Titel Logo
Grünstadter Sonntags-Spiegel
Ausgabe 46/2023
Mitteilungen der Stadt Grünstadt
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Seniorenbeirat Grünstadt

Die Eule

Träumen Sie auch von der Rente? (Gedanken eines alten Mannes)

Hartmut Michel, alias Mike.

Träumen Sie weiter, vielleicht erfüllt sich Ihr Traum ja so, wie Sie ihn sich vorgestellt haben. Bei mir war es nicht so. Ständig Urlaub zu haben, hatte plötzlich nicht mehr den Reiz, den er früher hatte. Die Möglichkeit sich ausschlafen zu können, bleibt häufig ungenutzt, weil man sich eh schlaflos im Bett wälzt. Die ausgiebige morgendlich Zeitungslektüre ist bei weitem nicht so relaxed, wie man sich das vorgestellt hatte. Ständig kommen Gedanken dazwischen, was man denn heute machen müsste oder wollte. Was ist wichtig, was ist wichtiger, was muss sofort gemacht werden und vor allen Dingen, was ist sinnvoll. Diese Sinnfrage verfolgt mich ständig. Nicht dass ich nichts sinnvolles mehr zu tun habe.

Nach wie vor bin ich im SES (Senior Experten Service) engagiert und kümmere mich unter VerA (Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen) um Lehrlinge. Auch bin ich im Seniorenbeirat Grünstadt, meiner jetzigen Heimatstadt, engagiert. Dazu komme ich später nochmal. Außerdem versuche ich vergeblich, das Leben meiner Frau zu organisieren. Damit ist der Sinn aber nur bedingt ausgefüllt. Wenn ich nun mein Glück, das aus Freiheit, Sicherheit und Sinn besteht, bewerte, komme ich zu dem Ergebnis, dass es bis dato ja eigentlich gar nicht so schlecht aussieht. Warum besteht dann unterschwellig diese diffuse Unzufriedenheit? Unser, bis vor kurzem, weitestgehend sorgenfreies, zumindest beherrschbares, Leben, das uns hoffnungsvoll in die Zukunft blicken ließ, wurde abrupt durch Corona, Ukraine-Krieg, Palestina-Israel-Konflikt und weniger abrupt durch die Klimakriese unterbrochen oder besser aus der Bahn geworfen. Ist nun alles vorbei, oder alles nicht so schlimm, oder? Mit folgendem Rückblick und Ausblick möchte ich mich der Antwort nähern.

Was war gut?

Ich bin in einer Phase groß geworden, die es in dieser Welt noch nie gegeben hat, fast 80 Jahre fortwährender Frieden. Dies ist, obwohl von manchen reklamiert, nicht unser, zumindest nicht mein Verdienst. Ich war eben nicht einer von denen, die Deutschland nach dem Krieg mühsam wieder aufgebaut hat, nein, mir wurde die Gnade zuteil, daran beteiligt gewesen zu sein. Denn es war keine schwere, sondern eine glückliche Aufgabe in einer beschwingten Zeit. Dieses neue Deutschland hat

mir und vielen anderen die Chance gegeben, mich frei, eigenständig und meinen eigenen Wünschen folgend, zu entwickeln. In den „68ern“ wurde vieles angestoßen, so auch die Beendigung des Vietnam Krieges. Nicht alles, aber das meiste ist gut geworden, und einiges müssen wir halt noch verbessern.

Was war schlecht?

Schlecht war, dass wir sehr lange sehr viele politischen Entscheidungen unter dem Eindruck unserer unrühmlichen Vergangenheit treffen mussten und noch heute müssen. Das heißt nicht, dass ich das kritisiere, nein ich befürworte das. Es ist aber zu vielen, sagen wir mal, schrägen Entscheidungen gekommen, die außer uns, kaum ein anderes Land verstanden hat. Vielleicht müssen wir dieses Joch noch viele Jahre tragen, hoffentlich mit Würde. Schlecht ist nach meiner persönlichen Meinung auch der Vereinigungsprozess mit den neuen Bundesländern gelaufen. Da war zu viel reine Marktwirtschaft im Spiel. Der Markt kann alleine nicht sicherstellen, dass die Gewinne auf faire Art und Weise erzielt oder verteilt werden (Eine kurze Geschichte der Menschheit, Yuval Noah Harari). Das darf aber heute nicht als Feigenblatt für das schändliche Verhalten von rechten Gruppen vor allem in den neuen Bundesländern benutzt werden. Dann fällt mir noch unangenehm auf, dass unsere Regierungen (alle) glauben, besser als unsere Industrie und Wissenschaft zu wissen, welche Technik (z. B. Elektromobilität) die alleinseligmachende ist, um die Klima-Problematik einzudämmen. Aufgabe der Regierung ist es Regeln und Grenzen aufzustellen und nicht das „Wie“ vorzuschreiben. Diese Regeln und Grenzen müssen ganz selbstverständlich auch überwacht werden. Natürlich ist die Demokratie schwerfällig, aber ein bisschen schneller ginge es schon.

Nun komme ich nochmal zurück auf den Seniorenbeirat, der im nächsten Jahr neu gewählt werden muss. Vielleicht suchen auch Sie eine sinnhafte Beschäftigung, dann schauen Sie doch jetzt schon mal bei uns vorbei. Eine Kandidatur im nächsten Jahr wäre ein schönes Resultat.

Seniorenbeirat Grünstadt

Vorsitzender: Friedel Schindler, Tel. 06359- 6900 –

E-Mail: FriedelSchindler@aol.com

Stellv. Vorsitzender: Hubert Rudolf, Tel.: 06359-81206 –

E-Mail: Hubert.w.Rudolf@web.de