1. Widerruf (§ 49 Abs. 1 VwVfG)
Hiermit wird die in den Flurbereinigungsgemeinden und den angrenzenden Gemeinden öffentlich bekanntgemachte und unter I. Nr. 4 mit Flurbereinigungsbeschluss vom 22.07.2003 (Az. 41057-HA2.3) angeordnete Veränderungssperre im Flurbereinigungsverfahren Weisenheim a.S. / Lambsheim widerrufen.
2. Sachverhalt
Am 22.07.2003 wurde das Flurbereinigungsverfahren Weisenheim a.S. / Lambsheim zur Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft sowie zur Förderung der allgemeinen Landeskultur und Landentwicklung angeordnet.
Es handelt sich um ein so genanntes Gesamt- oder Stammverfahren, das in der Regel für die gesamte Rebfläche einer Gemarkung angeordnet wird. Aus einem solchen Stammverfahren werden zu gegebener Zeit einzelne Teilabschnitte als eigenständige Verfahren abgetrennt und in zeitlichen Abständen von ca. 3 bis 5 Jahren bearbeitet. Hintergrund ist, dass sich die Kosten für die Eigentümer und die Ertragsausfälle für die Bewirtschafter in erträglichen Grenzen halten, da die Rebflächen einer Gemeinde nicht als Ganzes neu geordnet, sondern in einzelne Abschnitte aufgeteilt und über einen längeren Zeitraum bearbeitet werden. Zu diesem Zweck beschließt die Gemeinschaft aller Eigentümer und Bewirtschafter von Weinbergsflächen einer Gemeinde (Aufbaugemeinschaft) in einer Mitgliederversammlung einen sogenannten Aufbauplan, in dem die zeitliche und räumliche Abfolge der einzelnen neu anzulegenden Weinbergsflächen festgelegt wird. Rechtsgrundlage für die Aufbaugemeinschaft ist das Weinbergsaufbaugesetz des Landes Rheinland-Pfalz vom 12. Mai 1953 (GVBl. S. 54 - zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. 10. 1999, GVBl. S: 325). Die Aufbaugemeinschaft unterliegt nicht der Aufsicht der Flurbereinigungsbehörde. Die Abfolge der einzelnen Flurbereinigungsabschnitte orientiert sich jedoch am Aufbauplan.
Gleichzeitig mit dem Anordnungsbeschluss wurde am 22.07.2003 eine Veränderungssperre mit folgendem Text angeordnet und unter I., Nr. 4 öffentlich bekanntgemacht:
| 4. | Zeitweilige Einschränkungen der Grundstücksnutzung |
| Ungeachtet anderer gesetzlicher Bestimmungen gelten von der Bekanntgabe des Flurbereinigungsbeschlusses bis zur Unanfechtbarkeit des Flurbereinigungsplanes die folgenden Einschränkungen: |
| 4.1. | In der Nutzungsart der Grundstücke dürfen ohne Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde nur Änderungen vorgenommen werden, wenn sie zum ordnungsgemäßen Wirtschaftsbetrieb gehören. Auch die Rodung von Rebland und Neuanpflanzung von Rebstöcken bedürfen der Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde. |
| 4.2. | Bauwerke, Brunnen, Gräben, Einfriedungen, Hangterrassen und ähnliche Anlagen dürfen nur mit Zustimmungen der Flurbereinigungsbehörde errichtet, hergestellt, wesentlich verändert oder beseitigt werden. |
| 4.3. | Baumgruppen, einzelne Bäume, Feld- und Ufergehölze, Hecken, Obstbäume, Rebstöcke und Beerensträucher dürfen nur in Ausnahmefällen, soweit landeskulturelle Belange, insbesondere des Naturschutzes und der Landespflege, nicht beeinträchtigt werden, mit der Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde beseitigt werden. |
| 4.4 | Holzeinschläge, die den Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung übersteigen, bedürfen der Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde. Die Zustimmung darf nur im Einvernehmen mit der Forstaufsichtsbehörde erteilt werden. |
3. Begründung
Die Veränderungssperre vom 22.07.2003 wird unter den Voraussetzungen des § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz i. V. m. § 49 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) widerrufen. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür liegen vor.
