvoranfrage zu stellen. Im Einzelfall können durch einen Bebauungsplan andere Festsetzungen getroffen werden. Die Bestimmungen des Denkmalschutzes bleiben von dieser Satzung unberührt. Alle Maßnahmen an Denkmälern und deren Umgebung (§4 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz) sind gemäß §13 Denkmalschutzgesetz genehmigungspflichtig.
1.2 Bautradition in Engelstadt
Die regionale Bautradition gibt jeder Landschaft ihren eigenen Charakter. Es wurden meist Materialien gewählt, die vor Ort waren oder auf kurzem Weg zur Verfügung standen. Jedes Haus ist ein unverwechselbares Bauwerk, die Detailgestaltungen von Türen, Fenstern, Fachwerk und Gesimsen machten aus jedem Gebäude ein Unikat.
Mit der Verfügbarkeit nahezu aller Baustoffe und Materialien in den heutigen Baumärkten ging die Bautradition zunehmend verloren. Durch diese Entwicklung werden regionaltypische Bauformen und Materialien sowie die Eigenheiten und Besonderheiten einer Region immer weiter verdrängt und die Identität der ursprünglichen Baukultur geht mehr und mehr verloren.
Die Rückbesinnung auf historische Bauformen und Stilmerkmale verlangt, dass wir uns intensiver mit unserer gebauten Heimat und unserem Lebensstil beschäftigen. Auch wenn schon viele Besonderheiten unseres schönen Dorfes im Laufe der Jahre verloren gegangen sind, können wir in Zukunft wieder mehr auf die Bewahrung und bewusste Gestaltung achten.
Mit dieser Erhaltungs- und Gestaltungssatzung können wir eine Vielfalt in der Gleichartigkeit schaffen. Sie soll uns helfen mit gezielten Maßnahmen im Rahmen von Umbau und Sanierung, Wiederaufbau, Neubauten und Lückenschließung ein unverwechselbares Dorf zu gestalten, das jedem das Gefühl gibt, in Engelstadt - und nur in Engelstadt - zu sein.
2.1 Städtebauliche Merkmale
Dörfer entwickelten sich früher anhand von Höhenlinien, Hangkanten oder Bachläufen. Vorgegebene Strukturen, wie Bebauungspläne gab es nicht. Vorhandene Wege gaben die Richtung der Bebauung vor oder man baute direkt an das Nachbargebäude an. Umbauten, Anbauten und Erweiterungen sorgten für gliedernde und den Straßenraum prägende Vor- und Rücksprünge. Diese kleinteilige Struktur entwickelte in jedem Dorf ihren eigenen Charme und machte es unverwechselbar. Auch in Engelstadt soll dieser Charakter erhalten bleiben und bei Um- und Neubauten sowie bei zukünftigen Sanierungsmaßnahmen berücksichtigt und aufgegriffen werden.
Die historische Situation des Straßenraums soll bei allen Um- und Neubauten berücksichtigt werden, eine Neubebauung soll sich an der ursprünglichen Straßenflucht orientieren. Der Maßstab und die Kleinteiligkeit der historischen Bebauung soll aufgegriffen, bewahrt und architektonisch umgesetzt werden.
Festsetzung:
(1) Der historische Straßenverlauf sowie die Straßenfluchten und Raumkanten der historischen Bebauung sind bei allen Neubauten oder baulichen Veränderungen zu beachten und zu erhalten.
(2) Eine zeitgemäße architektonische Umsetzung der gewachsenen, geschlossenen Baustruktur ist anzustreben.
2.2 Baustruktur
Durch die individuelle Ausprägung der früheren Häuser und Höfe waren auf den Dörfern Straßennamen und Hausnummern meist überflüssig. Die Gebäude waren dicht aneinander gebaut und trotzdem in der Eigentumsstruktur klar abzulesen. In Engelstadt prägen meist zweigeschossige traufständige Gebäude die Straßenfront. Oft schließt ein Querbau an die straßenseitigen Wohnhäuser an. Lücken in der Straßenfront sind durch überdachte Toranlagen und Einfassungsmauern geschlossen.
Die heutigen Ansprüche an Belichtung, Brandschutz, Parkraum und andere Wohn- und Arbeitsbedingungen sind in diesen gewachsenen Strukturen manchmal nur schwer zu erfüllen. Trotzdem sind hier architektonisch anspruchsvolle Lösungen und moderne Interpretationen der alten Strukturen gefordert.
