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Talpost Lambrecht
Ausgabe 11/2023
Stadt Lambrecht (Pfalz)
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Der Sommertag wird wieder gefeiert

Das Sommertagsfest 1913 - vor 110 Jahren - war in besonderer Weise gefeiert worden, wie dem Programm entnommen werden kann. Das Fest begann bereits am Vorabend mit einer Illumination samt Unterhaltung. Der Sommertags-Morgen begann mit einer „Tagreveille“ dem musikalischen Weckruf, dem die Standmusik folgte samt mit dem Verkauf der Sommertagsschleifen. Der historische Festzug startete dann am Nachmittag mit dem Stammdurchhauen, Ringen und Verbrennen des Winters als Höhepunkte.

Mit der Parade der Sommertagstecken tragenden Kinder wird in diesem Jahr nach der Corona-Pause wieder der Sommertag in Lambrecht eröffnet, es folgt das Ringen, das Stammdurchhacken und die Winterverbrennung.

Das besondere Sommertagsfest in Lambrecht mit historischem Ursprung - Das besondere Kinderfest am Sonntag Lätare

Am Sonntag Lätare wird in Lambrecht wie vielerorts in der Pfalz der Brauch gefeiert, im anbrechenden Frühjahr den Winter auszutreiben. In Lambrecht wird traditionell der Kampf zwischen Sommer und Winter durch einen Ringkampf kräftiger Männer dargestellt. Dieser Kampf wurde früher auf dem Raufacker durchgeführt. In Erinnerung an Streitigkeiten vergangener Jahrhunderte um das Recht St. Lambrechts, auf Grevenhausener Bann jederzeit Tücher zu trocknen, erfolgt ein weiterer Wettkampf, bei dem ein sperrender Kiefernstamm zum Sommerberg durchgehauen wird. Nach Verbrennen des Strohs als Zeichen des Winters und dem Singen des Sommertagsliedes „Hart und grob so war der Winter …“ war der Winter besiegt, alle freuten sich auf den Frühling.

Die geschichtlichen Vorgänge wurden von dem verstorbenen Heimatdichter Karl Rauch als Festspiel verfasst, das letztmals zur Tausendjahrfeier der Stadt Lambrecht 1977 aufgeführt worden war. Heutzutage wird der „Sommertag“ - nun nach der dreijährigen Corona-Unterbrechung - als reines Kinderfest gefeiert, wobei die ihre Sommertagsstecken tragenden Kinder im Mittelpunkt stehen. Mit Begeisterung wird das Ringen, das Stammdurchhacken und die Winterverbrennung verfolgt, das zentral auf dem Friedrich-Ebert-Platz und dem Schulhof stattfindet. Erhalten bis heute ist der Brauch der Ausgabe der Sommertagsbrezeln an die Kinder mit einem geselligen Ausklang bei Kaffee und Kuchen in der Schulturnhalle. Veranstalter sind gemeinsam die Stadt und der Verkehrsverein Lambrecht. In diesem Jahr wird der Sommertag gefeiert am Sonntag, 19. März, 14 Uhr, beginnend mit der Parade der Lambrechter Sommertagsstecken im Schulhof der Grundschule.

Sommertag wird seit langer Zeit gefeiert

Der lange Brauch des „Sommertages“ wurde in der Pfalz nachweislich erstmals in der kurfürstlichen Zeit erwähnt, in Annweiler existiert ein Schriftstück aus dem Jahre 1770, das den Sommertagszug als „eine uralte Gewohnheit von undenklichen Zeiten her“ beschreibt. Die Tradition hat sich in der gesamten ehemaligen Kurpfalz, von Eberbach am Neckar bis Zweibrücken und von Worms bis Bruchsal als frohes Kinderfest am Tag Lätare bis heute erhalten.

Lambrechter Sommertag mit historischem Gepräge

In Lambrecht wurde stets der Sommertag in Verbindung zum historischen Ereignis des Streites um die Trockenwiesen zwischen St. Lambrecht und Grevenhausen gefeiert. So auch im Jahr 1913 vor 110 Jahren, dem Vorjahr zum Ersten Weltkrieg. Es berichtete die Talpost: „Bei schönstem Frühlingswetter wurde hier unter großem Andrange von Nah und Fern das historische Sommertagsfest begangen. Das Städtchen trug reichen Flaggenschmuck und von aller Früh an war lustiges Treiben in den Straßen und Wirtschaften. Der historische Festzug war dieses Jahr eine wirkliche Sehenswürdigkeit und wurde von einer großen Menschenmenge bewundert. Auch der Kinderzug bot ein farbenprächtiges Bild, lobenswert auch ob der musterhaften Ordnung, die die Kinder hielten.