Die Veränderungssperre mit Erlaubnisvorbehalt nach § 34 Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) gewährt oder begründet den davon betroffenen Grundstückseigentümern kein Recht oder rechtlich erheblichen Vorteil. Sie soll vielmehr gewährleisten, dass die Flurbereinigungsbehörde durch etwaige in § 34 FlurbG aufgezählte Maßnahmen der Grundstückseigentümer nicht in ihrer Planung und der Gestaltung der Abfindung beeinträchtigt wird. Sie stellt insofern eine verfassungsrechtlich zulässige Eigentumsbindung dar. Daher wird sie grundsätzlich mit Anordnung des Flurbereinigungsbeschlusses erlassen.
Das Flurbereinigungsverfahren Weisenheim a.S. / Lambsheim ist jedoch als sogenanntes Stammverfahren angeordnet worden. Im Rahmen eines solchen Stammverfahrens werden im Abstand von ca. 3 bis 5 Jahren einzelne Teilbereiche herausgelöst und als eigenständiges Verfahren bearbeitet. Damit sollen die Kosten für die Eigentümer und die Ertragseinbußen für die Bewirtschafter möglichst vertretbar gehalten werden. Dies wird erreicht, indem die Rebflächen einer Gemeinde nicht komplett neu geordnet, sondern in separate Abschnitte aufgeteilt und über einen längeren Zeitraum hinweg bearbeitet werden.
Bei dieser besonderen Verfahrensgestaltung ist aufgrund der abschnittsweisen Bearbeitung des Verfahrensgebiets eine Veränderungssperre für das gesamte Gebiet im Hinblick auf die mit der Veränderungssperre verfolgte planerische Zielsetzung nicht erforderlich. Etwaigen durch die Grundstückseigentümer vorgenommenen Änderungen, welche unter § 34 FlurbG fallen würden, kann auch bei Anordnung des jeweiligen Abschnitts planerisch begegnet werden. Ferner löst die Abtrennung der Abschnittsverfahren nach § 8 Abs. 2 FlurbG als ein selbstständiges Flurbereinigungsverfahren eine erneute Veränderungssperre aus. Eine Veränderungssperre vor der Abtrennung ist auch aus diesem Grund nicht geboten. Daher ist es ausreichend, die Veränderungssperre zeitgleich mit der Anordnung des jeweiligen Abschnittsverfahrens zu erlassen.
Ferner liegt kein Ausschluss des Widerrufs nach § 49 Abs. 1 VwVfG vor. Insbesondere wäre die erneute Anordnung der Veränderungssperre bei Abtrennung der einzelnen Abschnitte nicht inhaltsgleich im Sinne der Vorschrift. Der Wegfall der Veränderungssperre durch den Widerruf löst aufgrund der Möglichkeit der Flurbereinigungsbehörde, den Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre zu wählen, keine sofortige Pflicht zum Neuerlass einer solchen aus.
Danach sind die Voraussetzungen für den Widerruf gegeben. Unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ist ein Widerruf im vorliegenden Fall auch geboten. Insbesondere dürften die Eigentümer der betroffenen Flurstücke ebenfalls ein Interesse daran haben, dass sie weiterhin ohne Zustimmungserfordernis der Flurbereinigungsbehörde, die in § 34 Abs. 1 FlurbG aufgezählten Veränderungen an ihren Grundstücken vorzunehmen.
Daher war die Veränderungssperre nach § 34 FlurbG gemäß § 49 Abs. 1 VwVfG zu widerrufen.
Gegen diese Anordnung kann innerhalb eines Monats, beginnend mit dem ersten Tag der öffentlichen Bekanntmachung, Widerspruch beim
Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz,
Abteilung Landentwicklung, Ländliche Bodenordnung,
Konrad-Adenauer-Straße 35, 67433 Neustadt
oder wahlweise bei der
Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD)
- Obere Flurbereinigungsbehörde -
Willy-Brandt-Platz 3, 54290 Trier
schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift erhoben werden.
Unsere Datenschutzerklärung finden Sie unter www.landentwicklung.rlp.de/Landentwicklung/Service/Datenschutz.
Ansprechpartner für das Verfahren sind:
| Projektleiter | Raphael Bretscher Tel. 06321/671-1160 |
| Sachgebietsleiter Planung/Vermessung | Hans-Georg Weber Tel. 06321/671-1155 |
| Sachgebietsleiterin Verwaltung | Angelika Schwamm Tel. 06321/671-1132 |