Festsetzung:
(1) Die historisch gewachsene Baustruktur soll im Straßenbild ablesbar bleiben und ist bei allen baulichen Maßnahmen zu beachten. Vor- und Rücksprünge sollen dem Bestand entsprechen.
(2) Bei der Schließung von Baulücken sind die Raumkanten und die Gebäudestellung aufzunehmen. Die überlieferte Parzellenstruktur ist beizubehalten. Ausnahmen sind zulässig, wenn die Anforderungen an moderne Wohn- und Arbeitsverhältnisse, Belichtung, Belüftung und Brandschutz dies erfordern.
(3) Jedes Einzelgebäude soll für sich als Gebäude klar in Erscheinung treten, benachbarte Einzelkörper dürfen weder in der Fassade noch im Dach zusammengezogen werden. Von Abstands- und Belichtungsregelungen kann abgewichen werden, wenn es den Zielen dieser Satzung entspricht. Die vorhandene städtebauliche Struktur und die ortstypische Bauweise sollen dabei gewahrt werden.
2.3 Proportion und Bauvolumen
Historische Gebäude weisen meist schlichte Bauformen mit einfachen rechteckigen Grundrissen und zweigeschossige Bauweise auf. Um die Angriffsfläche für Wind und Wetter zu minimieren, baute man dicht aneinander. Alle Gebäude wurden durch einfache Sattel- und Pultdächer geschützt.
Die Bautradition soll auch bei Um- und Neubauten eingehalten werden. Nebengebäude sollen sich dem Haupthaus unterordnen, einfache und klare Grundrisse sollen bevorzugt werden. Auf verwinkelte und komplizierte Baukörper soll verzichtet werden.
Festsetzung:
(1) Bei allen Baumaßnahmen sollen die Gebäude nicht durch Vor- oder Rücksprünge zergliedert werden. Sie sind so zu gestalten, dass ein kompakter Baukörper in länglicher Grundform erkennbar ist (siehe auch Luftbild rechts).
(2) Private Gebäude sind in Höhe und Größe dem Bauvolumen historischer Sonderbauten und öffentlicher Gebäude unterzuordnen (hierarchische Ordnung der Baukörper).
(3) Hauptgebäude dürfen über dem Erdgeschoss maximal ein Obergeschoss und ein Dachgeschoss haben. Anbauten, Nebengebäude und Anlagen sind in Form und Größe dem Hauptbau unterzuordnen, d.h. mit ausreichendem Abstand zu Gebäudeecken, Traufkanten und First.
(4) Anfügungen am Gebäude wie Balkone, Loggien, Wintergärten etc. sind zur Straßenseite hin unzulässig und an untergeordneten Fassaden (vom öffentlichen Raum nicht einzusehen) anzubringen.
3.1 Gliederung und Maßstab
Die Öffnungen hatten stehende Formate (siehe Foto rechts). Dies war konstruktionsbedingt, denn ein liegendes Format benötigt einen aufwendigen Sturz, um die Last der darüber liegenden Wand abzufangen. Die Form und Anordnung der Wandöffnungen bestimmen den Charakter und das Erscheinungsbild eines Hauses. Eine gleichmäßige und symmetrische Verteilung der Wandöffnungen bewirkt Harmonie. So sind bei historischen Gebäuden die Fenster des oberen Geschosses in der Regel über denen des unteren Geschosses angeordnet. Insbesondere bei den Giebelseiten ist eine regelmäßige Anordnung der Wandöffnungen wichtig, um dem Haus ein „Gesicht“ zu geben.
Aus Kostengründen wurden die Häuser früher oft nur teilweise unterkellert und hatten massive Natursteinsockel als Fundament. Sie dienten dazu, die Putzfassaden vor aufsteigender Feuchtigkeit zu schützen und Spritzwasser und Schmutz abzuhalten.
Die verputzten Fassaden der Häuser sind meist schlicht ausgeführt und werden entweder durch konstruktives Fachwerk oder durch die Fensteröffnungen, die mit Gesimsen oder Faschen eingerahmt sind, gegliedert.
