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Talpost Lambrecht
Ausgabe 11/2023
Stadt Lambrecht (Pfalz)
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Grüße zur „Halbzeit“ aus dem sonnigen Frankreich

Jessica Kleemann grüßt von ihrer Freizeit aus Toulouse in Frankreich

Jessica Kleemann aus Lambrecht leistet seit dem 3. Oktober 2022 ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in Toulouse und sie hat jetzt zur „Halbzeit“ ihres dortigen Aufenthaltes folgenden Bericht aus Toulouse bei „sonnigen fast 20 Grad“ verfasst:

„Halbzeit. Nun lebe ich schon seit etwas über fünf Monaten in Toulouse. Im Februar habe ich bereits das Zwischenseminar in Angers absolviert und bin wieder mit neuer Motivation und Ideen in meine Arbeit gestartet. Ich konnte mich richtig einleben, kenne sogar den Verkäufer des Gemüsestandes meines Vertrauens auf dem Markt und die Bäckerin um die Ecke. Ich habe viele neue Freundschaften geschlossen, die mit Sicherheit noch lange einen Platz an meiner Seite einnehmen werden, kenne mich in der Stadt gut aus, habe meine Position auf der Arbeit gefunden und in unserer Clique hat sich eine wunderschöne Wochenende-Routine eingespielt. Jeden Sonntag nach dem Gottesdienst treffen wir uns auf dem Markt und „retten“ Obst, Gemüse und Baguettes. Es ist echt erschreckend, wie viele Lebensmittel weggeworfen werden und wie viele Menschen zeitgleich am Straßenrand sitzen und Hunger leiden.

Danach lassen wir uns entweder in einer unserer WGs nieder, oder setzen uns bei schönem Wetter zu einem Picknick an die Garonne und lassen den Tag auf uns zukommen, denn in Toulouse erlebt man auch ohne geplant zu haben die tollsten Überraschungen. So saßen wir zum Beispiel vor kurzem bei einem Stand-Up-Comedy-Abend dem Rapper Oli des in Frankreich berühmten Duos Bigflo&Oli gegenüber.

Ein weiteres Ritual sind mittlerweile die Freitagabende, an denen ich mich mit einer Freundin zum Kochen treffe. Diese Gelegenheit wird dann zu einem wöchentlichen Review genutzt. Wir tauschen uns über unsere Erfahrungen und Erlebnisse der Woche aus. Das hilft mir sehr, schwierige Situationen zu verarbeiten. Denn die gibt es natürlich auch. Dazu zählt nicht nur die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen, von denen wir teilweise schlimme Hintergrundgeschichten erfahren, die ihr Verhalten und den Umgang mit ihren Mitmenschen beeinflussen. Dazu zählt auch die Direktorin der Organisation, mit der wenige Kollegen im Team klarkommen, was man leider am Arbeitsklima merkt und zu häufigem Wechsel der Kollegen führt. All das ist schade, aber ich merke immer mehr, dass ich lerne, das Verhalten der Jugendlichen zu verstehen und auch mit der Direktorin kann ich mich arrangieren. Es ist nicht immer alles perfekt, aber das Leben ist so schön und vor allem so viel mehr als diese Aspekte, sodass es sich lohnt den Fokus eben darauf zu legen. Ich kann durch einen Freiwilligendienst nicht die Welt verändern, aber ich kann sie verstehen lernen und vielleicht, ohne es direkt zu merken, wird doch etwas von meiner Arbeit in einigen Gedächtnissen bleiben. Und ganz ohne dieses große Vielleicht dient es mir selbst, hilft mir, mich kennenzulernen und zu wachsen und das allein reicht“.

Ihre Jessica Kleemann