von Harald König
Lambrecht. Die alte Ansichtskarte aus der Sammlung von Udo Grimm, die ich für diese Woche ausgewählt habe, wurde laut Beschriftung im Jahr 1903 verschickt. Zu sehen ist die Turnhalle im Graben, die im Jahr 1898 eingeweiht wurde. Daneben erkennt man eine Stadtansicht von Lambrecht. Im unteren Bereich der Karte ist die „Restauration Heinrich Sauerbrunn“ abgebildet – was meine Neugier besonders geweckt hat.
Das Gebäude steht noch heute und trägt die Hausnummer 4 in der Lambrechter Hauptstraße, an der Abzweigung zum Dörrental – früher bekannt als Staatsstraße 3a. Besonders auffällig auf der Karte ist der große, überdachte Außenbereich.
Auch in alten Adressbüchern ist die Wirtschaft Sauerbrunn verzeichnet. Beim Stöbern in historischen Zeitungen konnte ich im Zeitraum von 1898 bis 1920 lediglich einen Bericht mit Bezug zur Wirtschaft finden. Darin heißt es, dass im Jahr 1909 ein mit Bier beladenes Automobil aus Kaiserslautern vor der Wirtschaft die Böschung hinabrutschte und umkippte. Glücklicherweise wurde niemand verletzt.
In der Sammlung sticht eine besonders schmissige Postkarte hervor – ein echter Hingucker: Das Gasthaus, der Wirt – und die wohl kultigste Bierkutsche der Region, gezogen von Geißböcken! Statt PS gab’s hier „GB“ – Geißbock-Power - Meck mäh!
Die Wirtschaft trug den Namen „Zum Lindenberger Bahnhof“. Woher dieser Name stammt, hat mir Gerald Lehmann erzählt:
„Am Gleiskörper oberhalb der Restauration befand sich ein Signal, an dem aus Neustadt kommende Züge regelmäßig halten mussten – nämlich dann, wenn im Lambrechter Bahnhof kein freies Gleis zur Einfahrt zur Verfügung stand, was früher häufig vorkam. Bis in die 1960er-Jahre nutzten Fahrgäste aus Lindenberg und dem Dörrental diese Gelegenheit, um dort auszusteigen und ihren Heimweg abzukürzen. Andernfalls hätten sie erst bis Lambrecht fahren und von dort aus zurücklaufen müssen.“
Im Zusammenhang mit der Restauration „Zum Lindenberger Bahnhof“ fiel auch die Bezeichnung „Polnisch Grenz“. Auch hierzu konnte Gerald Lehmann eine Erklärung liefern:
„Während eines Streiks in der Tuchindustrie wurden in einem ehemaligen Gebäude nahe der Restauration polnische Streikbrecher untergebracht. Die Bezeichnung ‚Polnisch Grenz‘ dürfte sich auf diese Situation zurückführen lassen.“