Klar gegliederte Fassaden mit erkennbaren Achsen schaffen Harmonie. Die Wahl stehender Formate bei Fenster- und Türöffnungen betont die Senkrechte und lässt den Baukörper schlanker erscheinen. Die Öffnungen sollen sich auf wenige Formate beschränken, die zueinander im Verhältnis stehen. Zum harmonischen Gesamtbild gehört die Abstimmung der Farbgebung auf die umgebende Bebauung. Farbliche Gestaltung von einzelnen Fassadenelementen setzt zusätzliche Akzente.
Festsetzung:
(1) Gebäudefassaden sind so zu gliedern, dass die Gliederungselemente klare Bezüge zueinander aufweisen. So müssen die Fenster eines Gebäudes in waagrechter Folge auf einer Höhe liegen und müssen pro Geschoss die gleiche Größe haben.
(2) Die Gesamtbreite aller Wandöffnungen soll nicht größer sein als die Hälfte der Fassadenbreite. Die Wandöffnungen müssen stehende Formate aufweisen. Liegende Formate sind zulässig, wenn sich durch eine Teilung in der Ansicht stehende Formate ergeben (Doppelfenster). Andere Fensterformate sind nur in den vom öffentlichen Raum nicht einsehbaren Fassaden zulässig. Aneinandergereihte Fenster sind durch mindestens 50 cm breite Mauerpfeiler zu trennen.
(3) Sockel sind nur als Putz- oder Natursteinsockel zulässig. Natursteinsockel sind aus ortstypischen Materialien (wie z.B. Sandstein, Muschelkalk) mit gestockter, scharrierter oder bossierter Oberfläche zu erstellen. Vorhandene Natursteinsockel müssen erhalten bleiben.
(4) Für Hauptgebäude sind nur Fassaden aus Fachwerk, unpoliertem ortstypischen Naturstein und mineralischem Putz zulässig. Putzfassaden und -sockel sind ohne modische Strukturen auszuführen. Putzflächen sind grundsätzlich nur aus Kalkzementputz oder Kalkputz als Reibeputz mit einer max. Korngröße von 3 mm herzustellen. Für Nebengebäude und Giebelverkleidungen können Holzkonstruktionen zugelassen werden. Verputztes oder verkleidetes Fachwerk soll möglichst freigelegt werden.
(5) Die farbliche Gestaltung der Fassade ist im Einvernehmen mit der Gemeinde festzulegen. Hierzu sind Farbmuster anzulegen. Fassadenmalereien sind nicht zulässig.
(6) Gliederungselemente ohne Bezug zur Konstruktion sind unzulässig (Fachwerkattrappen, vorgehängtes Fachwerk, Zierputze). Vorsprünge für Simse, Fenster-, Tür- und Torgewände sowie Rücksprünge für Laibungen von Fenster- und Türstöcken sind zulässig. Vorhandene Mauerauskragungen und vorspringende Bauteile, die historisch begründet sind, müssen bei Umbauten erhalten bzw. wiederhergestellt werden.
(7) Bei der energetischen Sanierung von Gebäuden sind Außendämmungen so anzupassen, dass die Fassade in ihrer Art erhalten bleibt. Fachwerkfassaden, Bruchstein- oder Backstein-Sichtmauerwerk sollen erhalten bleiben, wenn unbedingt notwendig muss eine Innendämmung gewählt werden. Historische Fassadenelemente wie Sandsteinfriese, Gewände, verzierte Dachgesimse und ähnliches sollen auch bei energetischen Sanierungen erhalten bleiben. In Ausnamefällen ist die Einverständniserklärung der Gemeinde einzuholen.
3.2 Fenster
Fenster gliedern und gestalten die Fassade. Um ein gleichmäßiges Erscheinungsbild der Fassade zu erreichen, sollen sich die Fenster auf wenige Formate beschränken. Bei unterschiedlichen Formaten soll ein Rastermaß zu Grunde zu gelegt werden. Größere Fenster müssen aufgeteilt werden. Das Aufreißen der Fassade durch zusammenhängende Fensterbänder zerstört das Gesamtbild der Fassade und ist unzulässig.
Festsetzung:
(1) Um die Maßstäblichkeit der bestehenden Fassadengliederung zu erhalten, müssen die Fenster und Türen in Größe, Maßverhältnis und formaler Gestaltung den überlieferten Öffnungen und deren Formaten angepasst werden. Der Anteil der Wandflächen einer Fassade soll gegenüber den Öffnungen überwiegen. Die Zusammenfassung von Öffnungen zu vertikalen oder horizontalen Fensterbändern ist nicht zulässig.
