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Winnweiler Rundschau
Ausgabe 46/2022
Amtlicher Teil
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Rede von Bürgermeister Rudolf Jacob anlässlich des Volkstrauertages 2022

Die folgend im Wortlaut abgedruckte Rede hat Bürgermeister Rudolf Jacob anlässlich des diesjährigen Volkstrauertages am letzten Sonntag in der Aussegnungshalle des Friedhofes in Winnweiler gehalten:

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

namens der Ortsgemeinde Winnweiler begrüße ich Sie alle ganz herzlich zur diesjährigen Gedenkfeier anlässlich des Volkstrauertages hier in unserer Aussegnungshalle.

Ich bedanke mich beim Musikverein Winnweiler und dem Männerchorm der Sängervereinigung, die der Gedenkfeier einen angemessenen musikalischen, feierlichen Rahmen geben. Mein Dank gilt auch Herrn Pfarrer Friedrich Schmitt für seine Bereitschaft, die christlichen Kirchen zu vertreten und die heutige Feier mitzugestalten. Ihnen allen, ganz herzlichen Dank.

Die offizielle Gedenkformel lautet:

Wir denken heute

an die Opfer von Gewalt und Krieg,

an Kinder, Frauen und Männer aller Völker.

Wir gedenken

der Soldaten, die in den Weltkriegen starben,

der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder

danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und

Flüchtlinge ihr Leben verloren.

Wir gedenken derer,

die verfolgt und getötet wurden,

weil sie einem anderen Volk angehörten,

einer anderen Rasse zugerechnet wurden,

Teil einer Minderheit waren oder deren Leben

wegen einer Krankheit oder Behinderung

als lebensunwert bezeichnet wurde.

Wir gedenken derer,

die ums Leben kamen, weil sie Widerstand

gegen Gewaltherrschaft geleistet haben,

und derer, die den Tod fanden, weil sie an

ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten.

Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage,

um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung,

um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte,

die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren.

Wir gedenken heute auch derer,

die bei uns durch Hass und Gewalt Opfer geworden sind.

Wir gedenken der Opfer von Terrorismus und Extremismus,

Antisemitismus und Rassismus in unserem Land.

Wir trauern mit allen,

die Leid tragen um die Toten und

teilen ihren Schmerz.

Aber unser Leben steht im Zeichen der

Hoffnung auf Versöhnung unter den

Menschen und Völkern,

und unsere Verantwortung gilt dem

Frieden unter den Menschen zu Hause

und in der ganzen Welt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

heuer treiben mich im Zusammenhang mit dem Volkstrauertag aber ganz andere Gedanken um, als das in den zurückliegenden Jahren der Fall war.

Wer hätte bei Gedenkfeier zum Volkstrauertag 2021, also vor einem Jahr, daran gedacht oder es für möglich gehalten, dass wir heute, im November des Jahres 2022 mitten in Europa einen volkerrechtswidrigen Angriffskrieg einer souveränen Nation gegen eine anderen eigenständigen Staat hätten und dieser mittlerweile seit fast 9 Monaten andauert und ein Ende nicht abzusehen ist.

Ich, Jahrgang 1970, hätte das nicht für möglich gehalten. Ich war davon überzeugt, dass die europäische Friedensordnung, die seit 1945 Bestand hatte, dauerhaft stabil wäre und es nicht für möglich gehalten, dass ein Staat einen anderen Staat überfällt um territoriale Ansprüche durchzusetzen.

In der Politik wird gerade in Deutschland seit dem 24. Februar gerne der Begriff „Zeitenwende“ gebraucht. Ich denke, dass dies in vielen Bereichen unseres Lebens tatsächlich die Situation, die wir derzeit erleben, gut beschreibt. Ich kann mich nicht erinnern, eine Zeit erlebt zu haben, in der sich mehrere Krisen überlagern, in der viele Menschen Zukunftsängste plagen, in der Preise explodieren und in der Energie zu einem nicht immer und überall zu günstigen Konditionen verfügbaren Guts geworden ist.

Der Krieg Putins und seiner Schergen gegen die Ukriane ist nicht nur ein Krieg des einen Staates gegen einen anderen Staat, es ist ganz offensichtlich ein Krieg gegen das ukrainische Volk insgesamt. Wie sonst sollte man es erklären, wenn ganz gezielt zivile Infrastruktur zerstört wird, Städte mit Raketen beschossen werden, die weit weg von der eigentlich umkämpften Ostukraine sind und vor allen Dingen, wenn Kriegsverbrechen, wie das Massaker in Butscha, verübt werden.

In Anbetracht all dieser furchtbaren Geschehnisse in Mitten unseres europäischen Kontinents ist es fast aktueller denn je, den Volkstrauertag zum Gedenken und Innehalten zu nutzen. Ich hoffe sehr, dass die NATO und damit die Bundesrepublik Deutschland mit unserer Bundeswehr nicht weiter in diesen Krieg hineingezogen werden, wie wir durch die Lieferung von Waffen und auch die wirtschaftliche und humanitäre Unterstützung der Ukraine ohnehin schon involviert sind.

Wir alle kennen deutsche Soldatinnen und Soldaten, für die ich hoffe und bete, dass Sie nicht aktiv in eine kriegerische Auseinandersetzung hineingezogen werden.

Ich möchte den heutigen Tag aber auch nutzen um Ihnen, den Menschen hier in Winnweiler und Umgebung herzlich für deren Hilfsbereitschaft bei der Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge zu danken. Über 300 Menschen, fast ausschließlich Frauen, Kinder und alte Menschen, haben seit dem 24. Februar Aufnahme in der VG Winnweiler gefunden. Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger haben kurzfristig Zimmer zur Verfügung gestellt. Mittlerweile konnten die meisten Flüchtlinge in regulären Wohnraum vermittelt werden. In Falkenstein wurde mit großer Hilfe und großem Engagement der katholischen Pfarrei eine Erstanlaufstelle im dortigen Kolpinghaus eingerichtet. In Steinbach wurde die ehemalige Jugenherberge mit Unterstützung des DRK zu diesem Zweck ertüchtigt und wird heute noch als Unterkunft für Flüchtlinge benutzt.

Ich hoffe sehr, dass wenn wir uns in einem Jahr, am Volkstrauertag 2023, hier wieder versammeln werden, sich die Lage und die Perspektiven rund um den Ukrainekrieg und dessen Auswirkungen deutlich verbessert haben werden.

In Gedenken an die Gefallenen und Verstorbenen lege ich einen Kranz nieder.