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Talpost Lambrecht
Ausgabe 23/2023
Stadt Lambrecht (Pfalz)
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Wiederholen Sie: „bien cornu et bien capable!“

Perfekt in der Präsentation von Napoleon I. und verantwortlicher Regisseur der Geißbock-Festspiele: Gregor Michme.

Bei den Geißbock-Festspielen forderte Napoleon I. die Zuschauer zum lautstarken Nachsprechen des Dekrets auf – Rückblick auf grandiose Geißbock-Festspiele

Im 6. Bild der Geißbock-Festspiele 2023 erfolgte erstmals der Aufruf Napoleons I. (gespielt von Gregor Michme) an die Zuschauer, den wichtigen Satz „bien cornu et bien capable“ zu wiederholen und laut nachzusprechen. Diese direkte Ansprache an die Zuschauer war eine sehr gute Idee des neuen Regisseurs Gregor Michme, die Zuschauer in das historische Geißbock-Festspiel „einzubinden“. Das Nachsprechen dieser historischen Worte kann zukunftsweisend für spätere Aufführungen sein und stellt den Kern der bis heute nach 620 Jahren noch gültigen Vereinbarung zwischen Lambrecht und Deidesheim, die Weiderechte betreffend, dar. Der Franzosenkaiser Napoleon I. und sein Minister sorgten für einen „Geißbockfrieden“ als sie am 26. November 1808 im Feldlager Aranda de Duero (Spanien) über die Beschwerde von Deidesheim dahingehend entschieden, dass St. Lambrecht den Tributbock weiter liefern muss, und zwar „un bouc bien cornu et bien capable“ (ein Bock gut gehörnt und gut gebeutelt). Die 13 Punkte umfassende Vereinbarung des Imperators vor nunmehr 215 Jahren gilt in ihren Grundzügen heute noch.

Und heute noch pflegen die Städte Lambrecht und Deidesheim das „uralte“ Abkommen der jährlichen Geißbock-Lieferungen und sehen sich als Partner im Erhalt dieses seit 1404 geltenden Brauchtums. Auch wenn die größte pfälzische Zeitung der Stadt Lambrecht aktuell nur eine „Nebenrolle“ in dieser gemeinsamen Partnerschaft zubilligt und „im Vergleich zu Deidesheim den schlechteren Part“ zuschreibt, so mag dies aus finanzieller Sicht stimmen, denn gegen die gut 15 offiziellen Ausschankstellen in Deidesheim mit 4000 Gästen bei der Geißbockversteigerung kann Lambrecht nur das aufwendige kostenintensive Geißbock-Festspiel alle fünf Jahre entgegensetzen. Aber mit Sicherheit trägt Lambrecht in dieser Partnerschaft ideell den wichtigeren Part, und finanziell das größere Risiko, wenn nach dem Zeitungsbericht aufgerechnet werden sollte. Aber die Stadt Lambrecht bringt gerne dieses „Opfer“, um das Brauchtum zu erhalten. Der Beweis ist die hohe eingebrachte Ehrenamtlichkeit der aktiven Spielerinnen und Spieler samt den Helferinnen und Helfern im Hintergrund. Engagiert zeigten sich sämtliche Rats- und Ausschussmitglieder in Lambrecht quer durch alle Fraktionen, die teilweise auf der Bühne standen oder sich auf andere Art und Weise für die Erhaltung des Brauchtums einsetzten.

Für Lambrecht bedeutet es eine große Kraftanstrengung, die Geißbock-Festspiele zu veranstalten, doch die Stadt und der Verkehrsverein bringen sich gerne in das Brauchtum ein. Die Stadt muss einen finanziellen Rahmen vorgeben und für Ausfälle haften, denn die Freilichtveranstaltungen sind immer mit einem großen Wetterrisiko verbunden. Der städtische Bauhof mit ehrenamtlichen Helfern erstellt in mehrtägiger Arbeit die Bühne auf dem Tuchmacherplatz. Der Verkehrsverein hält um die 150 historische Kostüme bereit, allein für die Geißbock-Festspiele 2023 wurden 600 einzelne Kostümteile ausgegeben, die katalogisiert in den Fundus zurückgeführt werden, nachdem sie gereinigt wurden. Das finanzielle Risiko wird abgefedert durch eine große Spendenbereitschaft von einheimischen Firmen und Geschäften. Auch die Caterer tragen ein gewisses wetterabhängiges Risiko.

Glanzleistung auf und neben der Bühne

Eine Glanzleistung erbrachten die 120 Laienspieler auf und die zahlreichen Helferinnen und Helfer „neben der Bühne“ samt der Kassenbesetzung. Ganze Familien stellten sich in den Dienst der guten Sache, allen voran Gregor Michme als Regisseur, der die bisherige erfolgreiche Arbeit von Günter Lauer brillant fortführte. Er habe angesichts dieser Mammutaufgabe, oft „schlaflose“ Nächte verbracht, ob sich alle seine Ideen umsetzen lassen. Er habe seinen Beruf als Optiker während der Geißbock-Proben nicht vernachlässigen dürfen, doch seine Helfer in der Regiearbeit, Rudolf Glaß, Helmut Schmitt und Peter Weiß hätten ihn gut unterstützt. Zudem habe seine komplette Familie hinter ihm gestanden, wichtige Rollen im Festspiel übernommen und ihm moralische Hilfe gegeben, so sein Schwiegervater Reinhold Schaeffer, Schwager und Schwägerin Roland und Sabine Schaeffer, Melissa Schaeffer mit künftigem Ehemann Kevin und dessen Vater Karl, Maximilian Schaeffer, der perfekt die Töne zwischen den Bildern, die Fanfaren und das Glockengeläut, einspielte und natürlich Gregor Michmes Frau Anja. Die Familie um den Regisseur gilt beispielgebend für zahlreiche weitere Familien und Partnerschaften, die sich in die Festspiele einbrachten, ebenso Senioren hoch in den „Achtziger“ stehend und Kleinkinder mit noch nicht einmal zwei Jahren, die bereits Kostüme der einziehenden Wallonen trugen. Eine Glanzleistung hatte Helga Karrer als Souffleuse vollbracht. Das Engagement der Lambrechter für die Festspiele kann nicht hoch genug eingeschätzt werden und Lambrecht kann stolz sein auf seine Bürgerinnen und Bürger, die sich ehrenamtlich engagierten. Auch die Partnerstadt Deidesheim würdigte das ehrenamtliche Engagement der Lambrechter und Bürgermeister Manfred Dörr spendierte spontan den Wein anlässlich der bevorstehenden Danksagung an die Lambrechter, die sich für die Geißbock-Festspiele engagierten.

In einem „Nachgespräch“ mit der „Talpost“ würdigte Gregor Michme die oft „sagenhafte“ Begeisterung unter den Laienspielern und das erfolgreiche Umsetzen seiner Vorgaben, der als Angehöriger des Ensembles des Boulevardtheaters Deidesheim auf eine langjährige Schauspielerfahrung zurückblickt. Bei all seinen Arbeiten habe er Unterstützung vielfältiger Art erfahren, so beim städtischen Bauhof mit seinen Arbeitern, ebenso wie bei der problemlosen Stromversorgung vom Nachbar während der Proben. Gleiches gilt für die bereitgestellten Backstage-Räumlichkeiten durch die Firma Haka.