(2) Bei Neubauten bzw. Änderungen der Wandöffnungen sind die Fenster in stehendem Format auszuführen. Die Anzahl der Fensterformate soll auf wenige Formen beschränkt werden. Ab einer Glasflächenbreite von mehr als 50 cm sind Fenster mit mehreren Flügeln, glasteilenden, innenliegenden oder sogenannten „Wiener“ Sprossen zu gliedern.
(3) Fenster sind als Holz- oder Kunststofffenster (in Holzoptik) in natürlichen Holzfarben oder in gebrochen weiß auszuführen.
3.3 Fensterläden und Markisen
Als Schutz vor der Witterung waren die Fenster früher mit Fensterläden ausgestattet. Rollläden, die nachträglich eingebaut sind, stören das Fassadenbild. Durch die außen liegenden Kästen verändern sie das Fensterformat oder hängen als Fremdkörper vor der Fassade.
Durch die Gestaltung und Farbgebung der Fensterläden kann man weitere Akzente setzen. Fensterläden müssen als Klappläden erstellt werden. Dabei soll Wert auf qualitativ hochwertige handwerkliche Arbeit gelegt werden.
Festsetzung:
(1) Fensterläden sind grundsätzlich als hölzerne Klappläden auszuführen. Innen und verdeckt liegende Rollläden sowie hölzerne Schiebeläden sind zulässig. Vorbaurollläden sind nicht erlaubt.
(2) Markisen sind entsprechend der Fenster- und Türgliederung zu unterteilen. Sie dürfen an den Straßenfronten die Fassadengliederungen wie Gesimse, Gewände, historische Bauteile, Zeichen oder Inschriften nicht verdecken. Feststehende Markisen und Sonnenschutzanlagen dürfen nicht mehr als 1,0 m vorragen. Die Farbe ist dem Erscheinungsbild der Fassade anzupassen. Die Beschriftung muss den Vorschriften über Werbeanlagen genügen. Markisen und Sonnenschutzelemente sind im öffentlichen Raum grundsätzlich untersagt.
3.4 Türen und Tore, Hoftoranlagen und Einfahrten
Massive Holztüren oder aufgedoppelte Konstruktionen betonen den Eingang des Hauses. Gleiches gilt für die Tore der Nebengebäude und Einfahrten. Schlichte Konstruktionen mit klaren Teilungen betonen den Charakter des Gebäudes. Jede Tür und jedes Tor hat einen Rahmen.
Hoftoranlagen, Scheunentore und Garagentore haben als Abschluss zum öffentlichen Raum meist einen geschlossenen Charakter, zumindest bis über Sichthöhe. Die Tore sind überwiegend als zweiflügelige Drehtore oder als Schiebetore ausgeführt. Sie haben meist kleinere Einzeltüren oder Gehflügel, damit man für den täglichen Betrieb nicht immer das komplette Tor öffnen muss. Die Toranlagen sind aus Holz, Schmiedeeisen oder Holz-Metall-Konstruktionen.
Türen und Tore sollen sich durch klare Gestaltung und handwerkliche Qualität auszeichnen. Farblich abgesetzte Faschen oder Gewände betonen den Eingang und geben der Tür und dem Tor einen Rahmen.
Die Tore sollen den Charakter der Einfriedung fortführen.
Festsetzung:
(1) Haustüren und Hoftore sind in Formensprache und Gliederung den historischen Elementen anzupassen. Türen und Tore, die vom öffentlichen Raum aus sichtbar sind, sollen als Massivholz- oder Holz-Stahlkonstruktion ausgeführt werden. In Ausnahmenfällen kann auch eine Kunststoffhaustür in Holzoptik, die zur Gesamtfassade passt, akzeptiert werden.
(2) Glasfüllungen sind nur bei Haustüren zulässig. Der Glasanteil soll max. 1/3 der Türfläche betragen. Das Glas ist ohne Farbakzente auszuführen.
(3) Eingangstüren von Läden und sonstigen Geschäftsbauten sind in Angleichung an die Schaufenster zu gestalten.
(4) Die Farbgebung ist in Erdfarben oder alten ortstypischen, gedeckten Farben auszuführen.
(5) Hoftoranlagen, Scheunentore und Garagentore sind zu erhalten. Die Hoftore und Scheunentore sollen grundsätzlich als zweiflügelige Drehtore oder als Schiebetore ausgeführt werden. Garagentore dürfen auch als Sektionaltoranlagen ausgeführt werden. Tore und Außentüren sind in Formensprache und Gliederung den noch vorhandenen historischen Toren und Außentüren anzupassen.
