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Amtsblatt der VG Bruchmühlbach-Miesau
Ausgabe 5/2024
Amtlicher Teil
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Historisches Fundstück des 19. Jahrhunderts

Foto: VGV

Ein besonderes Schulbuch aus längst vergangen Zeiten wurde der Verbandsgemeindeverwaltung als historisches Erbe übergeben. Es handelt sich um das Zensurenbuch des Schulleiters Friedrich Schweitzer (*1867- 1948), welches er 37 Jahre lang als Lehrer der heutigen Adam-Müller-Schule im Ortsteil Miesau geführt hat. Dieses Klassenbuch dokumentierte fast unbemerkt die Etappen der Weimarer Reichsverfassung vom 14. August 1919. Die ersten Bucheinträge Schweitzers sind im Schuljahr 1895/96 niedergeschrieben und endeten in den Jahren 1925/26, jene zeitliche Epoche als die Pfalz noch dem Königreich Bayern angehörig war. Lange Zeiten bestand eine allgemeine Schulpflicht vom 6. bis zum 12. Lebensjahr, nach der Weimarer Reichsverfassung bis zum 18. Lebensjahr. Dieser Schulwandel wurde auch im Klassenbuch des Oberlehrers erkenntlich, welches er dreißig Schuljahre fortlaufend geführt hat. Ersichtlich ist, dass anfänglich nur Kinder bis zur 7. Schulklasse unterrichtet wurden, erst später konnten Einträge bis zur 10. Schulklasse festgestellt werden. Weiterhin auffällig, die wechselnde Betitelung der Schule. Beginnend als „Werktagsschule“, später ergänzend durch „Sonn- und Feiertagsschule“ und nach der Reformation langjährig als „Volkshauptschule sowie Volksfortbildungsschule“. Bekannte Nachnamen unserer Verbandsgemeinde wie Kramer, Biehl, Kloß, Simon, Molter, Krück oder Buhles tauchen schon dieser Zeit im Buch des Lehrers auf.

Die Aufsicht an öffentlichen Schulen obliegt lange Zeiten Geistlichen, auch die Miesauer Schule, welche der protestantischen Kirche angehörte. Damals waren Lehrer von öffentlichen Schulen keine Staatsbeamten, lediglich hatte die zuständige Gemeinden das Recht Lehrer einzustellen, jedoch nur mit staatlicher Zustimmung. Die Weimarer Reichsverfassung brachte einige rechtliche Erneuerungen im Schulsystem. Eine der nennenswertesten Veränderungen war die Gleichberechtigung im Bildungswesen. So wurde auch im Klassenbuch von Schweitzer erkenntlich, dass die Schule vor dem Wandel im Jahr 1920 überwiegend von protestantischen Schülern, verstärkt „Knaben“ besucht wurde. Nicht selten blieben Mädchen zur Unterstützung im elterlichen Hausstand zurück. Nach der Reformation hatte Konfession, Geschlecht oder gesellschaftlicher Rang einer Familie keinen Einfluss mehr auf die Zugänglichkeit eines Schulbesuchs. Der Unterricht und die notwendigen Lehrmittel wurden nun durch öffentliche Mittel finanziert, so bekamen auch Unbemittelte die Chance zur Bildung. Die Lehrer erhielten den Status eines Staatsbeamten und das gesamte bayrische Schulwesen wurde durch den Staat beaufsichtigt. Wichtige Grundsätze, welche bis heute im deutschen Bildungswesen verankert sind.

Das Buch wird zur historischen Verwahrung an das Landesarchiv Speyer übergeben.

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