Den Hauptanziehungspunkt für das Publikum bot der bekannte Streit um den Sommerberg mit dem Durchhauen des Schlagbaumes an der Apotheke. Dort hatte sich deshalb auch die Menge der Zuschauer förmlich gestaut und wer das Glück hatte, vorn anzukommen, konnte das interessante Schauspiel beobachten, das dem Lambrechter Sommertag seine Eigenart und sein historisches Gepräge gibt, darum auch wert wäre, alljährlich in einer so schönen Weise gefeiert zu werden. „An der Opferwilligkeit seitens der Bürgerschaft darf es allerdings nicht fehlen, denn Festen kostet Geld“.

Vor 110 Jahren ganz Lambrecht auf den Beinen

Das Jahr 1913 muss ein besonderes Jahr gewesen sein, der Kriegsbeginn war offenbar irgendwie „zu spüren“ gewesen und man versuchte in Lambrecht noch einmal richtig am Sommertag zu Feiern. Das Komitee zur Erhaltung historischer Feste hatte sich gebildet, um das Fest zu organisieren und bat um Beflaggung der Häuser. Es wurden „Herren“ bestimmt, die als Zugbegleiter für die Ordnung des Festzuges verantwortlich waren. Den Kindern wurde vorgegeben, mit „historischen Stecken und Schleifen“ zu erscheinen, mit der Aussicht auf die Prämierung der drei schönsten Sommertagsstecken.

Die Bevölkerung war in großer Erwartung, Vereine und Gaststätten leisteten Beiträge: So lud der Turnverein 1860 als Vorfeier zum Sommertag zu einer „Kneipe“ mit Musik bei Jakob Becker Ww. ein. Die gleiche Gaststätte pries über das Sommertags-Wochenende „Bellvator“ aus der Brauerei Silbernagel an und dazu „Bockwürste mit Kraut“. Im Gasthaus „Zur Stadtwage“ empfahl Ludwig Weber den „Doppelstarken Prophet“ der Storchenbrauerei, dazu „Rippchen mit Kraut“. Im Hotel Ruff war „Salvator“ im Ausschank, zusammen mit den feinsten Salvatorwürstchen, im „Gambrinus“ von E. Holzapfel wurde Bellheimer Bier - hell und dunkel - ausgeschenkt. Georg Collofong pries seine Faß- und Flaschenweine samt Söhnlein-Sekt an. Friedrich März empfahl zum Sommertag Fleischportionen seines geschlachteten Prachtrindes mit einem Lebendgewicht von 1190 Pfund.

Das Festkomitee hatte mitgeteilt, dass im Jahre 1913 das Sommertagsfest in einem „größeren Maßstabe“ abgehalten werden soll und deshalb erhöhte Kosten entstehen. Man nahm Abstand von einer „Sammelliste“, vielmehr wurde die Einwohnerschaft gebeten, finanzielle Beiträge zu leisten, die von Ludwig Fuchs, Hans Seiberth und August Fuchs gerne angenommen wurden. Namentlich erwähnt wurden als Spender: Hauptlehrer Wetterauer, Hotelier Heß, Siegfried Cohrssen, Eduard Haas, Königlicher Eisenbahnsekretär Wirth, Friseur Mohrbacher, Korbmacher Becker, Konditor Kimmel, A. Merkel jr., Max Häussling, Fritz Oberlein. Den Teilnehmern des Umzuges wurden Sommertagsschleifen zum Preis von 10 Pfennig angeboten.

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Den Kinderspruch (mit dem Zeilenverlauf) bitte in einen Rand stellen:

Der Lambrechter Kinderspruch zum Sommertag:

Ri-ra-ro -

De Summerdag is do

De Winter is vergange.

De Summer wemmer lange

Mit Spieße un mit Stange.

Roter Wei, Brezel drei,

Heit wemmer luschdig sei.

Heit iwwers Johr

Da simmer widder do!