(6) Tore und Außentüren sollen in Holz oder Metall (in Holzoptik) ausgeführt werden, welche der optischen Gestaltung des Wohngebäudes angepasst werden muss. Die Torfläche soll einen überwiegend geschlossenen Charakter haben. Kunststoff als Baumaterial ist unzulässig. Tore mit Stahlrahmenkonstruktion und massiver Holzbrettverschalung sind zulässig.
4.1 Dachform und Dachgestaltung
Dächer mit Neigungen von 45° oder steiler und geringen Dachüberständen sind typisch für die Region. Es sind meist Satteldächer mit mittigem First, Walmdächer oder Mischformen. Pult- oder Satteldächer befanden sich lediglich auf untergeordneten Nebengebäuden. Flachdächer gab es nicht. Für die Dacheindeckung wurden überwiegend die typischen Falz- oder Biberschwanz-Ziegel verwendet. Die Sparren sind grundsätzlich nicht sichtbar und an der Traufe gibt es keine großen Dachüberstände.
Festsetzung:
(1) Zur Erhaltung der ortstypischen Dachlandschaft sind alle Neu- und Umbauten mit einem Satteldach mit 38° - 45° Neigung und mittigem First auszuführen. Andere Dachkonstruktionen wie Mansarddächer oder Walmdachformen sind in Anlehnung an vorhandene Gebäudesituationen als Ausnahme zulässig.
(2) Pultdächer sind bei Nebengebäuden erlaubt. Kleinere Flachdächer bis max. 50 m² sind im Einzelfall zulässig, sofern sie vom öffentlichen Raum nicht sichtbar sind.
(3) Für die Eindeckung sind naturrote Falzziegel oder Biberschwanzdeckung (kleinformatig) zu verwenden. Für Neu- und Umbauten können ziegelfarbene, rotbraune bzw. schwarze Betondachsteine als Ausnahme zugelassen werden. Glasierte oder glänzend engobierte Ziegel werden ausgeschlossen. Schieferdeckungen bzw. durch den jeweiligen historischen Baustil begründete Dachdeckungen auf Einzelgebäuden sollen erhalten bleiben.
(4) Der First von Querbauten und eingebundenen Nebengebäuden soll mindestens 50 cm unter dem First des Hauptgebäudes liegen. Die Dachkonstruktion muss unmittelbar und ohne Kniestock auf der oberen Decke des Gebäudes sitzen.
(5) Die Dachüberstände sollen knapp bemessen werden. Noch vorhandene, traditionelle Elemente der Dachkonstruktion und -deckung wie Aufschieblinge, Ortgänge oder Firstlinien müssen erhalten bleiben.
(6) Dachrinnen, Fallrohre etc. sind in handwerklicher Verarbeitung mit dem üblichen Material (Zink, Kupfer) auszuführen. Kunststoffdachrinnen und Fallrohre sind unzulässig.
(7) Kamine sollen im First oder in Firstnähe aus dem Dach stoßen. Sie sollen verputzt oder mit Naturschiefer verkleidet werden. Kunstschiefer ist unzulässig. Freistehende Kamine an den Außenwänden sind in den Bereichen, in denen sie in den öffentlichen Raum hineinwirken, unzulässig
4.2 Gauben und Zwerchgiebel
Dachgeschosse wurden früher nur über die Giebelseiten belichtet. Daher waren die Dächer ohne oder nur mit kleinen Gauben ausgeführt. Der Dachraum war Lagerfläche für landwirtschaftliche Produkte. Heute wird er oft zu Wohnzwecken genutzt. Die notwendige Belichtung kann durch Gauben oder Zwerchgiebel erreicht werden, ohne großflächige Dachöffnungen oder Dachflächenfenster einzubauen.
Gauben sollen so klein wie möglich gewählt werden und sich in Material und Gestaltung an das Dach anpassen. Soweit sich keine Symmetrien zu den darunter liegenden Wandöffnungen ergeben, sollen sich die Gauben gleichmäßig auf der Dachfläche anordnen. Alternativ zu Gauben können auch Zwerchgiebel für ausreichende Belichtung sorgen.
