Wir feiern am kommenden Montag den 1. Mai als Tag der Arbeit und der Werktätigen; aber dieses Fest der modernen Arbeiterbewegung steht am Ende einer langen Entwicklung. Denn so weit wir in die Zeiten zurückblicken können - schon immer war der 1. Mai, der Maientag, ein großes Volksfest. Mochte man auch von dem einen oder anderen Tag vorhergesagt haben, er leite den Frühling ein, so fühlte man doch erst mit dem Anbrechen des Wonnemonats die Gewissheit, dass nun wirklich der Lenz mit der ganzen Fülle seiner Blumen seinen Einzug halte, dass nun der Winter endgültig besiegt sei. Und man beeile sich, den Triumphzug des Frühlings mit fröhlicher Musik einzublasen, so wie man glaubte, dass nun der sagenumwobene Frühlingsvogel Kuckuck zum erstenmal seine Stimme hören lasse … Aber der große Festtag hat auch einen bedeutungsvollen Auftakt: die geheimnisvolle Walpurgisnacht. Hexen sollen in ihr nach uraltem Volksglauben Macht über die Menschen haben. Und so versuchte man mit dem Mittel der Dämonenaustreibung, mit Peitschenknallen und sonstigem Lärm dagegen anzugehen und sich zu schützen. Aus dem Zauber wurde mit der Zeit lustiges Spiel, heitere Einleitung zum Maientagsvergnügen. Und natürlich hatte auch die Liebe ihre Zeit am Maientag, und die Nacht davor galt als günstig für Orakel. Sonntagskinder könnten - so hieß es - Glocken aus der Erde klingen hören oder vergrabene Schätze finden, in der Nacht zum 1. Mai!