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Winnweiler Rundschau
Ausgabe 51/2023
Nichtamtlicher Teil
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Es fährt kein Zug nach Irgendwo – Sippersfelder Theatergruppe brilliert mit Bahnkomödie

Sippersfelder Theatergruppe brilliert mit Bahnkomödie

Viel aktueller kann eine Theaterkomödie nicht sein als das Anfang Dezember aufgeführte Stück der Theatergruppe Sippersfeld. In „Es fährt kein Zug nach Irgendwo“ beschäftigen sich alle Darsteller mit der Frage, wie schaffe ich es zu meinem Termin, wenn die Bahn mir – wie so oft im echten Leben – einen Strich durch die Rechnung macht? Eine illustre Reisegruppe strandet auf einem verlassenen Bahnhof in der Provinz und das auch noch ohne Handyempfang.

Das Publikum ist von Anfang an ein Teil der Reisegruppe, wird es immer wieder direkt mit in das Spiel eingebunden. Und so geht die freundliche Servicemitarbeiterin (Petra Krehbiel) mit ihrem Caddy durch die Reihen und versorgt die Mitreisenden. Kurz danach trudeln die Fahrgäste ein, die laut gestikulierend ihre Sitzplätze suchen, die sie dann witzigerweise auf Leitern direkt vor der noch geschlossenen Bühne finden. Mit an Bord sind vier quirlige Kegelschwestern, die in gleichem pinken Outfit jeder von uns schon mal bei irgendeiner Fahrt gesehen und vor allem gehört hat. Den weltlichen Genüssen und vor allen Dingen selbstgebackenen Speckschnecken aus dem Thermomix nicht abgeneigt, sorgen Bärbel (Nastasia Daub), Larissa (Bettina Zuspann-Sidor), Lara (Marion Stilgenbauer) und Thea (Nora Kapp) für zahlreiche Lacher. Gestört werden die Damen (oder war es umgekehrt?) von Businessman Victor (Frank Sidor), der unter Zeitdruck steht, da er den Auftrag für eine Seilbahn vom Rathaus bis zum Betze in Kaiserslautern haben möchte.

Ein vorzeitiges abruptes Ende erleben alle Reisenden als ihr Zug, aufgrund einer Störung stehen bleibt – ohne Aussicht auf schnelle Weiterreise. Dass man mitten im Nirgendwo ist sieht der Zuschauer auf einen Blick – ein verlassener Bahnhof ist Schauplatz der nächsten zwei Stunden. Die Liebe zum Detail und hervorragend gemachte Graffitis auf Backsteinwänden (Maximilian Rogge und Caleb Quinn) erzeugen beim Publikum das Gefühl, dass jeder irgendwann mal hatte, als er mit der Bahn einen ungewollten Halt einlegen musste. Verstärkt wird das Gefühl durch pfeifenden Wind und unzählige Bahnhofdurchsagen (Sandra Biegger und Traudel Edinger), die von Durchsage zu Durchsage mehr Leidensfähigkeit abverlangt, da sich “die Weiterreise um weitere Zeit verzögert“.

Zum Glück ist Motivationstrainer Paul Power (Johannes Huber) Teil der Gruppe. Mit seinem unverwüstlichen Optimismus ist er der ideale Gegenpart zu Hubert (Roland Schmid). Dieser sieht hinter allem eine Verschwörung, definiert den Fahrplan der Bahn als „unverbindliche Abfahrtsempfehlung mit Gleisvorschlag“ und enttarnt das Bahnlogo als Gruselsmiley.

Fahrt (ohne tatsächliche Abfahrt) nimmt das Stück auf als Polizist Konrad (Torsten Edinger) auftaucht und den Gestrandeten mitteilt, dass unter ihnen ein Psychopath oder eine Psychopathin weilt.

Reihum werden alle Mitreisenden verdächtigt. Ein mancher bekommt davon sogar die Konsequenzen am eigenen Leib zu spüren. Verdächtigt wird unter anderem Stacy (Sina Schuler), die aufgrund der schlechten Englischkenntnisse der Reisenden als erstes unter Verdacht steht. Mit List und Tücke werden von einigen Strategien entwickelt, wie man mit Hilfe des Polizeiautos aus der misslichen Lage gelangen könnte. Völlig gelassen bleibt Landstreicher Reinhold (Swen Hoffmann), der vor vielen Jahren selbstgewählt aus dem beruflichen Hamsterrad ausgestiegen ist. Ilse (Franziska Knura), die sich unerlaubterweise auf den Gleisen herumtreibt, löst zumindest das Rätsel um die entflohene Person. Am Ende des Dreiakters kann die Weiterfahrt wieder aufgenommen werden, der Vorhang schließt sich und es könnte alles so schön sein, wenn die Schreie hinter der Bühne nicht andeuteten, dass der nächste Zwangshalt kurz bevorsteht.

Die Theatergruppe Sippersfeld hat nach der mehrjährigen Coronapause eine brillante Leistung gezeigt, die beim Publikum sehr gut ankam. Eine wichtige Rolle spielten auch Regine Rogge und Tina Grimm, die als Regisseurinnen und Souffleusen wichtige Doppelfunktionen innehatten. Hinter der Bühne sorgten Steven Scherne und Richard Matheis für den richtigen Ton und die zeitgenauen Einspieler, die bei diesem Stück eine wichtige Rolle spielten. Richard Matheis, Inhaber der gleichnamigen Schreinerei in Langmeil, hatte auch im Vorfeld für den Bau von wichtigen Bühnenelementen gesorgt. Auch Tinas Haarstudio, Holger Grimm, Lisas Herzstück, sowie die Werbeagentur Hüniger trugen zum Gelingen der Aufführungen bei. Ortwin Molter hatte seine Kontakte zum Bachbahnmuseum Erfenbach spielen lassen, so konnten zahlreiche Exponate ausgeliehen werden, die die Illusion Bahnhof komplett machten. Der Theatergruppe ist es wichtig allen Helferinnen und Helfern sowie den Vereinen und der Ortsgemeinde Danke zu sagen.

Ein Extra-Dankeschön geht in diesem Jahr an die Feuerwehren in Sippersfeld und Winnweiler, die mit einer mobilen Heizungsanlage aushalfen. Ansonsten wäre der Eindruck eines kalten verlassenen Bahnhofs für die Zuschauer leider allzu realistisch geworden. Ganz besonders freute sich die Theatergruppe, dass sie ganz unerwartet eine E-Mail von der Autorin der Bahnhofskomödie, Winnie Abel, erhalten hat. So konnte „Es fährt kein Zug nach Irgendwo“ nur ein Erfolg werden.