Festsetzung:
(1) Ein zum Ausbau zugelassenes Dach ist grundsätzlich von den Giebelseiten her zu belichten. Soweit weitere Belichtungsflächen notwendig sind, können Gauben oder Zwerchgiebel zugelassen werden. Die Dachgauben und Zwerchgiebel sind in Material und Farbe an die sie umgebenden Dachflächen anzupassen. Ihre Dachüberstände sind zu minimieren.
(2) Je Gebäude darf nur eine Gaubenart (stehende Schlepp- (1), Satteldach- (2) oder Walmdach-Gaube (3) / Zeichnung rechts) vorkommen. Die Gauben müssen in der Ansicht ein stehendes Format, mind. im Verhältnis 4:5 (Breite / Höhe) aufweisen. Die Gesamtlänge der Einzelgauben darf nicht mehr als 1/3 der Trauflänge des Gebäudes betragen.
(3) Die Gauben sollen regelmäßig angeordnet werden und einen Bezug zu den darunter liegenden Wandöffnungen haben. Zwei Fenster können in einer Gaube zusammengefasst werden, wenn sie durch senkrechte Teilung klar als Einzelfenster ablesbar sind. Sie müssen einen Abstand von mind. 1,0 m von First und Ortgang sowie von den Walmgraten haben.
(4) Zu den Hofseiten und in den vom öffentlichen Raum nicht sichtbaren Dachflächen können angepasste Dachflächenfenster und Dachverglasungen erlaubt werden, wenn sie sich architektonisch einfügen. Auf Dachflächen, die vom öffentlichen Raum eingesehen werden können dürfen keine Dachflächenfenster eingebaut werden.
(5) Bei Gebäuden mit Gauben sind diese zu erhalten.
4.3 Antennen und Satellitenanlagen
Antennen und Satellitenanlagen sind aufgrund Ihrer Größe meist störende Elemente. Deshalb sollen Antennen, wenn möglich, unter dem Dach angebracht werden. Soweit dies nicht möglich ist, muss der Standort im Einvernehmen mit der Gemeinde gewählt werden (hinter dem First, vom öffentlichen Raum aus nicht sichtbar).
Festsetzung:
(1) Antennen oder Satellitenanlagen sind an den straßenseitigen Fassaden (öffentlicher Raum) unzulässig.
(2) Parabolspiegel (Satellitenschüsseln) sind farblich dezent zu gestalten und an die Umgebung anzupassen. Beschriftungen oder Werbelogos sind unzulässig.
(3) Parabolspiegel sind nur bis zu einem Durchmesser von 80 cm zulässig.
4.4 Solaranlagen
Solaranlagen sind aufgrund ihrer dunklen Farbe und des glänzenden Charakters nur schwer in die ziegelrote Dachlandschaft zu integrieren. Deshalb sollen dafür Dachflächen gewählt werden, die nicht oder nur wenig in den öffentlichen Raum hineinwirken. Wo dies nicht möglich ist, sollen die Anlagen als architektonisches Element verwendet werden, etwa als Eindeckung von Schleppgauben oder zur Betonung einzelner Gebäudeteile.
Festsetzung:
(1) Die Nutzung regenerativer Energien wird grundsätzlich begrüßt.
(2) Solaranlagen sind auf Dachflächen so anzubringen, dass die einzelnen Module ein zusammenhängendes Feld ergeben.
(3) Aufgeständerte Solaranlagen sind auf geneigten Dächern unzulässig.
(4) Solaranlagen sind möglichst in die Dachhaut zu integrieren.
(5) Bei der Montage einer Solaranlage ist auch die Ziegelfarbe schwarz
zulässig.
5.1 Vordächer und Wintergärten
Vordächer und Wintergärten gehören nicht zu den traditionellen Bauelementen unserer Ortskerne. Sie dürfen nur dort verwendet werden, wo sie den öffentlichen Raum nicht stören. Sie sollen eigenständige Bauteile sein, die sich dem Gebäude unterordnen.
Festsetzung:
(1) Vordächer und Wintergärten in Richtung des öffentlichen Raums sind unzulässig.
5.2 Werbeanlagen, Beschilderung
Werbeanlagen wirken massiv in den öffentlichen Raum hinein. Sie sollen sich deshalb in das Ortsbild einfügen und nicht das Straßenbild dominieren. Handwerklich wertvolle und kunstvolle Anlagen können nicht nur eine qualitätsvolle Werbung für die angebotene Leistung sein, sondern auch Schmuck für das Ortsbild werden.
