Die Wandergruppe im klassizistischen Verwaltungsgebäude der ehemaligen "Tuchfabrik Gebr. Haas"
Lindenberg. (gl) Unter dem Motto „Die Tuchmacherei – Industriekultur im Lambrechter Tal“ brach vergangene Woche eine größere Gruppe Wanderer wieder zu Stätten der ehemaligen Tuchmacherei auf. Die Wanderung wurde geführt von Gerald Lehmann als Veranstaltung des Webermuseums in Lindenberg. Von wo die Wanderung startete und zunächst zur B 39 nahe der Industriebrache „Knoeckel, Schmidt“ ging.
Hier am Westende der „Lindenberger Industriegasse“ führte der Wanderführer aus, wie die Tuchmacherei durch wallonische Glaubensflüchtlinge nach Lambrecht kam und wie diese sich von der handwerklichen zur industriellen Ausübung entwickelte. Dabei ging er besonders auf die ab 1823 errichteten ehemaligen drei Lindenberger Tuchfabriken ein, mit welchen die Lambrechter Tuchindustrie gegründet wurde.
Anschließend führte die Wanderung zum Ostende der „Lindenberger Industriegasse“, dabei an der ehemaligen ersten Tuchfabrik beim Nonnental vorbei und nach einer Kehre in Richtung Lambrecht weiter. Zunächst um das hintere Krankental herum und nach Blick auf die „Polnisch Grenz“ zur Grenze des Klosterwaldes hin. Dem „Streuobstweg“ folgend, wo sich ein schöner Panoramablick auf Lambrecht eröffnete, ging es dann hinter der Pfalzakademie vorbei zum Lokal für die Mittagsrast in Lambrecht.
Gestärkt strebte die Wandergruppe danach zur zentralen „Brücke“, wo Lehmann vor allem auf Daniel Haas sen. einging, der im 19. Jahrhundert dort wohnte und sich zum Unternehmer entwickelte und dabei zwei Tuchfabriken gründete. Die eine davon war die ehemalige „Tuchfabrik Gebr. Haas“, die nun in den Fokus der Wandergruppe rückte.
Dort angekommen, wurde den Wanderern ein überaus freundlicher Empfang durch den Geschäftsleiter der Firma Jola Spezialschalter, Lars Mattil, bereitet. Dieser führte die Gruppe zunächst durch das Fabrikgelände und erläuterte die Entstehung der einzelnen Bauten mit ihren Jahreszahlen daran. Danach ging es durch das Hauptportal in den mit aufwändiger Täfelung gestalteten Vorraum des in Neoklassizismus errichteten Verwaltungsgebäudes, mit den Zugängen für „Verkauf, Einkauf und Kasse“.
Die Wanderer nahmen anschließend im stilvollen und getäfelten Konferenzzimmer Platz, auf Stühlen aus der ehemaligen Tuchfabrik Georg Botzong stammend. Hier referierte Lars Mattil über die Gründung der Tuchfabrik Gebr. Haas im Jahr 1868 und wie diese zunächst von mehreren Söhnen von Daniel Haas sen. in verschiedenen Konstellationen gemeinsam geleitet wurde. Dabei scheint Adam Haas federführend gewesen zu sein, auf dessen Sohn Albert die Firma dann alleine überging. Sein Nachfolger wiederum wurde sein Neffe Karl Mattil, der Großvater von Lars Mattil. Mit stärker werdendem Niedergang der Tuchindustrie gab Karl Mattil 1961 die Tuchfabrik auf. Nach dieser quasi wie „Phönix aus der Asche“ einer etwa ein Jahrzehnt zuvor geborenen Geschäftsidee dann die Firma Jola entsprang, deren Geschäftsleiter, nach Seniorchef sowie den Söhnen Dieter und Volker Mattil, dann der Sohn des Letzteren wurde.
Darüber hinaus konnten die Wanderer noch eine Menge mehr über die Tuchfabrik, die Tuchfabrikanten, deren Familien mit ihren genealogischen Verbindungen untereinander erfahren. Dies alles bei Kaffee und süßen Teilchen, gespendet vom Geschäftsleiter. Die Wanderer entboten Lars Mattil ihren herzlichen Dank für die große Gastlichkeit in seiner „Fabrik“ und für sein gezeigtes überaus großes Engagement. Und so gingen die Wanderer, hochzufrieden über das reichlich erworbene neue und interessante Wissen, den Rückweg nach Lindenberg an.