Spaß und Freude herrschen beim traditionellen Eierpicken. Sieger und Platzierte freuen sich über große Pokale, die anschließend beim gemeinsamen Frühstück vergeben werden.
Um Chancengleichheit zu gewährleisten, können nur vor Ort erworbene Eier zum Picken verwendet werden. Ihre Farbe wechselt von Jahr zu Jahr.
Über drei Jahre musste pandemiebedingt der historische Wettkampf um die hartgekochten Eier einer digitalen Form weichen, doch in diesem Jahr brechen wieder die „echten“ Eierschalen, wenn der Kampf um „Ganzes“, „Spitze“ und „Arsch“ am Ostermontag entbrennt. So gilt es, den alten Lambrechter Osterbrauch des Eierpickens weiterhin lebendig zu erhalten und am Ostermontag-Morgen um 7 Uhr werden die Frühaufsteher aus Lambrecht sowie aus Nah und Fern zum lautstarken Eier-Spektakel erwartet. Der Verkehrsverein hält die „Kampfobjekte“ bereit, denn um „Chancengleichheit“ zu schaffen, dürfen nur die durch den Verkehrsverein ausgegebenen Eier in den Wettkampf starten und deren Farbe ist streng geheim und wechselt von Jahr zu Jahr.
Die Spielregeln sind weitgehend bekannt, sie müssen auch nicht schriftlich festgehalten werden und das Spiel unterliegt auch keiner zeitlichen Begrenzung, es wird solange gepickt, bis kein Eier-Nachschub mehr vorhanden ist. Schiedsrichter oder gar ein Schiedsgericht müssen nicht eingreifen, auch ein Videobeweis wird es nicht geben müssen, denn über „Sieg oder Niederlage“ entscheidet nur die gebrochene Eierschale, die in Kontakt mit dem gegnerischen Ei gekommen ist. Die Spielregeln sind einfach. Zwei Kontrahenten stehen sich gegenüber und beginnen mit dem Spiel „Ganzes“. Sie stoßen mit der Spitze zusammen, dann mit dem stumpfen Eier-Ende. Manchmal geht ein Ei beidseitig kaputt, manchmal auch nicht und somit steht es unentschieden. Dann suchen die Picker mit einem lauten Ruf „Spitz“ und einem deftigen „Arsch“ sich neue Partner. Wenn das Ei an Spitze und Ende eingedrückt ist, wechselt es seinen Besitzer. So einfach ist die Regel, nach der seit ungezählten Generationen am „Pickplatz“ gepickt wird.
Die Pickkönige werden ermittelt in der Aufrechnung der eingesetzten zu den gewonnenen Eiern, Pokale für Aktive, Jugend und Mannschaften werden ebenso verliehen wie Urkunden. Die Siegerehrung erfolgt direkt nach dem Picken in der Turnhalle der Grundschule, wohin der Verkehrsverein zum gemütlichen Abschluss bei einem passenden Frühstück einlädt. Ohnehin ist es dem Verkehrsverein zu danken, dass der alte Brauch alljährlich neue Urständ feiert und ein Weiterbestehen gesichert ist. Erfreulich ist, dass neben erfahrenen Pickern die Jugend kräftig mitpickt und sich Pokal und Urkunden sichert.
Der Ursprung des Lambrechter Eierpickens liegt im Dunkel der Geschichte und liegt sicherlich weit länger als hundert Jahre zurück. Meist werden es wohl Textilarbeiter in der Zeit der beginnenden Industrialisierung gewesen sein, sich wohl in der Frühe des arbeitsfreien Ostermontags auf dem Pickplatz zu treffen. Da wird man wohl angesichts von Ostern und in Anlehnung an Osterbräuche anderer Regionen den Wettbewerb des Pickens hartgekochter Eier begonnen haben. So hat sich der Bauch von Jahr zu Jahr gefestigt, der Ort des heutigen Pickplatzes inmitten des einst pulsierenden geschäftlichen Lebens in St. Lambrecht nahe der Klosterkirche war festgelegt. Vermutlich wurden bei den Pickern damals schon wochenlang die Hühner im eigenen Stall mit geheimen Rezepten so kalkreich gefüttert, dass sie Eier mit möglichst harten Schalen legten und sie dann so sorgfältig abkochten, dass die Luftblase sich weder an der Spitze noch am anderen Ende bildete. So war bereits ein Wettbewerbsvorteil erreicht und wenn dann die Schale noch mit einer Leim- oder einer Wasserglasschicht verstärkt war, so überstanden diese „Wunder-Eier“ wohl bis zu 30 Gegenstöße. Verpönt und mit „Prügelstrafe“ bedroht war nur der Versuch, Gipseier ernsthaft ins Gefecht zu bringen.
Das Eier-Spektakel muss sich in den Anfangsjahren über die Grenzen von Lambrecht hinaus verbreitet haben, denn die Zahl der Picker wurde immer größer und viele brachten nicht mehr die Eier von zu Hause mit und nutzten das Angebot von Eierhändlern vor Ort, um sich mit den erworbenen „Waffen“ ins Getümmel der Picker zu stürzen. Offenbar wechselte von Jahr zu Jahr die Zahl der Picker und die Eierhändler kamen nicht mehr auf ihre Kosten, wenn sie die Menge ihrer abgekochten Eier zu hoch disponiert hatten und auf ihnen „sitzen blieben“. So wird aus dem Jahr 1933 - vor 90 Jahren - berichtet, dass der „Betrieb beim Eierpicken am Ostermontag etwas dürftiger als früher war“. Es fehlten die Eierhändler und so waren die meisten der gekommenen Picker ohne „Waffen“. Gleichzeitig wurde vermerkt, dass diejenigen umso lustiger waren, die ihr „Material“ von zu Hause mitgebracht hatten. Nach dem Picken ging es natürlich nicht gleich nach Hause, die damals noch zahlreich in der Nachbarschaft bestehenden Gaststätten hatten frühmorgens ihre Türen geöffnet…
In den Zeiten des deutschen „Wirtschaftswunders“ ließ das Interesse an Traditionsveranstaltungen nach und das Ende des Eierpickens drohte 1962 an mangelndem Interesse der Bevölkerung. Doch einige „Ur-Picker“ aus der Boweree ließen den Brauch nicht sterben und mit Unterstützung des damaligen Spielmannszuges konnte eine nachwachsende Generation für den Erhalt des Brauchtums gewonnen werden. Der Verkehrsverein übernahm in den Folgejahren die Verantwortung und führte 1965 als erste Maßnahme ein, dass nur noch mit den Eiern gepickt werden darf, die er auf dem Platz verkauft, damit das Eierpicken ein Spiel des Glücks und des Zufalls bleibt. Bis heute festgehalten wird an der Tradition des frühen Termins morgens um 7 Uhr. Zu „alten“ Zeiten war Pickbeginn bereits um 6 Uhr, doch nach der Einführung der Sommerzeit ist der frühe Termin fühlbar gleich geblieben.