Festsetzung:
(1) Werbeanlagen sind nur an Stätten der Leistung und an den der Straße zugewandten Gebäudeseiten zulässig. Sie dürfen wichtige, konstruktive und gestalterische Merkmale des Gebäudes, sowie historische Zeichen oder Inschriften, weder in der Direkt- noch in der Schrägansicht verdecken oder überschneiden.
(2) Bestehende, handwerklich gefertigte Ausleger sind zu erhalten.
(3) Jegliche Werbeanlage im Geltungsbereich der Satzung ist genehmigungspflichtig.
(4) Art, Form, Größe, Lage, Material und Anordnung der Werbeanlagen müssen sich der Maßstäblichkeit dem jeweiligen Gebäude anpassen. Die maximale Größe beträgt 60 cm x 80 cm (Rechteckformat).
(5) Eine Häufung von Werbeanlagen, die das Fassaden oder Straßenbild beeinträchtigen, ist unzulässig.
(6) Die Werbe- und Schriftzone ist dem Erdgeschossbereich zuzuordnen. Sie kann auch im Brüstungsbereich des Obergeschosses liegen, wenn die Besonderheit der bestehenden Fassaden dies erfordert.
5.3 Einfriedungen, Mauern, Zäune
In Engelstadt prägen die Einfriedungen wesentlich das Straßenbild. Sie sind meist als hohe Mauern entlang der Straßenfront errichtet, aus sichtbarem Naturstein erstellt oder verputzt. Die Öffnungen in diesen Mauern sind durch massive Toranlagen aus Holz verschlossen.
Zäune sind einfache schmiedeeiserne Konstruktionen oder als Lattenzäune erbaut. Meist sind diese Zäune auf Sockeln errichtet.
Bei der Gestaltung der Einfriedungen ist folgende Hierarchie zu beachten: massiv und geschlossen entlang der Straßen, leicht und transparent im seitlichen und rückwärtigen Bereich.
Festsetzung:
(1) Bestehende Mauern sind mit ihren Sockeln, Gliederungen, Abdeckungen und Zieraufsätzen zu erhalten.
(2) Die Höhe der Einfriedung (Mauern, Zäune und Hecken) zum öffentlichen Raum soll im Verhältnis zum Hauptgebäude stehen. Die an Einmündungen notwendigen Sichtwinkelflächen müssen freigehalten werden. Bei Straßeneinmündungen soll eine Einfriedung zum öffentlichen Raum eine Höhe von 1,2 m nicht überschritten werden.
(3) Als Abdeckung für Mauern zum öffentlichen Raum sind nur Glattstrich, Ziegel und Natursteine zulässig.
(4) Einfriedungen sind in schlichter Form auszubilden. Zulässig sind ortstypische Natursteinmauern sowie Holz- oder Eisengitterzäune. Die Zäune sind stets in senkrechter Lattung bzw. senkrechten Stäben auszuführen.
(5) Unzulässig sind Leichtmetall und glänzende Metallkonstruktionen.
(6) Die Kombination von Zaun mit Natursteinmauer bzw. Mauersockel ist
möglich.
(7) Zum öffentlichen Raum hin sind Betonsockel, Betonpalisaden,
Maschendrahtzäune, Jägerzäune, Betonkunststein oder Faserzementplatten sowie glänzende oder waagerecht gegliederte Zäune unzulässig.
5.4 Befestigte Freiflächen
Bei der Gestaltung befestigter Freiflächen soll auf überflüssige Versiegelungen verzichtet werden. Wo eine Befestigung erforderlich ist, soll nach Möglichkeit Naturstein verwendet werden. Durch seine Oberfläche und Struktur sowie die zahllosen Möglichkeiten der Verlegung und Gestaltung kann man das Ortsbild wesentlich bereichern. Oft reichen auch Kiesflächen oder wassergebundene Decken völlig aus.
Festsetzung:
(1) Grundsätzlich ist die Oberflächenversiegelung auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. Versiegelte Flächen müssen entsiegelt werden.
(2) Als Material für befestigte Flächen sind Natursteinbeläge aus Granit- oder Basaltpflaster, Sandstein, Kalkstein oder Holz zu verwenden. Weniger beanspruchte Flächen sollten mit wassergebundener Decke, Kies oder Schotterrasen befestigt werden. Vorhandene Natursteinbeläge müssen erhalten bleiben bzw. wiederverwendet werden.
