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Talpost Lambrecht
Ausgabe 13/2025
Elmstein
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In alten Zeitungen gestöbert

V.l.n.r.: Ruth Assel geb. Kegler und Helga Klein geb. Heintz

Beim Heidelbeerpflücken: v.l.n.r.: Liesel Lauer geb. Schenck und Irmgard Metzmann geb. Uhly

von Harald König

62,5 Tonnen Heidelbeeren gepflückt

In alten Zeitungen blättern und entdecken, was einst geschah – das weckt Neugier und öffnet ein Fenster in längst vergangene Zeiten. Doch es geht nicht um die Nachrichten von gestern, sondern um wirklich alte Berichte, um Ereignisse die mehr als 100 Jahre zurückliegen. Welche Begebenheiten prägten damals unsere Talgemeinden?

Unsere Reise führt uns diesmal zurück ins Jahr 1892 und wieder ins Elmsteiner Tal. In der Grünstadter Zeitung vom 13. Oktober 1892 wird von einer ungeheuren Menge Heidelbeeren berichtet, die im Elmsteiner Tal gepflückt wurden und mit dem Zug von Lambrecht in Richtung Ludwigshafen verschickt worden sind. Die Rede ist von 62,5 Tonnen Heidelbeeren – heute unvorstellbar.

Transkription

Neustadter Thal, 12. Oktober- – Welch’ ungeheure Menge Heidelbeeren aus unserem Thal, besonders von Esthal, Elmstein, Iggelbach ec. versendet wird, mögen folgende Zahlen beweisen. Im Monat Junil dieses Jahres wurden von der Bahnstation Lambrecht verschickt nach Ludwigshafen 46760 Kilo, nach Mannheim, Mundenhein und Rheingönheim 970 Kilo, im Lauf des Monats August nach Ludwigshafen 11700 Kilo, nach den anderen genannten drei Stationen 2730 Kilo; im Ganzen wurden versendet 62500 Kilo = 1250 Zentner.

Heidelbeersammeln

In seinem Buch Waldbauern und andere Leute widmete sich Hermann Dietrich aus Lindenberg auch dem Thema Heidelbeeren. Das Sammeln der blauen Waldfrüchte war mühsam, aber auch ein lohnender Nebenerwerbszweig. Für die Menschen im Elmsteiner Tal und Umgebung war die Heidelbeerernte in den 1920er und 1930er Jahren eine bedeutende Einkommensquelle. Ihre wirtschaftliche Bedeutung war so groß, dass eigens „Heidelbeerferien“ eingeführt wurden, um Kindern und Erwachsenen die Teilnahme an der Ernte zu ermöglichen.

Frühmorgens zogen ganze Familien mit Körben in den Wald, um die Beeren zu sammeln, die auf Wochenmärkten verkauft oder gegen Naturalien eingetauscht wurden. Der Verdienst war zwar gering, reichte aber oft für notwendige Anschaffungen wie neue Schuhe und ein buntes Kleidungstück für die Kerwe.

Die Sammelrouten führten durch bekannte Waldgebiete, und der Heimweg war häufig beschwerlich. Dennoch stärkte das gemeinsame Sammeln den Zusammenhalt in den Dörfern.

Allein im Jahr 1927 wurden in Elmstein und Iggelbach rund 580 Zentner Heidelbeeren geerntet.