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Rhein-Nahe aktuell
Ausgabe 35/2022
Aus den Gemeinden
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„An den Ufern der Poesie“

„An den Ufern der Poesie“

Rückblick und Ausblick auf ein einzigartiges Theaterfestival der Stadt Bacharach

Am 12. März 2020 hat der Rat der Stadt Bacharach den Fortbestand und den Ausbau der Biennale des Theaterfestivals „An den Ufern der Poesie“ befürwortet. Wörtlich: „Der Stadtrat sieht seine besondere geschichtliche Verantwortung in der heutigen Zeit. Er fördert vielfältiges kulturelles Leben, durch Toleranz, Respekt, Dialog und Menschlichkeit im Miteinander. Mit Blick auf die BUGA 2029 bemüht er sich die Etablierung des Theaterfestivals „An den Ufern der Poesie“ politisch zu ermöglichen“.

Das diesjährige Theaterfestival, die insgesamt IV. Auflage seit 2015, ist nun Geschichte. Grund genug einen Rückblick und Ausblick zu halten.

Sehr professionell, mit hoher Qualität und bewusst anspruchsvollen Inszenierungen wurden wieder einmal die Lebensräume der Stadt Bacharacher mit großer Strahlkraft und Authentizität entwickelt und präsentiert. Die annähernd 500 Besucher:innen der vier Vorstellungen des „Rabbi von Bacherach“ waren begeistert. Sehr kreativ, mit den Originaltexten von Heinrich Heine, aber mit aktuellen Bezügen ging das Theater Willy Praml aus Frankfurt vor.

Dabei wurde das Werk von Heinrich Heine „Ich rede von der Cholera“ zu einer hochbrisanten und aktuellen Inszenierung, die sich fantastisch in das Festivalprogramm einpasste.

Die gewachsene Kooperation zwischen der Stadt Bacharach und dem Willy Praml-Theater hat sich zwischenzeitlich zu einer beeindruckenden Partnerschaft entwickelt, die der geschichtlichen Verantwortung und der aktuellen Aufklärung und Aufarbeitung der Stadt Bacharach gerecht wird. Die Vorstellungen lösen Betroffenheit, Nachdenklichkeit und Ergriffenheit aus. Mit besonderer Wirkung hierbei die Konzertlesung „In Ausschwitz gab es keine Vögel“ mit Monika Held und Gregor Praml am Kontrabass in der Wernerkapelle.

Das Bild von Bacharach stellt sich für die zahlreichen Besucher:innen als aufgeschlossene Kleinstadt am Mittelrhein dar, die die Verbindung aus geschichtlicher Verantwortung und Zukunftsgestaltung schafft. Dieser Gedanke wurde von Staatssekretär Prof. Jürgen Hardeck und der Geschäftsführerin des Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal Nadja König-Lehrmann dankend in ihren Grußworten aufgegriffen und weiterentwickelt.

Zudem konnte man in diesem Jahr unglaublich viel lernen! Dies gerade durch die Podien und den Ausstellungsparcouren „1700 Jahre jüdisches Leben“, die eine Begegnung unter den beteiligten Gemeinden ermöglichten und Blicke hinter die Fassade zuließen. So wurde interessiert die Rolle des Bauvereins Wernerkapelle auf dem Günderodehaus in Oberwesel skizziert und die Traditionen des Wernerkults in Oberwesel thematisiert. Das niederschwellige Format der Präsentation eröffnete spannende Zugänge. Es zeigt sich ein riesiges Potential im Miteinander auch gerade des kommunalen Austausches über die scheinbar bestehenden Grenzen. Die Themen vereinen und fordern zum Dialog.

An dieser Stelle gilt es einen besonderen Dank an das Willi Praml-Theater in Frankfurt, unter der neuen Leitung von Michael Weber zu richten. Zudem an den Bauverein Wernerkapelle und den christlichen Kirchen in Bacharach, die ihre Räumlichkeiten freundlich zur Verfügung stellten. Nicht zu vergessen das großartige bürgerschaftliche Engagement, die zur Verfügungstellung von Übernachtungsplätzen und der Betreuung des Theaterteams.

Ein Dank aber auch an den Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal als Veranstalter, dem Land Rheinland-Pfalz als Finanzgeber:in und den beteiligten Kommunen für die Hilfe und Unterstützung.

Ohne die Freund:innen, Unterstützer:innen und Spender:innen im privaten Umfeld lässt sich ein solches Projekt nicht angehen, auch ihnen sei ein herzlicher Dank gesagt sowie den zahlreichen Besucher:innen.

Für die Zukunft gibt es einige wesentliche Aufgaben, damit bis zur Bundesgartenschau 2029 eine Etablierung des Theaterfestivals gesichert ist.

Die Werbung muss zukünftig deutschlandweit erfolgen und professionell begleitet werden. Dies insbesondere in die Metropolregionen (Rhein-Main, Rhein-Neckar, Köln-Bonn). Die Werbeinstrumente (Plakate, Flyer, Texte) müssen klarer und damit unkomplizierter und wiedererkennbarer werden. Die Vernetzung von relevanten Vermarktern (Tourist Informationen, Städte und professioneller Werber) muss konsequent verfolgt werden. Presse, Medien und social media müssen intensiver und nachhaltiger bespielt werden. So gab es leider keine umfängliche Berichterstattung in den regionalen Medien. Zudem braucht es attraktive Paketangebote (Übernachtung, Essen, Theater-Wochenende) für interessierte Gäste.

Und eines vermissten die Bacharacher:innen, die Bacchanale, die 2019 zu einem bunten, begeisterten Bürger:innenfest in der Innenstadt wurde. Dieses Gemeinschaftssignal wünschen sich viele!

Das Ziel ist klar: Die Chance der vielfältigen Aktionen liegt darin, dass Bacharach an Attraktivität gewinnt, Zielgruppen erweitert und nachhaltig in die Bürgerschaft und in die Gäste wirkt.

Es muss die Frage gestattet sein, was uns das Theaterfestival wert ist? Dies sicherlich ideell, wie finanziell.

Ist es gewollt ein noch stärkeres Profil durch das Theaterfestival „An den Ufern der Poesie“ zu entwickeln und herauszubilden? Und damit ein besonders zeitgemäßes Alleinstellungsmerkmal für die Stadt Bacharach zu schaffen?

Dies z.B. mit und durch den famosen, großen deutschen Dichter und Denker Heinrich Heine und seinem Fragment „Der Rabbi von Bacherach“ und seinen vielfältigen Schriften?

Auch wenn Heinrich Heine persönlich wohl nie in Bacharach war und wahrscheinlich nur auf dem Schiff an Bacharach vorbeifuhr, hat er der Stadt ein Vermächtnis hinterlassen, um das viele diese beneiden. So hat Bacharach eine Biografie und Identität, die nicht ruhen lässt und verpflichtet.

Die Stadt Bacharach bekommt Impulse und Anregungen geschenkt und geliefert mit denen sie sich weiterentwickeln darf.

Was mittlerweile rund um das Theaterfestival geschaffen wurde beeindruckt und begeistert durch Möglichkeiten und Chancen.

Sicherlich gilt es für die Stadt Bacharach zielgerichtet die Hausaufgaben zu erledigen, um zukünftig noch stärker Verantwortung zu übernehmen und kenntlich zu werden. Es ist die große Chance das bestehende Profil der Stadt, als heimliche Hauptstadt der Rheinromantik „An den Ufern der Poesie“, weiter zu schärfen und in den Dialog zu treten. Dazu braucht es in erster Linie die Bereitschaft und den Willen sich für dieses wertvolle Anliegen stark zu machen.