(3) Die Verwendung von Kunststeinen ist möglich, wenn diese in der Gestaltung dem Natursteinpflaster optisch entsprechen. Die Verwendung von einheitlich grauem Beton-Verbundsteinpflaster und großformatigen Betonplatten usw. ist unzulässig.
5.5 Unbefestigte Freiflächen
Ebenso wie der Bebauung gilt auch der Gestaltung der Gärten ein besonderes Augenmerk. Fremdartige oder exotische Bäume, Gehölze und Stauden passen mit ihrer Erscheinung weder ins Ortsbild, noch dienen sie der heimischen Tierwelt als Futterpflanzen.
Bei der Gestaltung der Gärten und Grünflächen sollen einheimische Arten gepflanzt werden. Nussbaum, Apfel oder Birne eignen sich hierzu besonders gut.
Festsetzung:
(1) Im Bereich der unbefestigten privaten Flächen sind, wenn eine
Bepflanzung vorgenommen wird, einheimische und standortgerechte
Arten zu verwenden.
(2) Nadelgehölze sind nur zu einem geringen Anteil zulässig.
(3) Bei allen Pflanzungen sind die Bestimmungen des Baugesetzbuches und des Nachbarschaftsrechts einzuhalten bzw. mit dem Nachbarn abzustimmen.
(4) Schottergärten und Steingärten sind unzulässig.
5.6 Abbruch von baulichen Anlagen
Ein Abbruch von baulichen Anlagen in der Straßenfront zerstört oft die gewachsene historische Baustruktur. Deshalb muss schon vor einem Abbruch die gestalterische Ersatzlösung feststehen. Bei Abbruchmaßnahmen im Innenbereich muss darauf geachtet werden, dass keine schützenswerten Gebäude oder historisch wertvollen Bauteile verschwinden.
Festsetzung:
(1) Ein Abbruch von baulichen Anlagen in der Straßenfront ist nur dann zulässig, wenn ein angemessener und abgestimmter Ersatzbau oder eine entsprechende Gestaltung gemäß dieser Satzung gesichert ist.
(2) Traditionelle und historische Baustoffe und Bauteile sind zu sichern und zu erhalten. Falls sie nicht für den Eigenbedarf verwendet werden sind sie der Gemeinde zur Verwendung und Verwertung kostenlos anzubieten.
(3) Bauteile wie Gaupen und Hoftore müssen erhalten werden.
(4) Bußgelder bei Zuwiderhandlung (z.B. Abbruch) sind bis zu einer Höhe von 1/3 der Wiederherstellkosten möglich.
6.0 Schlussbestimmungen
(1) Ungeachtet der Forderungen dieser Satzung besitzen die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits genehmigten oder bereits errichteten genehmigungsfreien Gebäude und Gestaltungen Bestandsschutz.
(2) Ordnungswidrigkeiten
Gemäß § 89 LBauO in Verbindung mit § 24 Abs. 5 Gemeindeordnung handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig im Bereich dieser Satzung bei der Errichtung, Veränderung und bei der Pflege und Unterhaltung von baulichen Anlagen und Werbeanlagen gegen die Bestimmungen dieser Satzung verstößt oder ohne entsprechende Genehmigung mit der Errichtung, Veränderung, Instandsetzung von baulichen Anlagen und Werbeanlagen beginnt.
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 10.000 € geahndet werden, soweit der Tatbestand nicht schon auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen (z.B. LBauO, DSchG) zu ahnden ist. Das Bundesgesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 19. Februar 1987 findet Anwendung. Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr.1 dieses Gesetzes ist die Verbandsgemeindeverwaltung Gau-Algesheim.
(4) Das beschädigte Objekt ist wieder herzustellen.
(5) Inkrafttreten
Diese Erhaltungs- und Gestaltungssatzung tritt am Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Erhaltungs- und Gestaltungssatzung vom 10.07.2017 außer Kraft.
Impressum
Herausgeber
Ortsgemeinde Engelstadt * Ortsbürgermeister Stefan Hubert
Hauptstraße 23 * 55270 Engelstadt
0151 - 121 198 19 * info@engelstadt.de
Texte, Abbildungen und Gestaltung
Ortsgemeinde Engelstadt
Hauptstraße 23
55270 Engelstadt
Stand
Oktober 2022